Frauenleben im RĂĽckblick und heute
Vom Leben und Wirken unbekannter Komponistinnen und die Frage nach der GleichberechtigungWETTERAUKREIS / DORTELWEIL. - Musik, Zitate und Erzählungen zum Thema Gleichberechtigung standen auf dem Programm der Veranstaltung „Frauenleben“, zu der der Förderkreis Musik der evangelischen Kirche Dortelweil und der Fachdienst Frauen und Chancengleichheit des Wetteraukreises vergangenen Mittwoch einluden.
Drei Bad Vilbeler Frauen aus drei Generationen erzählten von ihren Erfahrungen als Frau In Ausbildung, Beruf und Familie. Musikalisch umrahmt wurde der Abend mit Werken von Komponistinnen wie Fanny Hensel, Mel Bonis, Ruth Schonthal und Cecile Chaminade. Es spielte das Klavierduo Bodnárová+Wolf.
„Kräht ja doch kein Hahn danach...“, so beschrieb die Komponistin Fanny Hensel das öffentliche Interesse an ihrer Arbeit und ihrer Persönlichkeit im 19. Jahrhundert. Frauen hatten als Komponistinnen zu dieser Zeit kaum eine Chance auf Anerkennung ihrer Kompositionen.
Wie das heute, knapp 200 Jahre später, für Frauen aussieht – diese Frage stand bei der Veranstaltung „Frauenleben“ im Mittelpunkt.
Knapp 50 Interessierte waren in das Kultur- und Sportforum Dortelweil gekommen, um der Musik nahezu unbekannter Komponistinnen zu lauschen, die vom Klavierduo Bodnárová+Wolf brillant präsentiert wurden.
Den Komponistinnen Fanny Hensel, Mel Bonis, CĂ©cile Chaminade und Ruth Schonthal wurden die heutigen Lebenserfahrungen drei Bad Vilbeler Frauen, die von Moderatorin Claudia Taphorn interviewt wurden.
Dabei griff sie biografische Anekdoten und Zitate der Komponistinnen auf, um sich den Fragen, was sich in den letzten 200 Jahren geändert hat und wie gleichberechtigt Frauen heute sind anzunähern.
Eine der Frauen, die ehemalige Schulleiterin der Regenbogenschule Dortelweil, Hanne Mühle, berichtete von den Hindernissen, die ihr als berufstätige Mutter entgegenstanden. „Während des Studiums habe ich mein erstes Kind bekommen.
Weil mein Mann noch studierte, war ich es, die das Geld verdienen musste. Aber ich habe es gerne getan! Die Arbeit war mein ganzes Leben“, erinnert sie sich zurück. Was ihr zu schaffen machte, war der gesellschaftliche Druck, der auf ihr lastete.
Die Frage „Was ist, wenn ich in der Erziehung meiner Kinder versage? Wenn ich keine gute Mutter bin, weil ich arbeiten gehe? Das war immer ein quälender Gedanke“, sagte Mühle.
Auch die Physiotherapeutin Katharina Lehnhoff kennt den Spagat zwischen Kindern und Beruf. Als alleinerziehende Mutter dreier Töchter ist ihr wichtig, dass Gleichberechtigung nicht heißt, dass alle Frauen arbeiten können – sondern dass alle Frauen (und Männer) die Rollen ausfüllen können, die sie wollen.
Als dritte Frau interviewte Taphorn die Politikstudentin Kira Geadah (21). Sie begründete die Ortsgruppe „Fridays for Future“ in Frankfurt. Dort hat sie erlebt, wie politisch aktive Frauen im Netz mit Hasskommentaren überschüttet wurden.
„Auch das ist eine Form der Diskriminierung“ betont Geadah. „Frauen müssen sich in der Politik anderen Fragen stellen als Männer und doppelt so kompetent sein“, bekräftigt sie.
Zum Schluss richteten die Frauen den Blick aber nach vorn. „Weil Gleichberechtigung nichts ist, was einfach so verordnet werden kann, müssen wir uns weiterhin dafür einsetzen“ resümierte Moderatorin Claudia Taphorn vom Fachdienst Frauen und Chancengleichheit.
Und das geht nicht ohne die Männer, so waren sich alle Beteiligten einig. Die Frauen wünschen sich weitere Formen des Austauschs und gesellschaftliche Debatten, wie ein gleichberechtigtes Zusammenleben zukünftig gestaltet werden kann.
Auch die Zuschauer/innen hätten gerne noch diskutiert. Leider konnte der Abend aufgrund der geltenden Hygienebestimmungen nicht wie geplant in geselliger Runde ausklingen.
Es gab aber viel Lob seitens der Zuschauerinnen sowohl für die die beeindruckende Virtuosität des Klavierduos Bodnárová+Wolf, als auch für die textliche Gestaltung und die gewählten Einblicke in das Leben der drei Frauen.
Die Veranstaltung wurde gefördert mit Mitteln aus dem Bundesprogramm Demokratie Leben! Wetterau.