Interview mit Amtsarzt Dr. Reinhold Merbs
WETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - Immer weiter steigende Infektionszahlen verlangen den Gesundheitsämtern immer mehr ab.
Wir haben mit Amtsarzt Dr. Reinhold Merbs über steigende Inzidenzen und sinkende Krankenhauseinweisungen, über die Digitalisierung der Arbeit und neue Schwerpunkte der Arbeit gesprochen.
Frage: Herr Dr. Merbs: Am vergangenen Wochenende hat das Gesundheitsamt des Wetteraukreises mehr als 2.000 Neuinfektionen an das Robert-Koch-Institut gemeldet. Kann das Gesundheitsamt mit solchen Zahlen überhaupt noch umgehen?
Dr. Merbs: Ja, wir hatten eine ganze Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das ganze Wochenende durchgearbeitet haben. Zudem haben noch einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Homeoffice jetzt am Wochenende geholfen.
Wir schaffen es allerdings nicht mehr, jeden Betroffenen persönlich anzurufen. Was wir aber schaffen, ist, dass jeder zeitnah eine schriftliche Bestätigung über die Infektion bekommt. Das ist ja vor allem für Fragen des Genesenennachweises oder die Lohnerstattung wichtig.
Frage: Wo liegen aktuell die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Dr. Merbs: Die eingehenden Schnelltestmeldungen zu prüfen und einen PCR-Test zu veranlassen. Wir machen in unseren Teststellen am Tag 400 bis 500 Tests. Hinzu kommen Meldungen aus Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Altenheime oder Krankenhäuser.
Frage: Wie reagieren Sie darauf?
Dr. Merbs: Weiterhin durch geeignete Maßnahmen um Infektionsketten zu unterbrechen. Mittlerweile ist es ein Kampf gegen Windmühlen geworden. Die hohen Infektionszahlen belasten das Gesundheitsamt stark.
Frage: Was soll ich denn als Betroffener selbst machen, wenn ich einen positiven Schnelltest durchgeführt habe?
Dr. Merbs: Im Idealfall nimmt man mit uns per Mail Kontakt auf: gesundheitsamt(at)wetteraukreis.de und informiert uns über den positiven Test. Mit der Meldung beginnt schon die Quarantänezeit, d.h. Sie müssen sich unmittelbar isolieren. Danach erhält man vom Gesundheitsamt automatisch ein Schreiben aus dem alles Weitere hervorgeht (s. Anlage).
Frage: Mit welchen Konsequenzen?
Dr. Merbs: Es gibt zu fast 100 Prozent nur noch Omikron-Infektionen in unserem Bereich. Wie Omikron verläuft, wissen wir jetzt aus den Erkenntnissen der vergangenen sechs Wochen. Die Erfahrung zeigt, dass fast alle Infizierten milde Verläufe haben.
Wenn dem nicht so wäre, müssten wir bei einer Inzidenz von 1.350 ein total überlastetes Gesundheitssystem haben, was aber nicht der Fall ist. Omikron macht Symptome:
Man kann Kopf- und Gliederschmerzen haben, zwei Tage im Bett bleiben müssen, aber die schweren Atemnot-Ereignisse wie Lungenentzündungen, das was mit den Vorgängervarianten verbunden war, das beobachten wir hier zum Glück nicht.
Frage: Spricht das eigentlich dann noch für eine Impfung?
Dr. Merbs: Auch wenn die Omikron-Variante nur selten schwere Verläufe verursacht, so ist die Impfung nach wie vor der beste Schutz gegen das Virus, unabhängig von der Virus-Variante. Ich warne vor allzu viel Sorglosigkeit. Eine Impfung ist auf jeden Fall richtig.
Frage: Wenn ich als Arbeitnehmer krank bin, benötige ich ja für meinen Gehaltsausfall eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes. Wie lange dauert das, so etwas zu bekommen?
Dr. Merbs: Aktuell schaffen wir es noch, die kompletten Meldesätze abzuarbeiten und können durch die Wochenendarbeit auch ohne Rückstau in die Woche starten. Wenige Tage nach einem positiven PCR-Test erhält jeder postalisch die entsprechende Bescheinigung.
Frage: Es wird ja gerne behauptet, dass die Gesundheitsämter noch auf einem uralten technischen Stand sind. Wie bekommen Sie die Meldungen?
Dr. Merbs: Wir bekommen fast sämtliche Labormeldungen digitalisiert. Aber natürlich müssen wir auch hier Prüfungen vornehmen, zum Beispiel bei der Schreibweise von Namen, damit wir einen Befund auch der richtigen Person zuordnen können. Unsere EDV hat sich in der Krise extrem gut bewährt.