„Nur durch die Macht der Liebe können wir existieren“
Jukka Korkeila macht die Katholische Kirche St. Bonifatius in Karben zum KunstraumWETTERAUKREIS. - Zum fünften Mal wird das Projekt Kunst in Kirchen der Wetterau aufgelegt. Nach den vier Elementen Wasser, Feuer, Erde und Luft steht diesmal das Thema „Aufbrechen“ im Zentrum der Arbeiten.
Jukka Korkeila hat den modernen Bau der Katholischen Kirche St. Bonifatius zu Karben für seine Arbeit nutzen können.
Jukka Korkeila setzt sich im Reformationsjahr mit der Konfrontation von Martin Luther und Papst Leo X. auseinander. Luther war bei seinem Rombesuch von dem ausschweifenden Leben der Kurie entsetzt.
Der Verkauf von Ablassbriefen zur Finanzierung des Petersdoms motivierte ihn letztendlich zu der Veröffentlichung seiner 95 Thesen. In der Folge wurde Luther von Leo X. exkommuniziert. Zu Zeiten Martin Luthers deutete dieser Ausschluss aus der Gemeinschaft oft den wirtschaftlichen oder politischen Ruin.
Der Künstler hat in seiner Plakatinstallation Portraits von Luther denen von Leo X. gegenübergestellt. Fast 80 Plakate teilen in dem modernen Kirchenraum das Seitenschiff ab, brechen den Raum geradezu auf. Ganz nach dem Motto des Projektes Kunst in Kirchen. Zwischen den Portraits steht sozusagen die verbindende Botschaft der alles überwindenden Liebe.
In seiner Arbeit geht Jukka Korkeila der Frage nach, wie Martin Luther und Leo X. zueinander stünden, wenn sie, wie Christus uns lehrt, ihre Feinde liebten. Korkeilas Werk ist der Versuch zu zeigen, wie Liebe Hass überwindet.
Er selbst versteht diese Liebe als Aufbruch, die verhärteten Fronten zu überwinden und gegenseitige Verletzungen zu heilen. Deutlich macht der finnische Künstler das mit seinem Plakat: „AMOR EST PONS ULTRA TEMPUS LOCOS MUNDOS“, Liebe ist die Brücke über Zeit, Orte und Welten hinaus, so die deutsche Übersetzung.
Auf die Frage, wo Martin Luther und Papst Leo X. heute sind, antwortet Korkeila: „Sie sind umgeben von der Liebe und dem Licht der geistigen Welt. Nach dem ganzen Disput um sie beide und um die Reformation haben ihre Geister sich versöhnt.
Sie befinden sich in einem höheren Bewusstseinszustand, die Liebe hat die Wunden der Reformation geheilt. Sie sind verbunden durch Liebe. In dieser Welt haben wir noch immer getrennte Kirchen, und da sind noch die Wunden, die von Trennung, von Unterscheidung verursacht werden.
Meine Arbeit beruht auf dem Gedanken einer Heilung, und diese Heilung vollzieht sich mit der Kraft der Liebe und es ist nicht meine Liebe, sondern die bedingungslose Liebe des göttlichen Vaters. Wir befinden uns inmitten der Liebe unseres Vaters. Nur durch die Macht der Liebe können wir existieren, ohne Liebe würden wir untergehen. Niemand kann ohne Liebe überleben.“
Wir haben Jukka Korkeila einige Fragen gestellt:
Frage: Kunst in Kirchen ist ein in Deutschland einzigartiges und ungewöhnliches Projekt. Was hat Sie bewogen, sich dafür zu bewerben?
Jukka Korkeila: Es ist der spirituelle und religiöse Kontext der Aktion. So kann ich mich ganz frei mit dieser Thematik befassen. Ich habe schon einige Zeit auf eine passende Gelegenheit gewartet, mich mit den Themen Liebe, Leben und dem sogenannten „Tod“ künstlerisch auseinanderzusetzen.
Alle alten Religionen, auch diese, die schon vor dem Christentum existierten, haben ein Gespür dafür, dass das Leben nach dem Tod weitergeht. Der moderne Mensch hat diese innere Gewissheit verloren, weil er mit seiner Seele nicht mehr im Einklang steht.
Die moderne Wissenschaft und Psychologie helfen hier nicht weiter, da sie an der Schwelle des Todes haltmachen. Sie stellen bloß fest, dass ein Körper stirbt, nichts weiter. Kirche ist die Institution in unserer Gesellschaft, die sich mit „Tod“ befasst, die über die Schwelle des Todes blickt und uns dies vermitteln kann.
Die Botschaft lautet: „Die Liebe bleibt, es gibt keinen „Tod“ – nur der Körper stirbt und wird wieder zu Asche und Staub – die unsterbliche Seele existiert fort. Der Tod ist nur eine Veränderung, eine Tür zur nächsten Welt.“ Meine Themen sind Liebe, Leben und Tod. So gesehen bin ich also „unmodern“.
Frage: Was reizt Sie als Künstler, in einer Kirche auszustellen?
Jukka Korkeila: Mein Ziel war es, nicht in erster Linie als Künstler, sondern als eine auf dieser Welt geborene Seele zu arbeiten. Ich habe versucht, so gut es eben geht, mein Künstlerego im Zaum und aus diesem Projekt herauszuhalten.
Die Kirche St. Bonifatius ermöglicht es, ein sehr großes Werk zu realisieren. Die Ausmaße der Arbeit symbolisieren auch das Verhältnis der spirituellen Welt zum einzelnen Menschen. Eine Arbeit in solchen Ausmaßen zu schaffen, beeindruckt auch mich, mahnt mich zur Demut.
Frage: Eine Kirche ist der Ort, an dem man das Gespräch mit Gott sucht. Traditionelle Kirchenbilder erleichtern dieses Gespräch, zeitgenössische Kunst kann da wie ein Fremdkörper wirken. Ist das so gewollt?
Jukka Korkeila: In Westeuropa gibt es viele Menschen, die nicht mehr im Einklang zu ihrer Spiritualität, ihrer Seele und Gott stehen. Darunter sind natürlich auch Künstler, und bei ihnen hat manchmal die moderne Kunst diese Lücke in ihrem Herzen geschlossen.
Auf dieser Basis zu arbeiten, mag in einer Welt jenseits von Kirche funktionieren, aber möglicherweise sind deren Arbeiten nicht sehr bedeutungsvoll und hilfreich für die Menschen, die in eine Kirche kommen, um dort ihrer Spiritualität nachzugehen, die in Kontakt zu Gott kommen möchten.
Frage: Manchmal kommen Menschen in großen inneren Nöten in eine Kirche, um dort seelischen Beistand zu finden, vielleicht, weil ein nahstehender Mensch gestorben ist. Was machen diese Menschen, wenn sie Kunstwerke vorfinden, die keine Brücke in den Himmel sind oder ihnen in ihrer Trauer keinen Trost spenden können? Wie sollte also ein Kunstwerk für eine Kirche sein?
Jukka Korkeila: Die Antwort auf diese Frage hängt sicherlich davon ab, welches innere Bedürfnis für sie ganz persönlich im Vordergrund steht, suchen die Kunst oder Spiritualität oder beides.
Frage: Welche Reaktionen erwarten Sie von den Besucherinnen und Besuchern?
Jukka Korkeila: Ich hoffe, sie können in der Kirche für einige Zeit verweilen, Platz nehmen, Ruhe finden, eine Zeit der Stille, der Meditation. Vielleicht nutzen sie die Gelegenheit, an ihre Lieben, die von ihnen gegangen sind, zu denken, und entzünden eine Kerze für sie. Ich wünsche mir, dass sie über diese Verbundenheit mit ihren Lieben im Jenseits nachdenken („AMOR EST PUNS ULTRA TEMPUS LOCOS MUNDOS – Liebe ist eine Brücke über Orte, Zeiten, Welten).
Ich hoffe, dass wir alle für die Unterstützung, die wir täglich aus der jenseitigen Welt erhalten, dankbar sind (dafür stehen die Handflächen auf der Installation, die sich aus dem weißen Licht heraus entgegenstrecken) und dass wir uns der täglichen Herausforderung, unsere Herzen „rein“ zu halten, stellen.
„Kunst in Kirchen 2017“ endet am 23. September mit zwei Veranstaltungen in der Katholischen Kirche St. Bonifatius in Karben:
Um 15:30 Uhr heißt es: „Aufbrechen und im Wandel bleiben!“, Franz von Assisi und seine evangelische Inspiration, Workshop mit Bruder Paulus Terwitte.
Um 19 Uhr spielt dann Liquid Soul - Musik aus Luft und Wasser, ein Konzert mit Gert Anklam und Beate Gatscha.
Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist kostenlos.