Die Frau Bundeskanzler badet gern lau
BERLIN. - Was würde Herbert Wehner (SPD +) heute wohl zu den Zuständen der deutschen Politik unter der Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel sagen? Wenn er gnädig gestimmt wäre, würde er seinen Spruch aus dem Jahr 1973 über den damaligen Parteifreund und Bundeskanzler Willy Brandt in Moskau wiederholen.
Als Wehner damals spürte, dass Brandt aus vielerlei Gründen der Kanzlerschaft nicht mehr gewachsen war, so das Handelsblatt im Rückblick, trug er maßgeblich zu dessen Sturz bei. Während seines Moskauaufenthaltes sprach Wehner diese, mittlerweile legendären Worte zu Journalisten: „Der Herr Bundeskanzler badet gerne lau; so in einem Schaumbad.“ In der Heimat schlug der Satz ein wie eine Bombe. Später trat Brandt zurück.
Angesichts der heutigen Führungskraft der Bundeskanzlerin mutet der Satz eher mild an. So schaffte sie es nicht, sich schützend vor die türkischstämmigen Abgeordneten zu stellen, als Erdogan sie wegen der Abstimmung zur Völkermord-Debatte um das armenischen Volk hart angriff.
Diesen Part überließ sie laut schweigend dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, der eindeutige Worte fand, die von allen politischen Parteien begrüßt wurden. Bundeskanzlerin Merkel schwieg eisern.
Aktuell muss der eigene Parteifreund Michael Brand (CDU), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, seine Parteivorsitzende und Kanzlerin ermahnen, während der momentanen China-Reise Menschenrechtsverletzungen im Reich der Mitte anzusprechen. Brand selbst erhielt wegen seiner kritischen Einstellung kein China-Visum.
Der Wochenzeitung DIE ZEIT sagte er, „wenn Partner wie China, Russland oder die Türkei rote Linien überfahren, muss die Bundesregierung ein Stoppschild setzen, das auch verstanden wird“.
Mit der neuen Staatsführung in China habe sich die Lage der Menschenrechte weiter verschlechtert. „Wir sind in der Pflicht, für die das Wort zu ergreifen, die in China wegen ihrer freien Meinungsäußerung mit dem Tod bedroht werden“, sagte Brand. Fotos: djv-Bildportal