Landrat Weckler: Kreisverwaltung ist auch in Corona-Zeiten handlungsfähig
WETTERAUKREIS. - Die Kreistagssitzung am vergangenen Mittwoch, 20. Mai, stand ganz im Zeichen von Corona. Statt wie üblich im Plenarsaal des Friedberger Kreishauses fand die Sitzung mit verkleinertem Parlament in der Stadthalle in Friedberg statt.
Landrat Jan Weckler nutzte die Gelegenheit und gab einen Überblick über Maßnahmen und Organisation der Kreisverwaltung in Zeiten von Corona.
„Wir haben schon erste interne Gespräche zum Thema geführt, bevor Corona das Ausmaß einer weltweiten Pandemie annahm.“
Ende Februar kam erstmals der Krisenstab zusammen, der sich mit dem Lockdown zunächst zweimal täglich traf. Mit zunehmender Routine wurde der Tagungsrhythmus auf einmal täglich und kürzlich auf zweimal wöchentlich sowie auf den Bedarfsfall reduziert.
Mit den täglichen Lagemeldungen werden die Mitglieder des Stabes aktuell informiert. Die Meldungen werden dann als Pressemitteilung sowie im Internet und auf Facebook veröffentlicht.
Dem Krisenstab gehören neben Landrat Jan Weckler, Erste Kreisbeigeordnete Stephanie Becker-Bösch, Kreisbeigeordneter Matthias Walther, der Leiter des Friedberger Gesundheitsamtes, Dr. Reinhold Merbs, dessen Stellvertreter Jürgen Nickel sowie weitere Fachleute des Gesundheitsamtes und des Katastrophenschutzes an.
Auch Kreisbrandinspektor Lars Henrich, Rechtsamtsleiter Andre Linhart, Vertreter der Polizei und Kreispressesprecher Michael Elsaß gehören dem Gremium an.
Die Verwaltung muss funktionieren
„Grundsätzlich gilt für uns als Wetteraukreis, dass in der aktuellen Situation die Konzepte und Regelungen der verschiedenen Ebenen von Bund, Land, Landkreisen und Kommunen aufeinander abgestimmt sein müssen.
Deswegen wird es mit uns auch keine unabgestimmten Alleingänge geben. Dies würde die ohnehin bestehende Verunsicherung in Teilen der Bevölkerung noch verstärken“, so Weckler.
Um die Kreisverwaltung auf die neue Lage einzustimmen, hat Landrat Weckler zudem einen Verwaltungsstab einberufen, der ebenfalls zweimal in der Woche tagt.
Er bewertet die aktuelle Entwicklung und bereitet entsprechende Maßnahmen vor, um den Betrieb der Kreisverwaltung sicherzustellen. Dem Verwaltungsstab gehören neben den Dezernenten die wichtigsten Führungskräfte der Kreisverwaltung an.
Eine der ersten Entscheidungen aus dem Verwaltungsstab war die Anpassung der internen Organisation der Kreisverwaltung, um die systemrelevanten Arbeitsbereiche unter allen Umständen handlungsfähig zu belassen.
Dazu gehörte die Ausweitung der Heimarbeit, aber auch Formen des Schichtbetriebs. Viele Prozesse und Handlungsabläufe mussten angepasst werden. Statt regem Publikumsverkehr werden jetzt viele Verwaltungsangelebenheiten per E-Mail oder telefonisch erledigt.
Persönliche Vorsprachen in der Kreisverwaltung sind nur nach vorheriger Anmeldung und unter Einhaltung der Hygienevorgaben möglich.
Die 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung werden regelmäßig über einen Newsletter des Landrats über alle Veränderungen in der Verwaltung informiert.
„Uns war es wichtig, unter Berücksichtigung der jeweiligen Sachlage, zeitnah alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch unsere Kundinnen und Kunden vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen.
Gleichzeitig muss die Kreisverwaltung gerade in ihrer Funktion als staatliche Institution auch weiter handlungsfähig bleiben“, betont Landrat Jan Weckler.
Gesundheitsamt verstärkt
Auf das Gesundheitsamt des Wetteraukreises kamen in den vergangenen Wochen gewaltige Herausforderungen zu. „Wir haben darauf reagiert, indem wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Verwaltungseinheiten für die Arbeit im Gesundheitsamt freigestellt haben“, erläutert der Landrat.
Dort können je nach Bedarf aktuell bis zu 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt werden, um die Nachverfolgung von Kontaktpersonen nach dem Infektionsschutzgesetz zu organisieren. Auch hier ist eine weitere Aufstockung für den Bedarfsfall geplant.
Bei einem Ausbruchsgeschehen, etwa in einer Gemeinschaftseinrichtung, übernimmt das Gesundheitsamt vor Ort auch die Testungen.
Das ist in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen, etwa in Alten- und Pflegeheimen, in Behinderteneinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber. Ansonsten werden die Abstriche zum Corona-Test von den zuständigen Hausärzten vorgenommen.
Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit
Die Kommunikation nach außen hat für Landrat Jan Weckler gerade in Zeiten der Corona-Pandemie eine große Bedeutung. Rund 100 Pressemitteilungen wurden seit Ende Januar über die Tagespresse, über das Internet und Soziale Medien veröffentlicht: „Hier geht es um Transparenz und Aufklärung in der Sache. Legendenbildung wollen wir möglichst nicht aufkommen lassen.“
Die Öffentlichkeitsarbeit hat allerdings ihre Grenzen, die da beginnen, wo der Schutz persönlicher Daten betroffen ist. „Anfangs, als wir noch wenige Fälle hatten, hatten wir darauf verzichtet, die Infektionsfälle nach Kommunen zu veröffentlichen, weil das bei der geringen Fallzahl nur zu Spekulationen vor Ort geführt hätte.
Wir hatten beispielsweise zu Beginn Anrufe von besorgten Bürgern, die einen Krankenwagen in ihrer Straße gesehen hatten und fragten, ob der Nachbar mit Corona infiziert sei.“
Die intensive Öffentlichkeitsarbeit hat auch dazu beigetragen, souveräner mit dem Virus umzugehen. „Die Wetterauerinnen und Wetterauer halten weitgehend die Regelungen ein, tragen die Mund-Nasen-Bedeckung im Nahverkehr und beim Einkaufen.
Auch das hat mit dazu beigetragen, dass das Infektionsgeschehen im Wetteraukreis so moderat verläuft“, betont Landrat Jan Weckler.
Politik findet auch in Corona-Zeiten statt
Alle Sitzungen der Kreisgremien finden, wenn auch unter veränderten Rahmenbedingungen, statt. Darauf haben sich alle im Kreistag vertretenen Parteien im Ältestenrat verständigt. Bislang ist nur die Kreistagssitzung am 18. März 2020 ausgefallen.
Die Tagesordnung wurde in der Sitzung am 20. Mai 2020 nachgeholt. „Die demokratischen Prozesse der Entscheidungsfindung müssen aber auch während einer Pandemie möglich sein“, sind sich Kreistagsvorsitzender Armin Häuser und Landrat Jan Weckler einig.
Mit der Hälfte der Besetzung fand die Kreistagssitzung am vergangenen Mittwoch statt. 43 Kreistagsmitglieder nahmen an der Sitzung teil, auch vor dem Hintergrund, dass einige Parlamentarier zu der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe gehören. Aber auch die verkleinerten Fraktionen haben die Mehrheitsverhältnisse im Kreistag abgebildet.
„Der politische Diskurs“, so stellten Kreistagsvorsitzender Armin Häuser und Landrat Jan Weckler fest, „findet weiter statt. Die Entscheidungen der Gremien werden getroffen und nicht auf die lange Bank geschoben.
Das ist ein wichtiges Signal, dass unsere demokratische Grundstruktur als Fundament unserer Staatsordnung auch in einer ‚neuen Normalität‘ funktioniert.“
Telefonkonferenzen mit Bürgermeistern
Die Kommunikation mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Wetteraukreis findet jetzt per Telefon statt. Vor dem Lockdown Mitte März fand noch eine außerordentliche Bürgermeister-Dienstversammlung zum Themenkomplex Corona im Plenarsaal des Friedberger Kreishauses statt.
Seitdem findet die Kommunikation per Telefon statt. In einem Rhythmus von etwa 14 Tagen tauschen sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit der Kreisspitze in einer Telefonkonferenz aus.
„So können wir unter anderem auf das reagieren, was in den Videokonferenzen zwischen Bund und Ländern vereinbart wurde“, berichtet der Landrat.
Herausforderung Schule
Der Wetteraukreis ist Schulträger und verantwortlich für den Betrieb von 88 Schulen, die von rund 36.000 Schülerinnen und Schülern besucht werden.
Bei der behutsamen Öffnung der Schulen für den Schulbetrieb hat der Wetteraukreis in Ergänzung zum Hygieneplan des Landes ein Hygienekonzept für die Schulen verschickt.
„Auch hier wurde dieses Hygienekonzept mit dem Hygieneplan des Landes abgestimmt, um nicht durch gegenteilige Aussagen zur Verunsicherung beizutragen“, betont Landrat Jan Weckler, der wenig hält vom Vorpreschen einzelner Landkreise, die mit eigenen abweichenden Konzepten an die Öffentlichkeit gegangen sind.
Kassensturz steht noch bevor
Zu den systemrelevanten Aufgaben in der Kreisverwaltung zählt auch der Sozialbereich. „Denn die Unterstützung von bedürftigen Einzelpersonen und Familien müsse natürlich weiterlaufen.
Wir wollen soziale Strukturen erhalten und unterstützen auch die Träger sozialer Einrichtungen. Wie sich die Corona-Krise in konkreten Zahlen auf die Kreisfinanzen auswirkt, ist aktuell seriös noch nicht messbar.
Wir müssen allerdings davon ausgehen, dass die Corona-Krise massive Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen haben wird.“
Ziel: Stabilität und Erhalt des Erreichten
Schon jetzt erreichen den Landkreis erste Meldungen, dass es in Städten und Gemeinden zu Einbrüchen bei der Gewerbesteuer kommt. Die Sozialausgaben werden deutlich nach oben gehen.
In der Summe wird ein großer Verlust bei den Einnahmen erwartet, dem eine enorme Zunahme bei den Ausgaben gegenüberstehen wird.
Ein Finanzierungsvorbehalt steht über allen künftigen Projekten. Ein übergeordnetes Ziel wird die Stabilisierung und der Erhalt des Erreichten sein, soweit das möglich ist.
Weckler: Investitionen umsetzen - Krise bewältigen
Bei den Investitionen will der Wetteraukreis weiter in der Offensive bleiben. „Investitionsmaßnahmen mit Hilfe von Förderprogrammen wie KIP, Hessenkasse oder Digitalpakt werden wir trotzdem umsetzen. Das sind Anreize, die die Wirtschaft braucht.
Die Corona-Krise trifft jeden und jede in unserem Land, Einzelpersonen, Handwerk, Gastronomie oder Unternehmen, aber auch den Staat in allen seinen Ebenen, von der kleinsten Gemeinde bis zum Bund.
Wir sind aber ein starkes Land mit Menschen, die schon andere Krisen überstanden haben. Auch wenn uns die Folgen von Corona lange beschäftigen werden, so werden wir doch schlussendlich auch diese Herausforderung bewältigen“, so abschließend Landrat Jan Weckler.