GefÀhrdeter Lebensraum: Wetteraukreis entwickelt Streuobststrategie
WETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - Der Wetteraukreis hat gemeinsam mit dem NABU Wetterau und dem Naturschutzfonds Wetterau in den vergangenen Monaten mit UnterstĂŒtzung von ausgewĂ€hlten Fachleuten und einem externen BĂŒro einen ersten Entwurf einer Streuobststrategie erarbeitet.
In einem Workshop wurden jetzt die Ergebnisse und das Leitbild Vision Streuobst 2040 vorgestellt.
Es hÀtte wohl kaum einen besseren Tag als den Internationalen Tag des Streuobstes geben können, an dem der Wetteraukreis zu einem Streuobst-Workshop ins Friedberger Kreishaus eingeladen hat.
âStreuobstwiesen gehören zu den artenreichsten NaturrĂ€umen in unserem Land und der Wetteraukreis ist einer der Landkreise mit den gröĂten StreuobstbestĂ€nden in Hessenâ, erinnerte Landrat Jan Weckler zur Eröffnung des Workshops.
âVielfĂ€ltige Akteurinnen und Akteure, Naturschutzgruppen, Landwirte, Keltereien und StrauĂwirtschaften bereichern den Landkreis mit toller Landschaft, guten Produkten und einmaligen Erlebnissen.â
Die Kulturlandschaft der Streuobstwiesen ist aber in Gefahr. Die FlĂ€chen gehen zurĂŒck. âDer Erhalt von Streuobstwiesen ist eine groĂe Herausforderungâ, macht Weckler deutlich. In der Geschichte hatten die Streuobstwiesen eine hohe wirtschaftliche Bedeutung, allein aus wirtschaftlicher Not.
Das Obst wurde gebraucht, wurde haltbar gemacht und vielfĂ€ltig verwendet. SpĂ€testens seit den 60er und 70er Jahren gab es Konkurrenzangebote aus den SupermĂ€rkten und viele Menschen machten sich nicht mehr die MĂŒhe, die Produkte der Streuobstwiesen zu verwenden.
âAuch wenn die wirtschaftliche Bedeutung der Streuobstwiesen kleiner geworden ist, fĂŒr die IdentitĂ€t unserer Landschaft sind sie nach wie vor unverzichtbarâ, sagte Landrat Jan Weckler.
Weckler: Streuobstwiesen sind fĂŒr unsere IdentitĂ€t unverzichtbar
In dem von Frank Uwe Pfuhl von der NABU Umweltwerkstatt moderierten Workshop wurden die bisherigen Arbeitsergebnisse vorgestellt, insbesondere die Vision Streuobst 2040 mit konkreten Arbeitsschritten dorthin. Nach dem Input von vier Akteuren aus der Region wurde in Arbeitsgruppen an der Strategie gefeilt.
Rosbachs BĂŒrgermeister Steffen Maar stellte beispielhaft die Möglichkeiten einer Kommune zur Förderung von Streuobstwiesen vor, beginnend mit der UnterstĂŒtzung von Neupflanzung, der Förderung der Pflege, einer Streuobstwiesenstiftung und HĂ€ckseltagen, etwa um den Baumschnitt gemeinsam zu beseitigen.
Rouven Kötter, Erster Beigeordneter des Regionalverbands FrankfurtRheinMain, hat viel Erfahrung in Sachen Streuobstwiesen. Der Regionalverband hat sich den Erhalt der Streuobstwiesen auf die Fahnen geschrieben und arbeitet seit Jahren intensiv am Thema.
Mittlerweile hat er die Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenrouten ĂŒbernommen und mit dem âApfelbotenâ ein zweimal im Jahr erscheinendes Heft herausgegeben. Eine eigene Internet-Seite www.streuobst-frm.de widmet sich dem Thema.
Der Verband hat ein Streuobstkataster fĂŒr die Mitgliedskommunen erstellt mit detaillierten Daten bis hin zu einzelnen BĂ€umen, deren Sorte, Pflanzjahr und Zustand.
âDas ist eine groĂe Hilfe, um ĂŒberhaupt einen Ăberblick ĂŒber die Streuobstwiesen in der Region zu haben, ihren Zustand und ihre Perspektivenâ, so Kötter.
Dominik Hideteru Schmitt und Paul Schwabe prÀsentierten Schwerpunkte zur Vernetzung von ehrenamtlichen Akteuren und zur Vermarktung von regionalen Streuobstwiesenprodukten.
Man muss Menschen fĂŒr das Thema Streuobst begeistern
Einig waren sich die rund 60 Besucherinnen und Besucher aus den StĂ€dten und Gemeinden des Wetteraukreises, von VerbĂ€nden, Vereinen, Vermarktern, Kelterern und Initiativen, dass man Menschen fĂŒr das Thema Streuobst begeistern mĂŒsse.
Man brauche Menschen, die Streuobstwiesen ĂŒbernehmen, sie pflegen und auch bewirtschaften. Dabei gibt es durchaus Perspektiven, viele Kommunen erarbeiten Streuobstkonzepte und Förderprogramme.
âEs gibt eine Renaissance der regionalen Vermarktung. kleinere Keltereien entstehen. Die Apfelweinkultur gehört zum SelbstverstĂ€ndnis der Wetterauâ, sagt Christian Sperling, Leiter des Fachbereichs Regionalentwicklung und Umwelt der Kreisverwaltung. Die Vision Streuobst 2040 versteht er als Auftrag.
Vision Streuobst 2040
Der Wetteraukreis ist geprĂ€gt von artenreichen, intakten, weitgehend gepflegten und wirtschaftlich genutzten Streuobst-bestĂ€nden. Streuobst hat einen sehr hohen Stellenwert fĂŒr die BiodiversitĂ€t, als Quelle fĂŒr gesunde Lebensmittel, als landschafts-prĂ€gendes Element und ist von hoher kulturhistorischer Bedeutung. Die Streuobstkulisse von 2020 ist in 2040 weitgehend erhalten oder ausgedehnt.
Streuobstbewirtschaftende und Verarbeitungsbetriebe können gut von Streuobst und Streuobstprodukten leben, da es vielfĂ€ltige Verwertungsmöglichkeiten gibt und ein wertschĂ€tzender Preis fĂŒr Streuobst gezahlt wird.
Die Nachfrage nach Streuobst ĂŒbersteigt das Angebot. Junge Leute und Landwirte/innen begeistern sich fĂŒr Streuobst und spielen eine gröĂere Rolle bei der Bewirtschaftung. FĂŒr zahlreiche Akteure im Landkreis ist Streuobst ein wirtschaftliches Standbein.
Durch den Einsatz moderner Maschinen, ein gutes Dienstleistungsangebot und unbĂŒrokratische Förderprogramme erhalten Streuobstbewirtschaftende praktische und finanzielle UnterstĂŒtzung.
Der Ausbildungsstand der Streuobstpflegenden ist sehr gut und die FlÀchen werden nach ökologischen und ökonomischen Aspekten bewirtschaftet.
Es gibt eine gut koordinierte Streuobst-Allianz mit einer zentralen Anlaufstelle, die die AktivitĂ€ten rund um das Thema Streuobst bĂŒndelt und koordiniert. Streuobst ist ein identitĂ€tsstiftender Faktor in der Region und wird als gesellschaftliche Aufgabe verstanden.
Diskutieren Sie mit! Im Internet wurde eine Beteiligungsplattform eröffnet, um den Entwurf des Streuobst-Leitbildes und der -Strategie zu begleiten. Diskutieren Sie mit unter: https://wetteraukreis.landkreise.digital