Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
WETTERAUKREIS. - âNull Toleranz gegenĂŒber hĂ€uslicher Gewaltâ, fordert Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch. Der morgige 25. November ist der Tag gegen Gewalt an Frauen. âFrei leben â Tag gegen Gewaltâ steht deshalb auf der Fahne vor dem Kreishaus am Europaplatz.
Gewalt hat viele Gesichter, sie reicht von der Gewalt, die Menschen in Kriegen und Konflikten erleben bis hin zur hÀuslichen Gewalt. Gewalt gegen Frauen und Kinder gehört auch zu den Themenschwerpunkten des Fachdienstes Frauen und Chancengleichheit.
Claudia Taphorn ist Frauenbeauftragte und im Fachdienst Frauen und Chancengleichheit mit dem Schwerpunkt Gewaltschutz tĂ€tig. Sie hat in Frankfurt Diplom-Sozialarbeit studiert, ihr Anerkennungsjahr beim KinderbĂŒro der Stadt Frankfurt absolviert und ist seit April 2010 beim Wetteraukreis.
Zuerst im Erzieherischen Jugendschutz bei der Fachstelle Jugendarbeit und seit Juli 2014 beim Fachdienst Frauen und Chancengleichheit. Mit Kornelia SchĂ€fer, Leiterin des Fachdienstes, teilt sie sich die GeschĂ€ftsfĂŒhrung des KreisprĂ€ventionsrates.
Im GesprĂ€ch sind es vor allem zwei Gebiete, die sie als Beispiele ihrer Arbeit zum Gewaltschutz herausgreift. Das PrĂ€ventionsprojekt âHeartbeatâ und der Schutz vor hĂ€uslicher Gewalt in FlĂŒchtlingsunterkĂŒnften.
Das Projekt âHeartbeatâ leitet Claudia Taphorn zusammen mit ihrer Kollegin Sarah Parrish, die im Fachdienst fĂŒr die MĂ€dchenarbeit zustĂ€ndig ist. âHeartbeatâ ist ein junges und kreatives Projekt, das Jugendliche motivieren soll, ihre Beziehungskompetenzen zu erweitern und ein GefĂŒhl fĂŒr die eigenen Grenzen und grenzĂŒberschreitendes Verhalten zu bekommen.
ââHeartbeatâ begann im November 2016 und besteht aus sechs Workshopsâ, erzĂ€hlt Claudia Taphorn. âWir wollen die Jugendlichen auf Warnzeichen und Grenzverletzungen in Beziehungen aufmerksam machen und sie dazu anregen, sich mit ihren GefĂŒhlen, Werten, Orientierungen und Einstellungen in Bezug auf Liebe, Partnerschaft, MĂ€nner- und Frauenrollen auseinander zu setzen.â Die Methoden der Workshops: von Graffiti und Theater bis zu Hip-Hop und Trickfilm.
Dass grenzĂŒberschreitendes Verhalten in jugendlichen Beziehungen durchaus ein Thema ist zeigen die Ergebnisse einer Studie der Hochschule Fulda. Es ist die bislang einzige Studie im deutschsprachigen Raum zum Thema âGewalt und Grenzverletzungen in Teenagerbeziehungenâ.
Befragt wurden 500 hessische SchĂŒlerinnen und SchĂŒler ĂŒber emotionale, körperliche und sexuell schwierige Erfahrungen. Ergebnis: 68 Prozent der MĂ€dchen und 60 Prozent der Jungen haben Gewalt oder Grenzverletzung in einer Liebesbeziehung erfahren.
âWir machen die Erfahrung, dass Jugendliche selbst ihre Erlebnisse banalisieren und kein richtiges Empfinden fĂŒr ihre Grenzen habenâ, sagt Claudia Taphorn. Dass der Freund die Nachrichten auf dem Handy seiner Freundin liest, wird als durchaus normal angesehen. âHinzu kommt, dass dies als Indikator fĂŒr die Zuneigung gesehen wird. Dann wissen sie, es liegt ihm etwas an ihnen.â
Ein GefĂŒhl fĂŒr die eigenen Grenzen zu bekommen ist auch in einer Zeit von social media zu einer neuen Herausforderung geworden. Die Möglichkeiten der Kontrolle sind gröĂer geworden und vieles wird schnell als normal gesehen, was es eigentlich nicht ist. Hinzu kommt, dass die MĂ€dchen schneller in die PubertĂ€t kommen, sexuelle Erfahrungen frĂŒher gemacht werden, dies aber nicht automatisch einen reiferen Umgang damit mit sich bringt.
AuĂerdem ist Claudia Taphorn auch Trainerin im Projekt âGewalt, Sehen, Helfenâ des KreisprĂ€ventionsrates und arbeitet mit beim âRunden Tisches gegen hĂ€usliche Gewalt Wetterauâ.
Weitere Informationen unter: http://www.frauenseiten.wetterau.de/schutz-vor-gewalt
http://www.kreispraeventionsrat.wetterau.de/home/
Keine Toleranz gegenĂŒber hĂ€uslicher GewaltâŠ
⊠auch nicht in FlĂŒchtlingsunterkĂŒnften. Und so ist dies ein weiteres wichtiges Thema im Bereich Gewaltschutz des Fachdienstes Frauen und Chancengleichheit.
Die TÀter sind oftmals selbst Opfer, haben Gewalt im Heimatland oder auf der Flucht erlebt, kommen aus patriarchalisch geprÀgten Gesellschaften, aus LÀndern, in denen die Gewaltschwelle bei der Austragung von Konflikten niedriger ist.
Die Opfer, zumeist Frauen, sprechen wenig oder kein Deutsch, kennen die Hilfen nicht, die ihnen zustehen. Der TĂ€ter ist meist aus der eigenen Familie, nicht selten der eigene Mann, ohne den seine Frau sich in einem fremden Land noch schutzloser fĂŒhlt.
Hilfe zu holen könnte den Verlust des Aufenthaltsstatus nach sich ziehen. Davor haben sie verstĂ€ndlicherweise Angst. Hinzu kommt die Scheu gegenĂŒber der Polizei, der oft ein eigenes negatives Polizeibild aus dem Herkunftsland vorausgeht.
Weil zunĂ€chst die dringenden Fragen von Unterbringung und Versorgung bewĂ€ltigt werden mussten, war fĂŒr weitergehende Projekte wenig Zeit. Zu Beginn des Jahres wurde dann auf Initiative des Fachdienstes Frauen und Chancengleichheit eine Veranstaltung mit vielen internen und externen Vertretern abgehalten: Soziale TrĂ€ger, Polizei, Frauen-Notruf, Frauenhaus, Aufenthaltsbehörde, Fachstelle Migration, Leitstelle und andere.
Sie alle sollten eingebunden werden in ein gemeinsames Netzwerk, damit im Fall von hĂ€uslicher Gewalt schnell und kompetent geholfen werden kann. Ergebnis ist ein Handlungskonzept, das in den UnterkĂŒnften bei hĂ€uslicher Gewalt angewendet werden kann.
FĂŒr alle 80 hauptamtlichen Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen gibt es regelmĂ€Ăige Dienstbesprechungen, auch eine Fortbildung zum Thema Trauma wurde angeboten, fĂŒr Hausmeister und Sozialarbeiter gab es ein Training mit Deeskalationstechniken.