Dem vorbeugenden Brandschutz kommt immer mehr Bedeutung zu
WETTERAUKREIS / BAD VILBEL. - Wenn es brennt, wenn Gefahrgut zu beseitigen ist oder wenn schnelle Hilfe bei AutounfÀllen gefordert ist, ist die Feuerwehr zur Stelle.
âEine weitere wichtige Aufgabe aber ist der vorbeugende Brandschutz und die VerhĂŒtung von Gefahrenâ, wie Kreisbrandinspektor Lars Henrich berichtet.
Wir haben ihn und seinen Kollegen Sebastian Luft bei einer GefahrverhĂŒtungsschau in einem Hochhaus in Bad Vilbel begleitet.
âGefahrverhĂŒtungsschauen sollen sensible Objekte auf mögliche Gefahrenquellen untersuchen, so etwa die rund 20 HochhĂ€user, die es in der Wetterau, vor allem in Bad Vilbel, Karben, Bad Nauheim und Butzbach, gibt, aber auch hohe HĂ€user. Das sind GebĂ€ude zwischen 13 und 22 Metern, also solche, die die Reichweite der Drehleitern der Feuerwehren ĂŒberschreiten.
âWir haben einen detaillierten PrĂŒfkatalog, der penibel abgearbeitet wird. Der beginnt schon mit der Beschilderung von Rettungswegen um fasst aber vor allem die Brandmeldeanlagen, Wandhydranten, LĂŒftungstechnik, Rauch- und WĂ€rmeabzugsanlagen.
Die regelmĂ€Ăige Wartung solcher Anlagen obliegt den GebĂ€udeeigentĂŒmern. Diese Arbeiten werden aber oft auf die lange Bank geschoben, nicht zuletzt aus KostengrĂŒndenâ, berichtet der Wetterauer Kreisbrandinspektor Lars Henrich.
Bei HochhĂ€usern sieht man die Situation ganz besonders sensibel, erst recht nach dem Brand des Grenfell Towers. Bei dem Hochhausbrand in GroĂbritannien sind vor allem durch Rauchvergiftungen 71 Menschen ums Leben gekommen.
âEs war vor allem die Isolation und der Kamineffekt zwischen Fassade, Isolation und dem GebĂ€udekern, der das Feuer in Windeseile sich verbreiten lieĂ. Diese Konstruktionen und deren Bauteilanforderungen unterliegen strengen Vorgaben.
Die GebĂ€ude wurden dann auch mit den Kollegen des Fachdienst Bauordnung auf Einhaltung der Vorschriften kontrolliert. Da haben die BrandschĂŒtzer schon technische Vorsorge getroffen.
Zur Isolation darf nicht brennbares DĂ€mmmaterial genutzt werden, und alle zwei Stockwerke sind sogenannte Brandriegel zu verbauen, die ein Weiterlaufen der Flammen verhindernâ, erklĂ€rt Henrich.
Architektur macht Brandschutz aufwÀndig
Die Anforderungen an den Brandschutz in Deutschland sind hoch, aber nicht höher als im europÀischen Ausland. AufwÀndig wird er durch die architektonische Vielfalt, die in den GebÀuden eingesetzt wird.
Das beginnt mit GlaswĂ€nden, fĂŒhrt ĂŒber eine offene Gestaltung der RĂ€ume hin zur Nutzung von vielfĂ€ltigen Materialien. âWer mehr als Stein und Beton als Baumaterial nutzt, macht auch den Brandschutz teurerâ, weiĂ Henrich.
Die Hessische Bauordnung ist dabei ziemlich eindeutig: âAnlagen (GebĂ€ude) sind so anzuordnen, zu errichten, zu Ă€ndern und instand zu halten sind, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.â
âWir prĂŒfen dann fĂŒr jedes GebĂ€ude, ob diese Schutzziele eingehalten werden. Abweichungen mĂŒssen dann kompensiert werden, etwa durch zusĂ€tzlichen Brandschutzâ, ergĂ€nzt der Kreisbrandinspektor.
ZurĂŒckgehende Opferzahlen
Wie sinnvoll ein vorbeugender Brandschutz ist, zeigt die Entwicklung der Zahl der Opfer von Feuer und Rauch. Waren es Anfang der 2000er Jahre noch rund 500 Menschen, die jedes Jahr in Deutschland durch Rauch, Feuer und Flammen starben, sank deren Zahl in den letzten Jahren auf rund 300.
âDas ist vor allen Dingen den Rauchmeldern zuzuschreiben, die mittlerweile in vielen HĂ€usern verbaut sind. Allerdings mĂŒssen wir auch feststellen, dass die Wartung der GerĂ€te oft hinterherhinkt. Das hat einerseits mit fehlendem Fachpersonal zu tun, andererseits aber auch mit den teilweise hohen Kosten, die aber gut investiert sind, wenn dadurch Menschenleben gerettet werdenâ, so Henrich.
In dem Bad Vilbeler Hochhaus angekommen, fĂ€llt als Erstes ein Pappkarton neben dem Eingang auf. Hier werfen die Hausbewohner die ungebetenen, kostenlosen Zeitschriften und Werbeprospekte rein. âGeht nichtâ, moniert Kreisbrandinspektor Henrich. Mindestens ein MetallmĂŒlleimer mit Metalldeckel mĂŒsse dafĂŒr angeschafft werden.
FahrrĂ€der im Fluchttreppenbereich sind absolut tabu und mĂŒssen kurzfristig entsorgt werden. Auch bestimmte KellerrĂ€ume sind tabu, um sie als Lager zu verwenden, etwa in Heizungskellern. Aber auch dort, wo die Brandmeldeanlage der Feuerwehr installiert ist, darf nichts herumstehen.
EU- Vorgaben fĂŒr Hinweisschilder
Da in Deutschland alles geregelt ist, gibt es auch spezielle Vorschriften fĂŒr die Kennzeichnung von Rettungswegen. Sie sind in der DIN ISO 7010 festgelegt und gelten in ganz Europa mit einem genauen Farbmuster: Gelb fĂŒr Warnung, rot fĂŒr Verbot, blau fĂŒr Gebot, grĂŒn fĂŒr Rettung.
FĂŒr die Rettungswege gibt es europaweit gĂŒltige Zeichen, nĂ€mlich einen durch eine TĂŒr laufenden Menschen und einen entsprechenden Pfeil, um die Richtung des Rettungsweges anzuzeigen.
Rund zwei Stunden dauert die NachprĂŒfung der GefahrenverhĂŒtungsschau in dem Hochhaus und endet mit einer Fristsetzung. Binnen zwei Wochen mĂŒssen alle noch existierenden MĂ€ngel beseitigt werden. Die Wartungsfirma muss eine MĂ€ngelfreimeldung bestĂ€tigen.
Die Fluchtwege mĂŒssen einheitlich gekennzeichnet sein und die Brandlasten auf den Fluren verschwinden. Sollte dem nicht nachgekommen werden, muss mit einem empfindlichen BuĂgeld gerechnet werden.
âDas ist hier keine Frage der Freiwilligkeit oder des Ermessens, sondern es geht um klare gesetzliche Vorgaben, denen nachzukommen ist. Da kann auch nicht diskutiert werdenâ, gibt sich Kreisbrandinspektor Henrich unnachgiebig.
2.900 Objekte
Die GefahrverhĂŒtungsschau soll alle fĂŒnf Jahre durchgefĂŒhrt werden. Bei den 2.900 Objekten, die dafĂŒr in der Wetterau in Frage kommen, ein groĂes Arbeitspaket.
Neben den HochhĂ€usern und GebĂ€uden mit einer Höhe von mehr als 13 Metern zĂ€hlen IndustriegebĂ€ude, Altenheime, KindertagesstĂ€tten, KrankenhĂ€user, Kurkliniken, VersammlungsstĂ€tten, BĂŒrogebĂ€ude und auch öffentlich genutzte unter Denkmalschutz stehenden GebĂ€ude dazu.
Hochgerechnet sind das mehr als 500 Objekte pro Jahr. Dazu kommen 450 Stellungnahmen, die der vorbeugende Brandschutz im Jahr zu BaumaĂnahmen treffen muss. Ein hohes Arbeitspensum fĂŒr die fĂŒnf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vorbeugenden Brandschutz.