Friedberger Heimatkalender lässt Geschichte lebendig werden

Gerhild Thieß setzt eine Tradition fort und gibt auch für das kommende Jahr einen Heimatkalender mit historischen Aufnahmen der Stadt Friedberg heraus.
WETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - Gerhild Thieß, Betreiberin der Marktapotheke in der Friedberger Kaiserstraße erfreut ihre Kundinnen und Kunden schon seit einigen Jahren mit Heimatkalendern in der Weihnachtszeit.
Für das kommende Jahr werden historische Aufnahmen von Friedberg präsentiert. Die Hälfte davon stammt aus dem beim Wetteraukreis angesiedelten Walbe-Archiv.
Gemeinsam mit Landrat Jan Weckler hat Gerhild Thieß nun die Kalender vorgestellt, die ab sofort in den beiden Apotheken verfügbar sind. Gezeigt werden Bilder, vor allem aus der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg.
Sechs der 13 gezeigten Aufnahmen stammen vom Darmstädter Bauprofessor Heinrich Walbe, der ab 1903 auch Denkmalpfleger für die Provinz Oberhessen war.
Michael Keller, Historiker und langjähriger Bürgermeister der Kreisstadt Friedberg, kommentierte die Bilder. Heinrich Walbe lobte er als einen weitsichtigen Denkmalpfleger, der den Denkmalbegriff von Kirchen und Burgen erweiterte auf Handwerker- und Ackerbürgerhäuser, alte Gasthäuser und Wassermühlen.
„Ihm kommt das Verdienst zu, die Veränderungen der oberhessischen Städte und Dörfer mit der Kamera dokumentiert zu haben“, schreibt Michael Keller.
Manche der abgebildeten Gebäude sind heute noch in alter wieder hergestellter Pracht zu sehen, andere sind in einem schlechten Zustand, wie etwa das Haus „Zur Reusen“, das ab Mitte des 19. Jahrhunderts Sitz der Maschinenfabrik Reuss war.
Heute wartet das Gebäude auf seine Renovierung. Das hinter dem Gebäude liegende Gelände soll zum Bau einer Wohnanlage genutzt werden. Als Schulpalast bezeichneten die Zeitgenossen das zwischen 1899 und 1901 gebaute Augustinergymnasium im Stil der Neurenaissance.
Spannend ist auch ein Blick auf die Zuckerfabrik Friedberg, die sozusagen als Notwehrreaktion der Wetterauer Landwirte errichtet wurde. Als die Weizenpreise in den Jahren 1870 bis 1880 fielen, hielt die Zuckerrübe auf den wertvollen Böden der Wetterau Einzug.
Auf den Feldern wurde mit der Einführung der Reihensaat und dem Einsatz schwerer Kaltblutpferde Neuland betreten. In den 100 Jahren zwischen 1882 und 1982 war die Zuckerfabrik eine der wenigen großen industriellen Komplexe in der Wetterau.
In der Zeit der Rübenernte war die Zuckerfabrik der industrielle Mittelpunkt der Wetterau“, schreibt Michael Keller. Über Kilometer standen vor den Toren der Fabrik durch ganz Fauerbach hindurch Wetterauer Bauern und Landwirte mit ihren mit Zuckerrüben beladenen Pferdefuhrwerken. 1982 wurde die Fabrik stillgelegt, danach abgerissen. Das weitläufige Gelände ist nur zum Teil neu bebaut.
„Ich freue mich, dass Frau Thieß die Tradition der Heimatkalender aufrechterhält und in diesem Jahr auch mit unserer Hilfe aus dem Walbe-Archiv diesen Kalender aufgelegt hat, der jeden, der sich mit der Geschichte der Kreisstadt beschäftigt, erfreuen wird“, würdigt Landrat Jan Weckler das Engagement der Friedberger Apothekerin.
Der Heimatkalender ist in einer Auflage von 2.000 Exemplaren erschienen und ist in der Markt Apotheke und der Wetterau Apotheke in Friedberg kostenlos erhältlich.