Kommunale Notunterkunft in Nidda steht für Geflüchtete bereit
WETTERAUKREIS / NIDDA. - Rund 72 Stunden standen dem Katastrophenschutz des Wetteraukreises zur Verfügung, um nach dem Einsatzbefehl des Hessischen Innenministeriums eine Notunterkunft für geflüchtete Menschen aus der Ukraine herzurichten.
Der Wetteraukreis wird dafür zwei Drei-Feld-Schulturnhallen in Nidda nutzen. Landrat Jan Weckler und Kreisbeigeordneter Matthias Walther waren am heutigen Samstag, 12. März, vor Ort und verschafften sich einen ersten Eindruck.
„Die räumliche Infrastruktur steht bereit, und damit kann wie geplant um 14 Uhr die Halle als Notunterkunft in Betrieb gehen.
Mein Dank geht an alle, die hier in den letzten Tagen mit Hochdruck gearbeitet haben. Das ist eine logistische Leistung, für die man nicht genug danken kann“, sagte Weckler.
Zwei Bauzäune unterteilen die Feldbetten und Kinderbetten, um ein kleines Maß an Privatsphäre zu ermöglichen. Auf den Betten liegen Wolldecken und eingeschweißte Kopfkissen.
Die Versorgung mit WLAN und Internet ist sichergestellt, an den Wänden der beiden Sporthallen sorgen mehrere Ladestationen für Mobilfunkgeräte für den wertvollen Draht nach Hause.
Drei Örtlichkeiten stehen in Nidda für die Notunterkunft zur Verfügung: Die beiden Turnhallen am Niddaer Schulzentrum (Otto-Dönges-Schule, Alteburgschule, Außenstelle der Hammerwaldschule) und am Gymnasium sowie geografisch in der Mitte zwischen beiden ein Platz zum Essen vor dem Bürgerhaus.
Hier wurden zwei 15 mal 40 Meter große Verpflegungszelte für Catering und Verköstigung aufgebaut. Die Notunterkunft wurde vom Katastrophenschutz des Wetteraukreises mit zahlreichen ehrenamtlichen Helfern der Feuerwehren Nidda, Florstadt, Bad Vilbel und Gedern und dem Malteser Hilfsdienst aus Butzbach und Altenstadt eingerichtet.
Den laufenden Betrieb stellt vorerst der Sanitäts- und Betreuungsdienst einer Arbeitsgemeinschaft der Wetterauer Hilfsorganisationen sicher (Johanniter-Unfall-Hilfe, Arbeiter-Samariter-Bund, Malteser Hilfsdienst und Deutsches Rotes Kreuz).
Mit der Eröffnung der kommunalen Notunterkunft in Nidda wurde die bisherige zentrale Anlaufstelle in der Friedberger Sporthalle Am Seebach ab heutigen Samstagvormittag geschlossen.
Vor dem Hintergrund einer durch das Land kurzfristig angekündigten deutlichen Erhöhung der wöchentlichen Zuweisung bleibt die Halle Am Seebach dennoch vorerst für die Nutzung für Schul- und Vereinssport gesperrt.
Beeindruckende Zahlen
In zehn Stunden waren die beiden Verpflegungszelte aufgebaut. Innerhalb von 36 Stunden war der Boden in den Sporthallen abgeklebt, waren 800 Betten gestellt, Wolldecken und Kissen aufgelegt, 1080 Meter Bauzaun gestellt. Am heutigen Samstag sind 50 Mitarbeiter/innen im Einsatz, am Freitag und Donnerstag waren jeweils rund 100 vor Ort.
Oliver Pitsch, Vorstand des Regionalverbands Rhein-Main der Johanniter-Unfall-Hilfe ist beeindruckt: „Die reibungslose Zusammenarbeit der verschiedenen beteiligten Hilfsorganisationen, so wie ich sie hier im Wetteraukreis erlebe, ist wirklich großartig.“
Nidda ist zunächst stand-by
Nach der Auskunft aus dem Regierungspräsidium Gießen wird die Notunterkunft im Wetteraukreis zunächst im Stand-by-Modus laufen. Zuerst wird die Notunterkunft im Vogelsbergkreis genutzt, sobald diese zu 50 Prozent belegt ist, die im Hochtaunuskreis, dann der Wetteraukreis und der Kreis Marburg-Biedenkopf.
Landrat Weckler rechnet mit einer Belegung spätestens ab der kommenden Woche. Hans Peter Seum, Bürgermeister von Nidda berichtete, der Verein „Nidda hilft“ habe sich bereits angeboten, die geflüchteten Menschen bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Dafür biete sich das Bürgerhaus an.
Erste Anlaufstelle für Flüchtlinge aus der Ukraine, die im Wetteraukreis keine private Anlaufstelle bei Bekannten, Verwandten oder über Städte und Gemeinden haben, ist die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) in Gießen.
Dort werden die Personen ausländerrechtlich erfasst, bei Bedarf medizinisch erstversorgt und dann, je nach Kapazität, zunächst in die kommunalen Notunterkünfte verlegt, die die bisherigen Standorte der EAEH ergänzen sollen.
„Wir gehen davon aus, dass die Flüchtlinge nur wenige Tage in den jeweiligen Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben werden und dann durch das Land hessenweit den Landkreisen zugewiesen werden“, sagte Landrat Weckler.
In der Notunterkunft werden sie drei bis fünf Tage bleiben und dann auf die Landkreise verteilt. „Dies ist eine absolute humanitäre Notsituation“, sagte Weckler, „der Wetteraukreis ist hier mit allen seinen 25 Kommunen in einem Boot.“
Flüchtlinge aus der Ukraine, die direkt in einer der Wetterauer Kommunen ankommen, keine private Anlaufstelle haben und auch kurzfristig nicht von der Kommune in eine Wohnung vermitteln werden können, müssen in der Regel zunächst in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Gießen in das sogenannte Ankunftszentrum.
Für Personen, die bereits privat untergekommen sind, gilt weiterhin, dass zunächst eine Anmeldung im Einwohnermeldeamt notwendig ist.
Weckler: „Pragmatisch und lösungsorientiert handeln“
Bereits Ende des letzten Jahres und völlig unabhängig vom Krieg in der Ukraine hatte sich die wöchentliche Zuweisung von Flüchtlingen an den Wetteraukreis bereits vervierfacht.
„Wir haben am Freitagnachmittag vom Land die Nachricht erhalten, dass wir mit einer weiteren deutlich höheren Zuweisung ab kommender Woche rechnen müssen.
Das Land geht dabei von einer annähernden Versechsfachung der Zahlen aus. Damit würde sich die wöchentliche Zuweisung von aktuell 20 bis 30 Flüchtlingen auf mindestens 120 erhöhen.
Die Lage ist dynamisch und ändert sich täglich. Wir fahren praktisch auf Sicht. In einer solchen Krisensituation müssen wir pragmatisch und lösungsorientiert reagieren und können uns nicht mit Formalismus aufhalten“, so Landrat Jan Weckler.
Insgesamt gibt es im Wetteraukreis nun allein vom Land Hessen drei Einrichtungen der Erstaufnahme für Flüchtlinge mit einer maximalen Kapazität für je 1.000 Menschen.
Neben der Erstaufnahmeeinrichtung in Büdingen sind dies die ehemalige Kaserne in Friedberg und nun die Unterkunft in Nidda. „Der Wetteraukreis ist damit der einzige Landkreis in Hessen mit drei Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes auf seinem Gebiet“, sagte Weckler.
Enger Austausch mit den Kommunen
Die Lage im Kriegsgebiet verändert sich dynamisch mit unmittelbaren Folgen für das Flüchtlingsgeschehen. Auch wenn die meisten Menschen in benachbarte Staaten flüchten, allen voran Polen, reisen viele auch weiter nach Deutschland. Mehr als 100.000 Menschen sind inzwischen in Deutschland angekommen.
Landrat Jan Weckler ist in engem Kontakt mit den Wetterauer Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und informiert sie regelmäßig über den jeweils aktuellen Sachstand.
Informationen auf der Homepage des Wetteraukreises
Informationen zu Leistungen, medizinischer Versorgung und Aufenthaltserlaubnis stehen unter https://wetteraukreis.de/aktuelles/ukraine zur Verfügung.
Die Zentrale Service-Nummer für Ukraine Hilfen ist von Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr besetzt, Telefon: 06031/833-833, E-Mail: Ukraine-Hilfen(at)Wetteraukreis.de.