Flüchtlingsunterbringung: Wetteraukreis schafft drei Leichtbauhallen und weitere Unterkünfte
WETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - Weiterhin weisen Bund und Land dem Wetteraukreis wöchentlich Geflüchtete zu, die aufgenommen und im Kreisgebiet untergebracht werden müssen. Aktuell sind es wöchentlich zwischen 40 und 50 Personen, diese Zahl kann sich aber im zweiten Quartal nochmals verändern.
Um diesem gesetzlichen Auftrag nachkommen zu können, schafft der Kreis deshalb mit Hochdruck zusätzliche Plätze. Laut dem Bundesamt für Migration und der Europäischen Asylbehörde ist damit zu rechnen, dass der Migrationsdruck und somit die Zuweisungszahlen im Laufe des Jahres noch steigen werden.
Derzeit betreibt und betreut der Kreis bereits rund 100 Unterkünfte mit insgesamt knapp 2.500 Plätzen, wie Landrat Jan Weckler mitteilt: „Um die hohen Zuweisungszahlen weiterhin für die Städte und Gemeinden abpuffern zu können, schaffen wir zusätzliche Plätze – obwohl wir dabei zunehmend an die Grenzen des Machbaren stoßen.“
Viele Landkreise in Deutschland weisen Geflüchtete direkt an Städte und Gemeinden zu. Auch in Hessen verfahren mittlerweile zunehmend Landkreise nach dem Hessischen Landesaufnahmegesetz: Dann werden alle Flüchtlinge direkt nach Quote den Städten und Gemeinden zugewiesen, die die Unterbringung selbstständig organisieren müssen.
Der Kreis unterstützt dann vor allem finanziell. Im Wetteraukreis werden bisher nur die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine an die Städte und Gemeinden verteilt, während der Wetteraukreis die Flüchtlinge aus weltweiten Krisengebieten unterbringt.
„Derzeit wenden wir das Landesaufnahmegesetz bei den Geflüchteten aus weltweiten Krisengebieten faktisch nicht an, um die Städte und Gemeinden zu entlasten.
Wir schaffen weiter unter Hochdruck und weit über die Belastungsgrenze hinaus Unterkünfte – auch wenn wir bei etwa 100 Unterkünften inzwischen auch hinsichtlich der Administrierbarkeit an der Grenze sind“, erklärt Landrat Jan Weckler.
Standorte für drei Leichtbauhallen
Mit Blick auf die massiv steigenden Flüchtlingszahlen hat der Kreis bereits im vergangenen Jahr Leichtbauhallenmodule beschafft, die Platz für insgesamt 500 Menschen bieten.
Bei den Stellflächen ist der Landkreis auf die Kooperation mit den Städten und Gemeinden angewiesen, da der Landkreis selbst außer Schulen kaum eigene Flächen besitzt. Die ersten drei Standorte für Leichtbauhallen stehen nun fest, der Bau erfolgt in enger Abstimmung mit den Kommunen, die die Grundstücke zur Verfügung stellen:
Eine Leichtbauhalle mit rund 60 Bettenplätzen wird auf einer Freifläche am Rosbacher Bahnhof gebaut. Derzeit wird mit einer Belegung im dritten Quartal 2023 gerechnet.
Eine weitere Leichtbauhalle entsteht neben der bestehenden Container-Unterkunft der Gemeinde am Ortsrand von Wöllstadt in Richtung Okarben. Auch hier sind rund 60 Bettenplätze geplant, die Belegung erfolgt voraussichtlich im dritten Quartal.
Weitere 150 Menschen werden in einer Leichtbauhalle auf dem Gelände der Friedberger Kaserne untergebracht – voraussichtlich Anfang des dritten Quartals 2023.
Weitere Unterkünfte
Die Facheinheiten „Migration“ und „Immobilienmanagement“ arbeiten derzeit unter Hochdruck an der Schaffung weiterer Unterkünfte durch Anmietung oder Gewinnung von Flächen. Neben den Leichtbauhallen entstehen derzeit weitere Unterkünfte im gesamten Kreisgebiet:
Der Wetteraukreis mietet den ehemaligen Lidl-Markt in der Frankfurter Straße in Bad Nauheim an. Er soll ab Mitte des dritten Quartals Platz für 88 Menschen bieten.
Zusätzliche Bettenplätze entstehen darüber hinaus in einem Gebäude An der Birkenkaute, das in der Vergangenheit bereits von der Stadt Bad Nauheim als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde – hier sollen etwa 80 Personen untergebracht werden. Die Inbetriebnahme ist bereits für April vorgesehen.
In Karben baut der Wetteraukreis derzeit ein ehemaliges Fitnessstudio zur Flüchtlingsunterkunft um. Hier sollen nach den notwendigen Umbaumaßnahmen rund 50 Personen Obdach finden. Im Außenbereich wird ein Küchencontainer aufgestellt. Die Belegung erfolgt voraussichtlich ab Juni.
In der Alten Schule in Reichelsheim, die dem Wetteraukreis gehört, sollen maximal 30 Bettenplätze für Flüchtlinge entstehen. Aktuell wird noch der Bau einer Fluchttreppe vorbereitet Die Menschen sollen voraussichtlich ab Juli 2023 einziehen.
Darüber hinaus beabsichtigt der Wetteraukreis das ehemalige Hotel „Cockpit“ anzumieten. Hier können vorerst bis zu 28 Menschen unterkommen, eine Erweiterung bis Jahresende auf 40 Plätze ist geplant.
Sechs Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge entstehen Anfang April in der ehemaligen Hausmeisterwohnung der Eichendorff-Schule in Niddatal. Die jungen Menschen werden tagsüber von pädagogischen Fachkräften betreut, nachts und am Wochenende wird ein Sicherheitsdienst eingesetzt.
In Gesprächen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) konnte Landrat Jan Weckler im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Stadt Friedberg erreichen, dass neben den bereits angemieteten Gebäuden 3617 und 3619 nun auch die sogenannten „4000er-Gebäude“, die an die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen angrenzen, an den Kreis vermietet werden.
Hier können mindestens 500 Bettenplätze entstehen. Derzeit prüft ein Fachplaner das Gebäude, anschließend wird es saniert und bewohnbar gemacht. Die Belegung kann aufgrund des Gebäudezustandes voraussichtlich erst 2024 erfolgen.
Rund 4.900 Geflüchtete im vergangenen Jahr
Im vergangenen Jahr wurden dem Wetteraukreis rund 4.900 Flüchtlinge zugewiesen. Im Vergleich zur sogenannten „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 ist das fast eine Verdopplung: Damals wurden insgesamt 2.506 Personen aufgenommen. Im Vergleich zu 2021 haben sich die Zuweisungszahlen sogar verachtfacht.
Allein 2022 hat der Wetteraukreis rund 900 zusätzliche Plätze für Geflüchtete geschaffen. Auch in 2023 wurden bereits zusätzliche Plätze durch den Wetteraukreis geschaffen: Bis Anfang Juni können zum Stand heute weitere rund 400 Plätze generiert werden.
Die Schaffung weiterer Unterkünfte gestaltet sich zunehmend schwierig – vor diesem Hintergrund hat der Kreisausschuss bereits Mitte Oktober 2022 auch formal festgestellt, dass sich der Kreis in einer „Notsituation“ befindet.