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Wölfersheim: Der aktuelle Sachstand bei der REWE-Ansiedlung

WÖLFERSHEIM. - Im Februar sorgte die Nachricht, dass REWE ein modernes Logistikzentrum in Wölfersheim errichten möchte, für große Schlagzeilen in der gesamten Region. In einer intensiven Gemeindevertretersitzung hatten SPD, CDU und FWG dafür gestimmt, die planerischen Voraussetzungen für eine Ansiedlung des Zentrums bei den zuständigen Behörden zu beantragen (siehe Infokasten).

Seither wird viel diskutiert und vor allem gearbeitet. Bürgermeister Rouven Kötter ist erleichtert, dass er sich mit der Land&Forst GmbH einen kompetenten Unterstützer in sein Team geholt hat: „Mittlerweile haben wir das Team noch um ein Büro zur Erarbeitung des Bebauungsplanes und der Planänderungsverfahren erweitert.

Das Projekt ist sehr vielseitig und fordert meinen Mitarbeitern und allen, die daran mitwirken, viel ab. Aber ich bin sicher, dass es sich lohnen wird. Wir haben hier eine sehr große Entwicklungschance für unsere Gemeinde auf dem Tisch liegen und arbeiten mit Hochdruck daran, diese Chance auch erfolgreich zu nutzen.“

In zahlreichen Gesprächen mit Mitarbeitern des Regierungspräsidiums und des Regionalverbandes wurden die notwendigen Anträge zur Zielabweichung des Regionalplanes und zur Änderung des Regionalen Flächennutzungsplanes auf den Weg gebracht. In der Verbandskammer des Regionalverbandes wurde das Änderungsverfahren bereits mit den Stimmen von CDU und SPD auf den Weg gebracht.

Die dort vorhandene „Unabhängige Gruppe“ enthielt sich, die Grünen stimmten dagegen. Bemerkenswert war im Rahmen der Diskussion, dass sich der Rosbacher Bürgermeister Thomas Alber (parteilos) sehr positiv zu dem Vorhaben äußerte, obwohl das REWE-Lager von Rosbach nach Wölfersheim ziehen soll.

„Es ist kein Haar in der Suppe zu finden“, sagte er am Rednerpult im Frankfurter Römer. Es sei „unstreitig“, dass man das Lager in der Region halten müsse. Er sei froh, dass Wölfersheim das Gelände anbiete, andernfalls hätte sich Rewe außerhalb des Rhein-Main-Gebiets umgesehen.

Die Regionalversammlung Südhessen (RVS), in der die Zielabweichung zum Regionalplan beschlossen werden muss, wird sich im Herbst mit dem Projekt beschäftigen. „Bislang läuft alles nach Plan. Die Zusammenarbeit mit dem RP und dem Regionalverband ist konstruktiv und umsetzungsorientiert, die ersten Beschlüsse wurden auf den Weg gebracht und alles liegt im Zeitplan.“ so Bürgermeister Kötter.

Wann gibt es konkrete Informationen an die Grundstückseigentümer?

Die Grundstückseigentümer, die mittlerweile mit zwei Briefen über den aktuellen Sachstand auf dem Laufenden gehalten wurden, wünschen sich natürlich überwiegend eine andere Vorgehensweise als das beschlossene Umlegungsverfahren (siehe Infokasten) und würden sich lieber gestern als heute Informationen zum späteren Ankaufspreis wünschen.

Hier muss Kötter jedoch um Verständnis werben: „Der Ankaufpreis wird von einem neutralen Gutachter ermittelt. Sobald wir einen Wert vorliegen haben, informieren wir die Grundstückseigentümer unverzüglich und persönlich.“ Es zeichnet sich jedoch ab, dass der Ankaufpreis über dem sonst üblichen Ankaufpreis für Ackerfläche, die zu Gewerbegebiet wird, liegt.

Die Ackerflächen haben in diesem Bereich einen Wert von etwa 2,50 Euro bis 3,50 Euro pro qm, je nach Bodenqualität, die in dem Gebiet sehr unterschiedlich ist. Üblicherweise kauft die Gemeinde zur gewerblichen Entwicklung für 10,50 Euro pro qm an. Beim Logistikpark wird der Ankaufspreis voraussichtlich noch etwas höher liegen.

Mehr LKW-Verkehr, weniger Ackerfläche?

Der drohende LKW-Verkehr wird oft als Gegenargument zu dem Vorhaben angebracht. Hier kann Kötter jedoch beruhigen: „Es gibt mittlerweile ein sehr detailliertes Verkehrsgutachten, das wir für die Planänderungen benötigt haben. Darin wird eindeutig festgestellt, dass sich der LKW-Verkehr durch das Logistikzentrum nicht spürbar erhöhen wird.

Den Verkehr haben wir schon, künftig haben wir allerdings auch einen Nutzen davon. Da wir momentan auf der Fahrtstrecke zwischen den beiden Standorten Hungen und Rosbach liegen und alle LKW unsere Gemeinde passieren, ist der zu erwartende Verkehr schon längst da. Das hat man nicht oft, dass man ein Logistikzentrum ansiedeln kann, ohne die Verkehrsbelastung deutlich und spürbar zu erhöhen.“

Ein weiteres Gegenargument ist der Landverbrauch – es werden immerhin 30 ha Ackerboden umgenutzt. „Wir haben in der Wetterau hervorragende Böden. Auch in diesem Bereich gibt es sehr gute Bodenqualitäten, allerdings auch einige weniger gute, denn teilweise sprechen wir von ehemaligem Bergbaugebiet.

Diese Flächen stehen der Landwirtschaft künftig nicht mehr zur Verfügung und ich verstehe, dass dies kritisch gesehen wird. Man muss es aber auch einordnen: In Wölfersheim gibt es momentan über 2.950 ha Ackerfläche und für dieses Projekt werden wir 30 ha benötigen. Durch die REWE-Ansiedlung werden also rund 1 % der Ackerflächen in der Gemeinde wegfallen.

Auf der Habenseite stehen dem über 550 Arbeitsplätze und 20 Ausbildungsplätze gegenüber. Es ist die Aufgabe der Politik die Vorteile und Nachteile eines solchen Vorhabens abzuwägen. Aus meiner Sicht wäre es fahrlässig, diese große Chance für unsere Gemeinde nicht zu nutzen.“

Darf man sich über Arbeitsplätze freuen, die in Rosbach und Hungen wegfallen?

Die mindestens 550 Arbeitsplätze und 20 Ausbildungsplätze, die REWE zugesagt hat, entstehen nicht neu, sondern werden von Hungen und Rosbach nach Wölfersheim verlagert. „Zunächst mal ist das eine sehr gute Nachricht, denn es bedeutet, dass niemand durch den Umzug seinen Arbeitsplatz verliert. Deshalb war der REWE-Betriebsrat auch für den Standort Wölfersheim, der ziemlich zentral zwischen den beiden aktuellen Standorten liegt.“ erläutert Kötter.

„Klar ist aber auch, dass durch die natürliche Fluktuation, das heißt durch Renteneintritt, Wegzug oder Jobwechsel, schnell Arbeitsplätze frei werden und sich somit Möglichkeiten für Wölfersheimer und Bürger aus der Umgebung bieten, wohnortnah einen Arbeitsplatz zu erhalten. Die Unternehmen MAHLE, Frank und Hinnerbäcker haben auch alle Mitarbeiter mitgebracht, als sie ihren Standort nach Wölfersheim verlagert haben.

Aber wenn man heute durch die Werkshallen geht, sieht man überall bekannte Gesichter. Nicht zu vernachlässigen sind auch die 20 Ausbildungsplätze. Wir haben mit der Singbergschule die größte Schule der Wetterau in Wölfersheim. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die dortigen Abgänger eine Arbeits- und Lebensperspektive bei uns erhalten.“

Der Rathauschef ergänzt: „Außerdem wird REWE die Lager in Rosbach und Hungen anderweitig nutzen, so dass dort weitere Arbeitsplätze entstehen werden. Unterm Strich ist das Vorhaben definitiv ein Gewinn für unsere Region und unsere Gemeinde!“

Infobox 1:

Wie hat sich die Gemeindevertretung bislang mit dem Thema beschäftigt?

06.02. Infoveranstaltung und anschließender Beschluss, die notwendigen Planänderungen und Zielabweichungen für das Projekt beim Regierungspräsidium in Darmstadt und dem Regionalverband in Frankfurt zu beantragen

Abstimmung: SPD, CDU und FWG geschlossen dafür – eine Enthaltung und eine Gegenstimme der Grünen

27.03. Intensive Beratung und Beschlussfassung zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Projekt-Gebiet. Abstimmung: SPD, CDU und FWG geschlossen dafür – Grüne dagegen.

Im Rahmen der gleichen Sitzung: Beratung und Beschlussfassung für den Start eines sogenannten „Umlegungsverfahrens“ (siehe Erläuterung in Infokasten) Abstimmung: SPD, CDU und FWG mehrheitlich dafür – Grüne dagegen, eine Enthaltung

Es folgen noch bis zum Abschluss des Verfahrens weitere Zwischenschritte, die in der Gemeindevertretung intensiv beraten werden und entschieden werden müssen, wie beispielsweise die Abwägung der zum Bebauungsplan eingegangenen Stellungnahmen, der Kaufvertrag mit REWE und weiteres.

Infobox 2:

Was ist ein „Umlegungsverfahren“? Werden Grundstückseigentümer wirklich enteignet?

Das Umlegungsverfahren ist ein Verfahren zur Bodenordnung, das im Baugesetzbuch (BauGB) in den Paragraphen 45 und folgende geregelt ist. In vielen anderen Kommunen ist dies das Standardverfahren, um Baugebiete umzusetzen. In Wölfersheim wurde es seit den 80er Jahren nicht mehr angewandt. Vereinfacht gesagt kann eine Gemeinde mit Hilfe dieses Verfahrens und eines Bebauungsplanes in das Eigentum der entsprechenden Grundstücke gelangen, ohne deswegen Kaufverträge mit den Eigentümern abschließen zu müssen.

Die Grundstückseigentümer erhalten jedoch eine angemessene Entschädigung, die deutlich über dem heutigen Bodenwert liegt (mehr als das Dreifache) und von einem neutralen Gutachter ermittelt wird. Wichtig ist dabei auch, dass durch das Projekt kein Landwirt, egal ob Pächter oder Eigentümer, in seiner beruflichen Existenz gefährdet werden darf. Sollte dies der Fall sein, muss die Gemeinde dem betroffenen Landwirt zu einem Ausgleich verhelfen, ansonsten kann das Projekt nicht umgesetzt werden.

Warum wurde dieses Verfahren gewählt?

Wäre versucht worden, das Projekt im bisherigen Wölfersheimer Verfahren (freiwilliger Verkauf der Grundstücke) durchzuziehen, hätte der Zeitplan nicht eingehalten werden können und REWE hätte voraussichtlich einen anderen Standort gewählt. Dies war die einzige Möglichkeit, um das Vorhaben innerhalb des ambitionierten Zeitplanes umzusetzen und die Ansiedlung somit nach Wölfersheim zu holen.