Friedberger setzen Zeichen gegen Rassismus
WETTERAUKREIS. - Rund 500 Menschen kamen am gestrigen Mittwoch (26. Februar) zum Gedenken an die Ermordeten von Hanau.
Eingeladen hatte die Antifaschistische Bildungsinitiative um Andreas Balser. 40 Initiativen, Vereine, Kirchen, Beiräte und die demokratischen Parteien unterstützten die Veranstaltung.
Landrat Jan Weckler sprach von einer Saat, die Rechtsradikale und Rechtspopulisten gelegt hätten und jetzt aufginge.
„Den Worten der Gewalt folgten die Taten der Gewalt.“ Weckler beklagte die zunehmende Verrohung des gesellschaftlichen Miteinanders in Deutschland.
Das habe auch etwas mit dem Umgang in den sozialen Medien zu tun. Hier sei es leicht anonym, hasserfüllte Parolen zu verbreiten und verunglimpfende Kommentare zu hinterlegen.
Rechtsradikale und Rechtspopulisten wollen auf diesem Wege dazu beitragen, die parlamentarische Demokratie, den Rechtsstaat, die offene pluralistische Gesellschaft zu zerstören.
Es seien solche Parolen, die den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke möglich gemacht hatten, den Anschlag auf die Synagoge in Halle und die Morde von Hanau.
„Wir müssen uns mit den geistigen Brandstiftern auseinandersetzen. Das ist die Herausforderung unserer Zeit.“
Um den demokratischen Rechtsstaat und die pluralistische Gesellschaft zu verteidigen, „müssen wir nicht nur standhaft sein, wir müssen mit allen Mitteln des demokratischen Rechtsstaats gegen Hassbotschaften und Volksverhetzungen vorgehen, auch in den sozialen Medien.“
Weckler nannte es als gutes Zeichen, dass so viele Menschen auf den Friedberger Europaplatz gekommen sind, um gegen Hass und Gewalt, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren.
Weckler zitierte Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Dort stehe, dass die Würde des Menschen unantastbar sei.
Das gelte für alle Menschen, nicht nur für Deutsche. „Die Morde von Hanau haben einen düsteren Schatten über unser Land gelegt, aber mit Veranstaltungen wie heute Abend senden wir ein Licht der Hoffnung in die Dunkelheit.“
Nach dem Landrat sprachen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Organisationen und Ausländerbeiräte. Bei allen Rednerinnen und Rednern stand das gemeinsame Aufstehen und Handeln gegen Rechts im Vordergrund.
Friedbergs Bürgermeister Dirk Antkowiak drückte sein Mitleid für die Angehörigen der Opfer aus und zitierte unter anderem den Artikel 3 des Grundgesetzes, wonach niemand aufgrund seiner Rasse, seiner Nationalität, seines Geschlechts oder seines Glaubens benachteiligt werden dürfe.
Manfred Linss, Vorsitzender des Vereins Grätsche gegen Rechtsaußen, überreichte Landrat Jan Weckler und Bürgermeister Dirk Antkowiak ein Schild mit der Aufschrift: „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ und der Bitte sie am Rathaus und Kreishaus an sicherer und geeigneter Stelle anzubringen.
Manfred de Vries, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Bad Nauheim, streckt seine Hand an alle muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger aus: „Wir müssen die Zukunft gemeinsam gestalten und ich habe große Hoffnung, dass wir auch dann gemeinsam stehen, wenn es gegen Juden geht.“
Nach den ersten Ansprachen trat Cemil Dencer auf. Die junge Studentin sang zwei Lieder, eines in türkischer und eines in kurdischer Sprache, bewegende Stücke, Lieder über Liebe und Toleranz.
Dann folgten vier weitere Redner, Kathrin Anders, Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, nahm das Motto der Mahnwache „Wir stehen zusammen“ zum Anlass, dieses Zusammenstehen überall zu fordern, wo rechtes Gedankengut geäußert wird.
„An den Stammtischen, im Fußballverein oder an der Kasse im Supermarkt, überall wo Rassismus und Hetze geäußert wird, müssen wir zusammenstehen und deutlich machen, dass wir das nicht wollen.“
Lisa Gnadl, Landtagsabgeordnete der SPD, sprach von Fassungslosigkeit, Trauer und auch Wut, dass so ein rechtsextremistisch und rassistisch motivierter Hass dazu geführt hat, dass Menschen getötet wurden.
Peter Heidt, Bundestagsabgeordneter der FDP, bezeichnete den Anschlag in Hanau als Anschlag auf unsere offene Gesellschaft und auf unser Land. Heidt bezeichnete den Rechtsextremismus als größte Gefahr für unsere Demokratie.
Hermann Schaus, Landtagsabgeordnete der Linken, sagte, dass in Hanau deutlich wurde, wie schnell aus rassistischen Worten rassistische Taten folgen. „Die Opfer in Hanau waren keine Fremden, sie waren unsere Schwestern und Brüder.“
Nach den Redebeiträgen sang Tony Volkov, der schon die Veranstaltung mit „Imagine“ von John Lennon eröffnet hat, das Lied der Edelweißpiraten, einer antifaschistischen Widerstandsgruppe im Nationalsozialismus.
Zum Abschluss kamen noch die Vorsitzenden der Ausländerbeiräte Bad Vilbel und Bad Nauheim zu Wort.
Isil Yönter aus Bad Vilbel sprach von einer grausamen Spur rechter Gewalt, die sich durch Deutschland zieht. „Hetze und Hass haben die Mitte der Gesellschaft erreicht.“
Sinan Sert, Vorsitzender des Ausländerbeirates Bad Nauheim, erinnerte an Schweigemärsche und Trauerfeiern, die schon vor 30 Jahren im Zuge der rassistischen Verbrechen in Mölln und Solingen, in Hoyerswerda und Rostock stattfanden. Er forderte die Politik auf, mehr zu tun.
Mehmet Turan, Vorsitzender des internationalen Zentrums Friedberg, verlas zum Schluss der Veranstaltung die Namen der Opfer des Terroranschlags von Hanau.
Nach einer Schweigeminute endete eine würdige Gedenkveranstaltung auf dem Friedberger Europaplatz mit der Niederlegung weißer Rosen am trauerumflorten Fahnenmast.