Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel sagt leise servus
Der langjährige Vorsitzende der hessischen Sozialdemokraten und Fraktionschef im Wiesbadener Landtag legt im Herbst alle Ämter nieder und strebt auch keine neuen mehr anWIESBADEN / GIESSEN. - Knapp fünf Monate nach der schmerzlichen Niederlage der hessischen SPD bei der Landtagswahl am 28. Oktober vergangenen Jahres hat sich deren Chef Thorsten Schäfer-Gümbel zum Rückzug aus der Politik entschlossen, wie er heute mitteilte.
Nach eigenem Bekunden im Verlauf einer Sitzung der SPD-Landtagsfraktion in Wiesbaden will Schäfer-Gümbel Ende September seinen Posten als Fraktionschef im Wiesbadener Landtag niederlegen, ebenso sein Abgeordnetenmandat.
Beim Landesparteitag im Herbst wolle er auch nicht wieder für das Amt des Vorsitzenden kandidieren und beim Bundesparteitag der SPD auch nicht für die Wiederwahl als Vize-Chef.
Nancy Faeser gilt als aussichtsreichste Nachfolgerin
Der 49-Jährige Gießener wird dem Vernehmen nach einen Posten in einer staatlichen Organisation übernehmen. Als aussichtsreichste Nachfolgerin für beide Posten gilt die Landes-Generalsekretärin Nancy Faeser (Schwalbach/Taunus).
Schäfer-Gümbel wollte nach Angaben aus Parteikreisen im Lauf des Dienstags zunächst die Landtagsfraktion und dann die Öffentlichkeit über seine Entscheidung informieren, die nicht wirklich überraschend kommt.
Drei vergebliche Anläufe auf den Ministerpräsidenten-Sessel
Der in Bayern Geborene, kam als Kind nach Hessen und wuchs in Gießen auf. Er hatte drei Mal vergeblich versucht, Ministerpräsident in Wiesbaden zu werden. Bei der jüngsten Wahl im Oktober vergangenen Jahres waren die Sozialdemokraten guten Mutes, mussten aber mit 19,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis der Nachkriegszeit quittieren.
Die Verantwortung dafür gaben Schäfer-Gümbel und seine Genossen hauptsächlich dem damaligen „Genossen Trend“, sprich de, schlechten Erscheinungsbild der Bundes-SPD und der großen Koalition in Berlin.
Seine persönliche Zukunft hatte Schäfer-Gümbel seither offengehalten und eine Entscheidung bis zum Herbst angekündigt. Dass er ein viertes Mal als Spitzenkandidat der SPD antreten würde, galt als höchst unwahrscheinlich.
In schwieriger Zeit das Steuer übernommen
Schäfer-Gümbel steht seit 2009 an der Spitze der Partei und ist seither auch Oppositionsführer im hessischen Landtag. Beide Ämter hatte er in schwieriger Zeit nach dem Debakel um Ex-Chefin Andrea Ypsilanti übernommen, die mit ihren Plänen zur Bildung einer rot-rot-grünen Regierung in Wiesbaden spektakulär am Widerstand aus den eigenen Reihen gescheitert war.
Thorsten Schäfer-Gümbel hatte die damals tief zerstrittene Partei geeint, konnte sie in ihrer ehemaligen Hochburg Hessen aber nicht wieder zurück an die Macht führen.
Der letzte SPD-Ministerpräsident des Landes war der spätere Bundesfinanzminister Hans Eichel. Seit inzwischen 20 Jahren wird das Land von CDU-Politikern regiert, erst von Roland Koch, nach dessen Rückzug in die Wirtschaft von Volker Bouffier, der eine schwarz-grüne Koalition anführt.
Der jetzt offenbarte Schritt scheint für „TSG“, wie er parteiintern kurz genannt wird, eine große Erleichterung zu sein. Am heutigen Dienstagvormittag setzte er eine sehr optimistische, fast schon befreit wirkende, Nachricht bei Twitter ab: „Die Sonne scheint, das wird ein guter Tag! Allen einen guten Start!
„In schwierigen Zeiten die Partei geeint“
Zum Rückzug von Thorsten Schäfer-Gümbel aus der aktiven Politik äußerte sich auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Zimmermann (Groß-Umsgtadt), Sprecher der hessischen Abgeordneten in der SPD-Bundestagsfraktion:
„Thorsten Schäfer-Gümbel hat in schwierigen Zeiten Verantwortung für die Hessen-SPD übernommen und die Partei geeint. Er war der richtige Mann zur richtigen Zeit. Trotz seines hohen persönlichen Einsatzes gelang der Wechsel von der Oppositionsrolle in die Regierungsverantwortung leider nicht.
Mein Dank gilt Thorsten für seine Tatkraft und seine Führung in über 10 Jahre an der Spitze unserer hessischen Partei. Mit seinem Rückzug ermöglicht er den nötigen Neustart“, sagt der sozialdemokratische Bundstagsabgeordnete.