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Erwin Jahn: Eine Ära geht zu Ende

Landrat Jan Weckler dankte Erwin Jahn (links) für seine jahrzehntelange Arbeit im Personalrat der Kreisverwaltung Wetterau. Foto: Pressedienst Wetteraukreis

Ein leidenschaftlicher Personalrat geht in den Ruhestand

WETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - Nach mehr als drei Jahrzehnten als freigestellter Personalrat und nach mehr als 46 Dienstjahren geht Erwin Jahn in den wohlverdienten Ruhestand.

Landrat Jan Weckler bezeichnete den langjährigen Personalvertreter als kompetenten und verlässlichen Partner und dankte Jahn für seine Arbeit zum Wohle der Beschäftigten der Kreisverwaltung.

Als 17-jähriger Verwaltungslehrling fing Erwin Jahn am 1. August 1975 seine Ausbildung bei der Kreisverwaltung Wetterau an.

Nach dreijähriger Ausbildung und Einsätzen in verschiedenen Dienststellen und Ämtern, wie der Poststelle, dem Amt für Planung und Strukturverbesserung im Haupt- und Personalamt und schließlich in der Asylstelle, wurde er im Juni 1990 als freigestelltes Mitglied des Personalrates gewählt.

Noch im gleichen Jahr übernahm er den Vorsitz des Gremiums, das er mehr als 30 Jahre innehatte. Nach der letzten Personalratswahl trat er zurück ins Glied. „Ich bin froh, die Verantwortung jetzt in jüngere Hände zu geben und einen geeigneten Nachfolger gefunden zu haben“, sagt Erwin Jahn.

Zu den Aufgaben eines Personalrates gehört es, sich für die Belange der Beschäftigten gegenüber der Kreisspitze einzusetzen. Die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht unbedingt die gleichen wie die der Kreisspitze, zum Beispiel wenn es um Fragen der Höhergruppierung geht.

„Während die Arbeitgeber lieber Personalkosten einsparen, möchte die Personalvertretung für die Beschäftigten angemessene Löhne. Dafür müssen wir auch streiten“, so Erwin Jahn.

Erwin Jahn engagiert sich seit Beginn seiner Amtszeit in der paritätisch besetzten Stellenbewertungskommission für die gerechte Eingruppierung und Besoldung der Beschäftigten.

Wichtige soziale Leistungen, wie etwa die Cafeteria oder dass endlich ein Jobticket für die Beschäftigten der Kreisverwaltung eingeführt wurde, zählt Erwin Jahn zu den Verdiensten, die er mit seine Kolleginnen und Kollegen im Personalrat durchsetzen konnte.

Auch die Stufenverbesserung, also die Verkürzung der Dauer bis zum Erreichen der nächsten Erfahrungsstufe, zählt Erwin Jahn zu seinen Erfolgen.

Die Kreisverwaltung wird mit immer neuen Aufgaben betraut, die letztendlich auch die Beschäftigten immer mehr belasten. Viele Stellen sind mittlerweile nicht besetzt, für manche Kolleginnen und Kollegen bedeutet das eine große Beanspruchung.

„Deswegen konnten wir mit der Einführung des Instruments der Überlastungsanzeige zumindest dafür sorgen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgesichert sind, wenn es um die rechtliche Beurteilung ihrer Entscheidungen geht“, schildert Erwin Jahn.

Bleistifte und Radiergummi nur gegen Antrag

Eine weitere wichtige Aufgabe der Personalvertretung ist die Beratung der Beschäftigten bei Konflikten im Team oder mit Vorgesetzten. Zu den neuen Herausforderungen zählen Fragen wie Online-Zugangsgesetz, E-Government oder die Digitalisierung der Verwaltung.

Heute ist nichts mehr so, wie es zum Dienstantritt von Erwin Jahn im Jahre 1975 war. Damals gab es allenthalben noch mechanische Olympia-Schreibmaschinen. Ein Kopierer reichte für die ganze Verwaltung. Um eine Kopie anzufertigen, brauchte man schon eine Begründung.

Ansonsten verhalf man sich mit Durchschlagpapier. Die Materialbeschaffung war ein bürokratischer Akt, bei dem gegen Antrag und Unterschrift Bleistifte, Radiergummi und Papier ausgehändigt wurden.

Sieben Landräte und 14 Beigeordnete

Als Vorsitzender des Personalrats ist der direkte Draht zur Kreisspitze wichtig. Insgesamt sieben Landräte und 14 Beigeordnete hat Erwin Jahn als Mitarbeiter und später als Personalratsvorsitzender erlebt.

Nach Arno Kuhn in dessen Amtszeit (1972 – 1979) Jahn seine Karriere in der Kreisverwaltung begann, kamen die Landräte Münch (1979 – 1984) und Beyer (1984 – 1985). Herbert Rüfer (1985 -1992) begegnet er schließlich als Personalvertreter.

Es folgten Rolf Gnadl (1992 bis 2007) und Joachim Arnold (2008 bis 2017). Seit 2018 ist Jan Weckler als Landrat und Personaldezernent Ansprechpartner für den Personalrat.

Der Ritchie Blackmore der Verwaltung

Erwin Jahn ist bekennender Hardrocker und Fan der 70er-Jahre-Kultband Deep Purple. Bei Betriebsfeiern und Ausflügen, aber auch bei Festen in seiner Heimatgemeinde Wölfersheim hat er sich als Sänger und Interpret von Songs von AC/DC, Deep Purple, Rainbow, Rolling Stones und Whitesnake hervorgetan.

Seine lustigen Gedichte auf Kolleginnen und Kollegen sind legendär, genauso wie seine Fähigkeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Originale der Kreisverwaltung zu imitieren.

Die Arbeit als Personalrat hat ihn reifen lassen, wie er selbst sagt, aus einem schüchternen Lehrling ist ein leidenschaftlicher Personalrat geworden, der bei Reden in Personalversammlungen zur Hochform aufläuft.

Was Kleiderordnung angeht, liebt es Erwin Jahn lieber leger. Schlips und Kragen waren ihm immer zuwider und seine Haarmode ist, nun ja, eigenwillig im Stil der 70er Jahre.

Als Auszubildender trug er die Haare blond gelockt und schulterlang, was dazu führte, dass ein Kollege ihn als ‚Haschbruder‘ bezeichnete, zumindest zu Beginn der Ausbildungsphase.

Drei Monate später klopfte er ihm auf die Schulter: „Bist ein guter Mann, nur die Haare, die müsstest Du Dir schneiden lassen.“

Der bekennende Fan der Frankfurter Eintracht und leidenschaftliche Jogger wird in Zukunft mehr Zeit für sich und seine Hobbies haben, und alte Freundschaften müssen gepflegt werden.

„Mit Erwin Jahn geht eine Legende mit Charakter in der Kreisverwaltung in den Ruhestand. Der engagierte Einsatz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war für ihn handlungsleitend. Wie kein anderer hat er die Personalratsarbeit in der Kreisverwaltung über Jahrzehnte geprägt.

Die Sache stand bei ihm im Mittelpunkt. Fernab von jedem Fundamentalismus war er konsensual und vermittelnd unterwegs. Auch in Abwägung unterschiedlicher Sichtweisen ging es ihm immer um gute Lösungen sowohl im Einzelfall, aber auch für die gesamte Kreisverwaltung“, würdigt Landrat Jan Weckler abschließend den scheidenden Personalrat Erwin Jahn.