Hans Bär zu Besuch in seinem Heimatort Wohnbach
WÖLFERSHEIM. - Damit, dass er mit 95 Jahren nochmal in seinen Heimatort Wohnbach zurückkehren wird, hatte Hans Bär nicht gerechnet.
Mit 14 Jahren ist er nach Argentinien geflohen. Am vergangenen Sonntag wurde er in der Wohnbacher Turn- und Sporthalle von vielen interessierten Bürgerinnen und Bürgern empfangen.
Mehr Bürger als erwartet waren zum Empfang von Hans Bär in Wohnbach gekommen. So mussten noch kurzfristig weitere Tische und Stühle aufgestellt werden.
Der Arbeitskreis Dorfentwicklung hatte federführend die Organisation des Nachmittags übernommen.
Stellvertretend für die gebildete Arbeitsgruppe begrüßte Wolfgang Harmert die Gäste und führte durch das kurze Programm.
Viele Besucher ließen es sich zuvor nicht nehmen, Hans Bär persönlich zu begrüßen, so auch Bürgermeister Eike See und die Erste Beigeordnete Carmen Körschner, die sich in fließendem Spanisch ohne Sprachbarriere unterhalten konnte.
80 Jahre lang hat Hans Bär nicht mehr Deutsch gesprochen, seit er mit 14 Jahren nach Argentinien floh. 80 Jahre sind vergangen, seit seine Heimat damals zur Hölle wurde. Seit Kameraden ihn plötzlich nicht mehr grüßten, ihn beschimpften, das Dorf nicht mehr im Laden seines Opas einkaufte oder die Lehrersöhne ihn morgens in der Schule zusammenschlugen, weil ein Jude nicht den Hitlergruß machen dürfe.
Nachdem ihnen 20 Hektar Land entrissen worden waren, zogen sie zwangsweise nach Griedel. Vier Jahre später, im Jahr 1938, schließlich war es so weit, und zusammen mit seiner Mutter brach er nach Hamburg auf – um mit dem Schiff nach Buenos Aires zu fliehen.
In seiner kurzen Begrüßung ging Harmert auf den Kontakt und die Vorgeschichte des Besuches ein. Der Name Bär ist in der jüdischen Geschichte des Dorfes öfters zu finden. Zum Abschluss überreichte er Hans Bär und seiner Familie einige Geschenke.
Bücher über die jüdische Geschichte in Friedberg und Griedel, Blumen, ein von Christel Ortmann gemaltes Bild des alten Rathauses und eine Tasse mit dem alten Rathaus und ein Trikot des FC Wohnbach werden in wenigen Tagen als Erinnerungsstücke mit nach Argentinien reisen. Am Nachmittag besuchte Bär noch kurz den angrenzenden Sportplatz um den Fußballern zuzuschauen.
Nach einer Schweigeminute, in der man an die Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus erinnerte, trat Bürgermeister Eike See ans Rednerpult. In seiner Rede dankte er zunächst den vielen Ehrenamtlichen, die die Organisation des Nachmittags übernommen hatten.
„Ich bin stolz, Bürgermeister einer Gemeinde zu sein, in der sich so viele Bürger engagieren und in der für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus kein Platz ist“, so See. Er betonte, wie wichtig es sei, die Chance zu nutzen, von Zeitzeugen etwas über die Zeit des Nationalsozialismus zu erfahren und zeigte sich erfreut, dass Hans Bär diese Erfahrungen auch noch an Schüler weitergeben möchte.
Als Geschenk überreichte See ihm eine gerahmte und beglaubigte Kopie seiner Geburtsurkunde, die aus dem Gemeindearchiv gesucht wurde. Als letzter Redner trat Nicolai Sexauer ans Rednerpult, welcher berichtete, wie es zu dem Besuch kam.
Er hatte die Crowdfundingcampagne gestartet, bei der Bürger fast 10.000 Euro spendeten, um dem 95-jährigen den Besuch seiner Heimat zu ermöglichen. Mit zwei Liedern der Berschdbacher schloss der offizielle Teil des Besuchs ab.
Bei Kaffee und selbstgebackenen Kuchen klang der Nachmittag aus, und viele nutzten nochmals die Gelegenheit des persönlichen Austauschs.
Wer mehr über Hans Bär und seine Reise erfahren möchte, der sollte den Blog unter https://hansinwohnbach.wordpress.com besuchen. Ein Sendetermin für die vom Hessischen Rundfunk gedrehte Reportage, die auch auf ARTE zu sehen sein wird, steht derzeit noch nicht fest.