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Kostbarkeiten aus dem Walbe-Archiv: Friedberg auf der Kaiserstraße

Die Reichskrone in der Kaiserstraße 35 ist ein dreigeschossiger traufständiger Bau von stattlichen Ausmaßen, heißt es in der Denkmaltopographie für den Wetteraukreis. Wie bereits der Vorgängerbau beherbergte auch das barocke Gebäude das Gasthaus zur Reichskrone. Im Jahre 1718 soll hier der preußische König Friedrich Wilhelm I. darin übernachtet haben. Das Haus Nr. 33 stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert. Das Fachwerkhaus war zur Zeit der Fotografie von Heinrich Walbe um 1910 verputzt und beherbergte damals ein Geschäft für Bürsten und Spielwaren.

In den Häusern daneben in Richtung Burg verkaufte Bäcker Rosenschon Brot und Kuchen. Albert Bechstein unterhielt hier seine Leder- und Holzhandlung und bei Jean Kögler gab es nicht nur Tapeten und Linoleum, sondern auch Wachstuche, Kokosläufer und Buntglaspapier.

Die beiden Häuser Kaiserstraße 19 und 21. Die Aufnahme stammt aus dem Herbst des Jahres 1914. Deutschland befindet sich im Krieg. Die Begeisterung ist noch groß, und der Junge im Vordergrund trägt stolz seine Matrosenkappe. In der Kaiserstraße 120 befand sich das Rathaus der Stadt. Das Gebäude stammt aus den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts. Etwas älter ist das vorliegende Geschäftshaus.

Die andere Straßenseite, Kaiserstraße/Ecke Wolfengasse. Hier betrieb die Witwe von Georg Engel eine Logierwirtschaft. Das Bier kam von der Röderberg Brauerei in Frankfurt, die passend zur Zeit mit martialischen Bierdeckeln auf sich aufmerksam machte.

WETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - In einer Zeit, in der millionen- oder milliardenfach auf den Auslöser von Fotoapparaten oder Handys gedrückt wird, gibt es kaum etwas, das nicht mehr oder minder auf Dauer festgehalten wird. Anders war es vor hundert Jahren, als Heinrich Walbe mit der Kamera loszog und das Leben in der Wetterau festhielt.

Eine Vielzahl seiner Bilder sind im Walbe-Archiv erhalten geblieben, es gehört zu den wertvollen Schätzen des Wetterauer Medienzentrums. Einige der Bilder, die zwischen 1903 und 1932 entstanden sind, wollen wir in den nächsten Wochen präsentieren. Sie zeigen vor allem Gebäude, aber auch Ausschnitte aus dem Leben in unserer Region.

Für die meisten Menschen war es ein einfaches Leben, das von harter körperlicher Arbeit geprägt war. Man wohnte bescheiden und für unsere Begriffe meist unvorstellbar eng zusammen. Die Zahl der Kinder war groß, sie immer satt zu bekommen, war keine leichte Aufgabe. Was heute manchmal als „gute alte Zeit“ glorifiziert wird, war für die Menschen damals ein harter Kampf, der täglich neu geführt werden musste.

Heinrich Walbe, 1865 in Schlesien geboren, hat nach seinem Studium der Architektur an mehreren Orten als Architekt gearbeitet und wurde im Jahre 1902 ordentlicher Professor für Baukunst an der Technischen Hochschule Darmstadt. Gleichzeitig wurde er zunächst kommissarischer und dann im Jahr darauf Denkmalpfleger für die Provinz Oberhessen des Großherzogtums Hessen.

Auch schriftstellerisch war Heinrich Walbe aktiv, vor allem sein Werk „Das Hessisch-Fränkische Fachwerk“ gilt als Standardwerk. In seiner Zeit als Denkmalpfleger und für seine Studien über die hessisch-fränkische Baukunst hat Heinrich Walbe eine Vielzahl von Fotografien gemacht, die zumindest, was den Teil der heutigen Wetterau angeht, im Medienzentrum des Wetteraukreises erhalten sind.

Die Bilder wurden digitalisiert und dauerhaft für die Nachwelt erhalten. Damit können auch künftige Generationen von diesem reichen Schatz profitieren.

In den kommenden Wochen werden wir einmal in der Woche Bilder aus dem Walbe-Archiv mit Hinweisen aus der Denkmaltopografie für den Wetteraukreis veröffentlichen. Heute haben wir drei Bilder aus Friedberg ausgewählt. Gezeigt werden Ansichten der Kaiserstraße.

Friedberg auf der Kaiserstraße

Friedbergs Einwohnerzahl vervierfachte sich in der Zeit vom frühen 19. Jahrhundert bis zum Jahre 1910 von 2.500 auf knapp 10.000. In dem Zeitraum um 1900 entstand jenes Stadtbild Friedbergs, das im Zusammenhang mit dem mittelalterlichen Kerngebiet bis in die Gegenwart prägend für den Gesamteindruck geblieben ist, heißt es in der Denkmaltopographie für den Wetteraukreis.

Die Kaiserstraße hat sich in diesen 100 Jahren zur wichtigsten Straße in Friedberg entwickelt mit öffentlichen Gebäuden wie Rathaus und Theologisches Seminar, Amtsgericht und Kulturinspektion und es gab eine Vielzahl von Geschäften in der Kaiserstraße.