Porsche eröffnet neues Werk für Achtzylinder-Aggregate
Stuttgarter Sportwagenhersteller schafft erste Voraussetzungen für die Fertigung von ElektroantriebenSTUTTGART. - Innovative Fertigung für innovative Antriebe: Mit der offiziellen Einweihung des neuen Motorenwerkes für Achtzylinder-Aggregate schlägt Porsche das nächste Kapitel im Motorenbau auf. Die Fabrik am Stammsitz in Stuttgart-Zuffenhausen arbeitet nach modernsten Methoden und fertigt bei voller Auslastung mit 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern täglich rund 200 Achtzylinder-V-Motoren. Der Sportwagenhersteller investierte nahezu 80 Millionen Euro in die neue Produktionsstätte.
„Porsche steht für sportliche Hochleistungsmotoren, von der Konstruktion bis zur Serienfertigung“, sagt Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG. „Diese Kompetenz bauen wir mit den neuen Motoren weiter aus. So sichern wir unseren Kunden den Fahrspaß von Morgen und unseren Mitarbeitern die Zukunft ihrer Arbeitsplätze.
Zugleich schaffen wir hier schon heute die ersten Voraussetzungen, um Porsche erfolgreich in das neue Zeitalter der Elektromobilität zu führen.“ Mit dem neuen Motorenwerk leistet Porsche auch einen Beitrag zu Synergien innerhalb des Volkswagen-Konzerns. So ist geplant, die Achtzylinder-V-Motoren für alle Konzernmarken künftig in Stuttgart-Zuffenhausen zu produzieren.
Uwe Hück, Gesamtbetriebsratsvorsitzender und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Porsche AG: „In Zuffenhausen wurde der Mythos Porsche geboren und er lebt weiter. Vor 66 Jahren wurde hier mit dem 356er, dem Ur-Porsche, das erste Serienmodell gefertigt.
Es gab 108 Mitarbeiter und 369 Fahrzeuge wurden pro Jahr gebaut. Heute arbeiten alleine im Motorenbau über 1.200 Menschen. Und wenn ein Porsche eine Seele hat, dann ist das der Motor. Er bekommt heute ein neues Zuhause. Aber Porsche investiert nicht nur in neue Technologien und Gebäude. Porsche investiert in die Menschen.
Wir schaffen moderne Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn unsere intergalaktischen Porscheanerinnen und Porscheaner sind unser Erfolgsfaktor. Der neue Motorenbau ist also auch ein Bekenntnis zum Standort Zuffenhausen, Stuttgart und Baden-Württemberg, zur Zukunft des Sportwagenbaus und vor allem zu unserer einzigartigen Belegschaft. Porsche schwätzt nicht, Porsche setzt Zeichen.“
Flexible Verzahnung von Manufaktur und Automatisierung
Kern des neuen Motorenwerkes ist die flexible Fertigung, bei der Manufaktur und Automatisierung harmonisch und effizient miteinander verzahnt sind. Die Montage der innovativen Achtzylinder-V-Motoren, die zunächst nur im neuen Panamera eingesetzt werden, erfordert extrem präzise Prozesse.
Deshalb ruht die Fertigung vor allem auf den Schultern der hochqualifizierten und besonders geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Wir haben unsere Mannschaft bereits bei der Planung stark eingebunden und mehr als 450 Ideen für das neue Werk erhalten“, sagt Albrecht Reimold, Vorstand Produktion und Logistik der Porsche AG.
„Diese Wünsche und Vorschläge leisten einen großartigen Beitrag zur Ausgestaltung der Arbeitsplätze, die sowohl der Produktqualität als auch den Arbeitsbedingungen zu Gute kommt.“ So sind die ergonomisch vorbildlichen Montagestationen für jeden Mitarbeiter individuell einstellbar.
Um Monotonie zu vermeiden, werden die Mitarbeiter für größere Arbeitsumfänge eingesetzt und sukzessive für die komplette Montage geschult. Reimold: „Das Ziel ist es, dass die Mitarbeiter letztlich den kompletten Motor beherrschen.“
Unterstützung kommt von hochmodernen Maschinen und Werkzeugen. Knapp 100 Innovationen stecken in dem Anlagenkonzept. So setzt Porsche beispielsweise autonome Flurförderfahrzeuge ein, die frei programmierbar sind. Die von Lithium-Titanat-Batterien gespeisten Elektrotransporter navigieren mittels eines Rasternetzes von 16.000 Magneten, die in den Böden der beiden Werksetagen eingelassen sind. Ihre Flexibilität ermöglicht problemlos die Anpassung der Produktionsprozesse etwa bei Weiterentwicklungen von Produkt und Verfahren.
Ebenso anpassungsfähig sind die EC-Werkzeuge. Ihre Voreinstellungen beispielsweise von Drehmoment oder Drehzahl können über das elektronische Produktionsnetzwerk jederzeit angepasst werden. Damit sind sie nicht auf einen Einsatzort beschränkt, sondern praktisch universell in der Montage nutzbar und müssen lediglich an der neuen Arbeitsposition aufgehängt – in der Fachsprache umgetaktet – und entsprechend der neuen Aufgabe programmiert werden.
Überdies erleichtern die ergonomisch optimierten Werkzeuge mit ihrer verbesserten Leichtgängkeit den Werkern ihre Arbeit. Alle 3,5 Minuten startet der Zusammenbau eines neuen Motors. 95 Werkstückträger transportieren die Triebwerke über das U-förmig angelegte, insgesamt 432 Meter lange Band. In 110 Arbeitstakten, davon 71 in den Manufakturbereichen, entsteht nach einer Durchlaufzeit von 6,2 Stunden die Achtzylinder-Maschine.
Porsche nutzt im Entstehungsprozess der neuen Achtzylinder-V-Motoren verstärkt die Möglichkeiten der Digitalisierung und des Datenmanagements. Christian Will, Leiter Aggregate und Komponenten der Porsche AG: „Für jedes Triebwerk stehen nach Fertigstellung und Prüfung rund 2.300 Daten abrufbereit. Qualitätsschwankungen werden schon im Anfangsstadium erkannt und ausgeschlossen.“
Multifunktionale Werkstruktur ermöglicht flexibles Wachstum
Das neue Motorenwerk, mit dessen Bau Anfang 2014 begonnen wurde, liegt in der westlichen Erweiterungszone des Porsche-Stammsitzes. Die Gebäude-Grundfläche umfasst rund 10.000 Quadratmeter. Die Fabrik teilt sich in zwei Ebenen, mit der Logistik im Erdgeschoss und der Motorenmontage im Obergeschoss.
Die multifunktionale Struktur des Produktionsbereiches lässt sich an den wenigen baulichen Fixpunkten erkennen, die eine flexible Nutzung einschränken würden. Das Konzept hält neue Themen und neue Produkte vor. So sind Aufteilung und Peripherie des neuen Werkes auf Wachstum vorbereitet.
Das Gebäude nimmt den nordöstlichen Teilbereich eines 25.000 Quadratmeter großen Geländes ein, das Porsche als Erweiterungsfläche erworben hatte. Der dreigeschossige Eingangsbereich mit Büros und Sozialräumen liegt an der Stirnseite, so dass die Freifläche auf der anderen Gebäudeseite für Erweiterungsbauten zur Verfügung steht. Innerhalb des Baus sieht die Konstruktion den Einbau einer weiteren Arbeitsebene im ersten Obergeschoss vor.
Mit dem Bau des Motorenwerks setzt Porsche auch in Sachen Nachhaltigkeit einen Meilenstein. Der Neubau ist Teil des Werk 4, das deutschlandweit als eines der erste Industriequartiere von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) das Vorzertifikat in Gold erhalten hat. Bewertet wurde anhand von 40 Nachhaltigkeitskriterien.
Unter anderem erzeugt eine Photovoltaik-Anlage auf dem Gebäudedach jährlich bis zu 242.500 Kilowattstunden Strom. Das entspricht einer Einsparung von 105 Tonnen Kohlendioxid, die bei konventioneller Erzeugung entstünden. Weiterhin sind weite Teile des Daches begrünt und leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität.
Porsche wächst mit Investitionsprogrammen so stark wie nie zuvor
Porsche hat in den vergangenen Jahren am Stammsitz in Stuttgart-Zuffenhausen mehr als 300 Millionen Euro investiert. Neben dem neuen Motorenwerk, auf dessen Fläche früher ein Kabelwerk stand, plant das Unternehmen eine vormalige Getriebefertigung zu zentralen Werkstätten umzubauen.
Ein neues Ausbildungszentrum für die jüngsten Porsche-Mitarbeiter entstand auf einem Grundstück, auf dem zuvor ein Straßenbahndepot stand. Um die Zukunftsprojekte zu realisieren und die innerstädtischen Betriebsflächen weiter zu entwickeln, hatte die Porsche AG in den vergangenen Jahren durch Zukäufe ihren Grundstücksbesitz in Stuttgart auf mehr als 600.000 Quadratmeter ausgeweitet und damit mehr als verdoppelt.
Für die kommenden Jahre plant Porsche weitere Investitionen von deutlich mehr als einer Milliarde Euro, die zur Absicherung seines erfolgreichen Wachstumskurses dienen. Innovationstreiber ist dabei vor allem der erste rein elektrisch angetriebene Sportwagen. Allein in Zuffenhausen entstehen dafür mehr als 1.000 neue Arbeitsplätze.
Etwa 700 Millionen Euro investiert das Unternehmen an seinem Stammsitz. In den nächsten Jahren werden dort eine neue Lackiererei und eine eigene Montage errichtet. Das Motorenwerk wird für die Herstellung der Elektroantriebe ausgebaut und der vorhandene Karosseriebau erweitert. Dazu kommen Investitionen etwa im Entwicklungszentrum Weissach.