Familienfreundlichkeit als Unternehmenskultur
Landrat Jan Weckler zeichnet 19 Wetterauer Unternehmen ausWETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - Zum fünften Mal wurden Unternehmen aus dem Wetteraukreis für ihre Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausgezeichnet.
19 Unternehmen aus dem Wetteraukreis (Liste am Ende des Textes) wurden von Landrat Jan Weckler für ihre familienfreundlichen Angebote ausgezeichnet. Zwölf der Unternehmen sind schon zum zweiten Mal dabei, sieben wurden als neue in den Kreis der familienfreundlichen Unternehmen Wetterau aufgenommen.
„Wir freuen uns, dass das Interesse an der Auszeichnung nach wie vor vorhanden ist und auch durch die Pandemie nicht gebremst wurde. Insgesamt konnten wir 55 Unternehmen für Ihre familienfreundlichen Angebote auszeichnen“ so Kornelia Schäfer, Leiterin Fachdienst Frauen und Chancengleichheit.
Die Auszeichnung wird vom Wetteraukreis und dem Arbeitskreis Beruflicher Wiedereinstieg vergeben, dem neben dem Fachdienst Frauen und Chancengleichheit und dem Fachbereich Jugend und Soziales des Wetteraukreises, das Jobcenter Wetterau, die Agentur für Arbeit, FAB gGmbH, RDW Wetterau, das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft und die vhs Wetterau angehören.
Die Jury, in der die Kreishandwerkerschaft, die IHK, die Wirtschaftsförderung Wetterau und eine Unternehmerin vertreten sind hat über die Vergabe der Auszeichnung entschieden.
Deutlich wurde bei der Verleihung, dass Familienfreundlichkeit keine Frage der Größe oder der Branche ist. Familienfreundlichkeit und Chancengleichheit in Unternehmen ist eine Frage der Unternehmenskultur.
Alle ausgezeichneten Unternehmen haben seit Beginn der Pandemie die Möglichkeit zu Homeoffice und mobiler Arbeit ausgebaut oder neu eingerichtet. Was zunächst notwendig war, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und Eltern die Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen, hat für einen nachhaltigen Digitalisierungsschub gesorgt.
„Mobile Arbeit wird Bestandteil unserer Arbeitswelt bleiben. Videokonferenzen machen manche Fahrten zu Arbeitstreffen unnötig“, sagte Landrat Weckler. Gleichwohl sei es schön, sich auch einmal wieder live zu begegnen.
Die Erfahrung zeige, dass die Krise vor allem von den Unternehmen gut bewältigt wurde, die schon vorher familienfreundlich ausgerichtet waren, da hier eine flexible Arbeitsorganisation bereits eingespielt war.
„Die Vielfalt der Angebote und Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit in ihren Unternehmen zeigen, dass diese passgenau auf die Bedarfe der Beschäftigten ausgerichtet sind. Ziel ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie so leicht wie möglich zu machen.
Denn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier entlastet sind, haben den Kopf frei für Arbeitsaufgaben im Unternehmen“, betonte Landrat Jan Weckler.
Arbeitszeit und Arbeitsort sind wichtige Faktoren bei der Familienfreundlichkeit. Fast alle ausgezeichneten Unternehmen bieten flexible Arbeitszeitmodelle.
Vielfach gibt es Jahresarbeitszeitkonten. Die Möglichkeit zu Homeoffice und mobiler Arbeit wird ebenfalls geboten und im Notfall können auch Kinder mit zur Arbeit gebracht werden.
Wichtige Aspekte sind auch Führungsstellen in Teilzeit und der Anteil von Frauen in Führungspositionen. Einige Firmen gewähren Zuschüsse zur Kinderbetreuung, bieten Vätern längere Elternzeit und Teilzeitmodelle an und unterstützen Beschäftigte, die Angehörige gepflegt haben, beim beruflichen Wiedereinstieg. Abgerundet wird das alles durch vielfältige Gesundheitsangebote.
„Die Auszeichnung mache man nicht, um ihrer selbst willen, sondern wir wollen mit der Auszeichnung gute Beispiele zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie regional bekannt machen und andere Unternehmen zur Nachahmung anregen.
Ich bin überzeugt davon, dass eine familienfreundliche Unternehmenskultur zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Wetterau und zur Lebensqualität im Kreis beiträgt“, so Landrat Jan Weckler.
Der Fachkräftemangel macht sich in vielen Branchen bereits jetzt bemerkbar. Vor diesem Hintergrund ist Familienfreundlichkeit ein wichtiger Baustein zur Attraktivität und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens, gerade um Fachkräfte zu halten und zu gewinnen.
„In einer älter werdenden Gesellschaft“, so Landrat Weckler, „wird die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen. Pflegende Angehörige brauchen, wie Mütter und Väter auch, Zeit und Flexibilität für Familienaufgaben.
Beschäftigte, die von ihrem Betrieb bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt werden, sind zufriedener und motivierter bei der Arbeit.
Als einer der größten Arbeitgeber im Wetteraukreis haben wir mit den Angeboten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gute und langjährige Erfahrung gemacht.
Flexible Arbeitszeiten, verschiedene Teilzeitmodelle und die mobile Arbeit werden gut genutzt. Wir werben offensiv damit, um geeignete Fachkräfte zu gewinnen.“
Die 19 ausgezeichneten Unternehmen stammen aus ganz unterschiedlichen Branchen und haben ganz unterschiedliche Betriebsgrößen.
Vom Friseursalon, mit fünf Mitarbeiterinnen, bis hin zur Stadt Bad Nauheim, mit annähernd 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, reicht das Spektrum vieler Dienstleister, aber auch öffentliche Arbeitgeber und Unternehmen aus dem Sozialbereich, der IT-Branche und dem Gastgewerbe sind dabei.
Folgende Unternehmen wurden ausgezeichnet:
1. Auszeichnung
ARTEC IT Solutions GmbH, Karben
Capacilon GmbH & Co. KG, Butzbach
Dolce bei Wyndham Bad Nauheim
Stadt Bad Nauheim
NiSiPharm GmbH, Florstadt
RegIntA GmbH, Altenstadt
Riedel Networks GmbH & Co. KG, Butzbach
2. Auszeichnung
Amt für Bodenmanagement, Büdingen
@one IT GmbH, Friedberg
Behindertenhilfe Wetteraukreis gGmbH, Nidda
blue networks GmbH, Altenstadt
Johanniter-Stift Karben
NSCON Network Services & Consulting GmbH, Altenstadt
PUNKTUM Werbeagentur GmbH, Bad Vilbel
REWE Markt GmbH – Verwaltungsstandort Rosbach
Salon Mila, Nidda
Sparkasse Oberhessen, Friedberg
Technische Hochschule Mittelhessen, Friedberg
TMK Thomas Mack Kommunikation GmbH, Friedberg
Im Anschluss an die Übergabe der Auszeichnung moderierte Sabiene Döpfner nach einer Vorstellungsrunde mit den neu ausgezeichneten Unternehmen, die ihre Arbeit vorstellten und Besonderheiten, die sie zu familienfreundlichen Unternehmen machten.
Einen umfassenden Ansatz verfolgt das Unternehmen Capacilon aus Butzbach. „Hier gilt der Grundsatz: Familie geht vor. Mit der Vision, dass im Jahr 2050 alle Firmen diesen Leitsatz sich zu Eigen machen“, sagte Jai Tamhane, der zudem Nachhaltigkeit und Chancengleichheit als Teil der Unternehmenskultur bezeichnete.
Für Matthias Wieliki, Fachbereichsleiter in der Stadtverwaltung Bad Nauheim, ist Familienfreundlichkeit auch eine Frage der Kultur, die sich langsam aber sicher durchsetzt, auch vor dem Hintergrund, dass Kommunalverwaltungen wie andere öffentliche Arbeitgeber auch Probleme haben, ausreichend Nachwuchskräfte zu gewinnen.
Julia Gonzalez, von ARTEC IT Solution in Karben, hob die Unternehmenskultur und das Miteinander im Unternehmen hervor.
„Wir wollen glückliche Menschen in unserem Unternehmen, die so viel Zeit auf der Arbeit verbringen.“ Im Unternehmen in Karben gibt es Frauen in Führungspositionen auch in Teilzeit, ein Eltern-Kind-Büro und den Ansatz, dass Familienbedarfe hohe Priorität haben.
Für das Hotel Dolce by Wyndham in Bad Nauheim war Jesse Jansen gekommen, dem es ein Anliegen ist, in einem Gewerbe, das 365 Tage im Jahr an 24 Stunden für seine Gäste da ist, dennoch Familienfreundlichkeit herzustellen.
Das geschieht unter anderem, indem in den einzelnen Bereichen genau geschaut wird, wer in welchem Servicebereich am besten arbeiten kann und das mit seiner eigenen Familiensituation abstimmen kann.
Gemeinsame Besprechungen finden grundsätzlich nur in einer Kernzeit statt, in der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können. Und etwas ganz Besonderes betraf die Ausbildung während der Pandemiezeit.
Die wurde nämlich genutzt, um Kontakte zu Geschäftspartnern und Lieferanten zu knüpfen, so dass die Auszubildenden in der Küche oder im Service die ganze Wertschöpfungskette kennenlernen, beispielsweise bei Landwirten die Herstellung der Produkte.
Dr. Silke Sittner vertrat das Unternehmen NiSiPharm in Florstadt, das kein festes Büro kennt. Hier arbeiten alle Beschäftigten von zu Hause aus, bei freier Gestaltung der Arbeitszeiten, mit individuellen Teilzeitmodellen in Jahresarbeitszeitkonten und einer Arbeitsorganisation, die umfassend individuelle und familiäre Bedingungen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt.
Verena Knippel vertrat das Unternehmen RegIntA aus Altenstadt, ebenfalls aus der IT-Branche. Die insgesamt sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten verteilt in Deutschland, alle im Homeoffice.
Wöchentliche Absprachen zur Aufgabenverteilung, flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten und Arbeitszeiten angepasst an die familiären und individuellen Situationen sind auch hier Standards. Zweimal im Jahr gibt es gemeinsame Treffen vor Ort mit der ganzen Familie. Vertrauen ist hier das A und O.
Für Michael Martens, von Riedel Networks in Butzbach, ein IT-Anbieter mit knapp 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ist die Fähigkeit zum strukturierten Arbeiten gerade im Homeoffice und bei freier Zeiteinteilung ein ganz wichtiges Element zum Erfolg.
Eine Besonderheit sind die Frühstücksrunden mit Mitarbeiterschulungen, die aufgezeichnet und damit allen verfügbar gemacht werden, die nicht vor Ort sein können. Auch das ist ein einfacher Schritt zur Familienfreundlichkeit und Chancengleichheit für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ein erfolgreicher Abend, der allen Beteiligten viel gebracht hat, insbesondere der Austausch untereinander. Denn eines verbindet alle familienfreundlichen Unternehmen: Der Wunsch sich weiterzuentwickeln und ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben.