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Frank-Walter Steinmeier (61, SPD) zum neuen BundesprÀsidenten gewÀhlt

Der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier ist zum neuen BundesprÀsidenten gewÀhlt. Foto: djv-Bildportal

931 Mitglieder der Bundesversammlung, und damit eine ĂŒberwĂ€ltigende Mehrheit von knapp 75 Prozent der 1.253 Teilnehmer, stimmten fĂŒr den Sozialdemokraten

BERLIN. - Um 14.17 Uhr stand es fest: Frank-Walter Steinmeier, gemeinsamer Kandidat von SPD und CDU, der auch von FDP und großen Teilen der GRÜNEN unterstĂŒtzt worden war, wird am 19. MĂ€rz 2017 neuer BundesprĂ€sident. Die Bundesversammlung stattete ihn am heutigen Sonntag bereits im ersten Wahlgang mit 931 Stimmen (74,3 Prozent) der insgesamt 1.253 abgegebenen Voten aus. Steinmeier nahm die Wahl freudestrahlend an.

Auf den von den LINKEN aufgestellten Armutsforscher Christoph Butterwegge entfielen 128 Stimmen, der von der AfD nominierte frĂŒhere Kommunalpolitiker Albrecht Glaser erhielt 42, Jurist Alexander Hold (Freie WĂ€hler) 25 und der von der Piratenpartei nominierte Engelbert Sonneborn 10. Es gab 103 Enthaltungen und 14 ungĂŒltigen Stimmen.

„Deutschland fĂŒr viele in der Welt ein Anker der Hoffnung“

Der designierte BundesprĂ€sident bedankte sich fĂŒr das ihm geschenkte Vertrauen und rief der Bundesversammlung zu: „Wir leben in stĂŒrmischen Zeiten“, in denen es die Frage zu beantworten gelte „was ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhĂ€lt?“

Eine junge Aktivistin in Tunesien habe ihm gesagt „Ihr macht mir Mut“, und habe damit Deutschland gemeint, die Deutschen, machten ihr Mut. „Ist es nicht wunderbar, dass dieses Deutschland fĂŒr viele in der Welt ein Anker der Hoffnung geworden ist?“, fragte Steinmeier.

„Wir machen anderen Mut, nicht weil alles gut ist in unserem Land, sondern weil wir gezeigt haben, dass es besser wird. Dass es nach Kriegen Frieden werden kann. Lasst uns mutig sein, dann ist mir um die Zukunft unseres Landes nicht bange“, sagte Frank-Walter Steinmeier bei seiner Antrittsrede unter Standing Ovations.

Lammert: „Der 12. Februar ist kein auffĂ€lliger, aber eben auch kein beliebiger Tag“

BundestagsprĂ€sident Norbert Lammert hatte die Bundesversammlung mit einem historischen Exkurs eröffnet. „Der 12. Februar ist in der Demokratie-Geschichte unseres Landes kein auffĂ€lliger, aber eben auch kein beliebiger Tag.

Heute vor genau 150 Jahren wurde ein Reichstag gewĂ€hlt. Nach einem im Deutschland nördlich der Mainlinie revolutionĂ€ren dem allgemeinen gleichen Wahlrechts.“ Arbeiter und Bedienstete waren zuvor noch ausgeschlossen.

Dank an Joachim Gauck

Der BundestagsprĂ€sident dankte dem scheidenden BundesprĂ€sidenten Joachim Gauck, begleitet von Standing Ovations. Ihm sei es „auf ĂŒberzeugende Art und Weise gelungen“ den Auftrag „im Sinne der Integration des Gemeinwesens“ zu erfĂŒllen.

„Sie haben die Gesellschaft immer wieder nachdrĂŒcklich in die Pflicht genommen“, sagte Lammert, „sich weder verĂ€ngstigen noch spalten zu lassen“. Gauck habe in den vergangenen fĂŒnf Jahren einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beigetragen. „Im Namen der Bundesversammlung möchte ich Ihnen in aller Form unseren Dank und unseren Respekt aussprechen.“

Zukunft unberechenbarer, Warnung vor Abschottung

Die Zukunft scheine derzeit unberechenbarer, „weil vermeintliche SelbstverstĂ€ndlichkeiten, seit Jahrzehnten gĂŒltige Regeln, infrage gestellt werden oder auch mutwillig gebrochen werden“, betonte Lammert.

Lammerts Appell: Wer Abschottung anstelle von Weltoffenheit fordere, wer sich sprichwörtlich einmauere, wer statt Freihandel auf Protektionismus setze und gegenĂŒber der Zusammenarbeit der Staaten Isolationismus predige, und „wer zum Programm erklĂ€rt, wir zuerst, darf sich nicht wundern, wenn es ihm andere gleich tun. Mit allen fatalen Nebenwirkung fĂŒr die internationale Beziehungen, die uns aus dem 20. Jahrhundert hinreichend bekannt sein sollten“, erzeugte lange anhaltenden Applaus und erneut stehende Ovationen.

Alleine Bundesversammlungsmitglieder wie Alexander Gauland (AfD) und weitere AnhĂ€nger seiner Partei klatschen nicht. „Noch schöner wĂ€re, wenn wir dieser Botschaft selber auch gerecht wĂŒrden“, ergĂ€nzte Lammert.

Dank an AltbundesprÀsidenten

Es folgte ein PlĂ€doyer fĂŒr Europa: Lammert wies darauf hin, wie wichtig der europĂ€ische Zusammenhalt sei. „Demokratische Haltung erwĂ€chst in Deutschland mehr noch als irgendwo sonst aus dem Wissen um die Geschichte. Dazu haben unsere BundesprĂ€sidenten, angefangen mit Theodor Heuss, einen wichtigen Beitrag geleistet.

Als Seismographen des gesellschaftlichen Geschichtsbewusstsein und als Impulsgeber. Richard von WeizsĂ€cker mit seiner denkwĂŒrdigen Rede zum 8. Mai. Roman Herzog mit der Proklamation des 27. Januar zum Gedenktag fĂŒr die Opfer des Nationalsozialismus, Horst Köhler und Christian Wulff mit ihren nachdrĂŒcklichen Hinweisen auf die Bedeutung Afrikas und des Islams fĂŒr Zukunftsperspektiven Europas“, seien weitere Mahner gewesen.

An Joachim Gauck gewandt ergĂ€nzte Lammert: „Und Sie, Herr BundesprĂ€sident, mit Ihrer Mahnung, historische Schuld nicht dazu zu benutzen, um dahinter Weltabgewandtheit und Bequemlichkeit zu verstecken. Bequem ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit nie, aber sie ist eine demokratische Tugend. Nur wer mit sich selbst im Reinen ist, kann gestalten", und so sei es auch mit dem Staat.

„Der letzte Bayer an der Spitze“

Der BundestagsprĂ€sident gab auch einen historischen Exkurs: „1742 wurde Karl Albrecht von Bayern in Frankfurt die römisch-deutsche KaiserwĂŒrde verliehen - Karl VII. Er war auch der letzte Bayer an der Spitze“, sagt Lammert mit einem Augenzwinkern und entlockte auch dem bayerischen CSU-MinisterprĂ€sidenten Horst Seehofer ein LĂ€cheln. „Bis Roman Herzog kam - und dann war die Welt wieder in Ordnung“, ließ Lammert ebenfalls nicht ohne ein leichtes Grinsen wissen.