Kläranlage: Entscheidende Informationen liegen vor
WÖLFERSHEIM. - Erst vor wenigen Wochen tagte die Wölfersheimer Gemeindevertretung über die Zukunft der Wasserqualität des Wölfersheimer Sees und der Kläranlage.
Nach einer Ausschusssitzung, in der insgesamt rund 150 Fragen beantwortet wurden und zahlreiche Fachleute zur Verfügung standen, brachten die Gemeindevertreter in ihrer Sitzung bereits Investitionen von mehr als 2 Millionen Euro auf den Weg.
Doch im Laufe der Beratung stellte sich heraus, dass wichtige Fragen noch nicht beantwortet werden konnten. Daher wurde ein weiteres Gutachten beauftragt, das nun vorliegt.
Darin wurde untersucht, welche finanziellen Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger als Gebührenzahler zu erwarten sind. Zum Beginn des neuen Jahres soll erneut über die Zukunft der Wölfersheimer Kläranlage beraten werden.
In den nächsten Jahren werden Investitionen in Millionenhöhe anstehen. Mit ihrem Beschluss schufen die Parlamentarier die Grundlage für die weiteren Planungen und brachten bereits Investitionen von mehr als 2 Millionen Euro auf den Weg.
Bis es zu dieser Entscheidung kommen konnte, wurde lange und umfangreich über die einzelnen Punkte der zehn Seiten umfassenden Beschlussvorlage, die durch hunderte Seiten an Gutachten ergänzt wird, beraten.
Um den Wölfersheimer See bei Starkregenereignissen besser zu schützen, wurde beschlossen, dass ein neues Regenüberlaufbecken errichtet und mit einem Feststoffrückhalt ausgestattet wird.
Ein solches Becken dient als Puffer. Wassermassen, die bei einem Starkregen auftreten, werden darin zwischengespeichert und nach und nach verarbeitet. Ein solches Becken kann jedoch auch nur eine begrenzte Menge Wasser speichern. Daher wird es mit einem Feststoffrückhalt ausgestattet.
Mit diesem Feststoffrückhalt sollen nicht klärbare Feststoffe, wie zum Beispiel Feuchttücher, aufgefangen werden. Die Parlamentarier sprachen sich einstimmig dafür aus, hierfür 1,85 Millionen Euro zu investieren.
Im Sommer hat der See unter 2 Metern Wassertiefe bis zum Grund in 18 m Tiefe keinen Sauerstoff mehr. Er ist dort ökologisch tot. Durch das Fehlen des Sauerstoffs am Seegrund kann sich der dort abgesetzte Phosphor wieder in das Wasser zurücklösen.
Der See düngt sich dadurch intern immer weiter. Die in dem See lebenden Fische haben nur einen schmalen Lebensraum zur Verfügung. Sie können nur zwischen der Wasseroberfläche und 3 Metern Tiefe leben.
Ein ökologischer Kollaps kann jederzeit stattfinden. Besonders gefährlich ist es, wenn sich die Wasserschichten miteinander vermischen. Dadurch würde der Sauerstoffgehalt der oberen Wasserschichten noch weiter sinken und es käme zu einem Fischsterben.
Möglich wäre dies zum Beispiel bei einem starken Hagel im Sommer. Um die Wasserschichten (thermische Schichtung) zu erhalten, soll eine Tiefenbelüftung durchgeführt werden.
Dabei wird das Tiefenwasser künstlich mit Sauerstoff angereichert. Sobald Sauerstoff bis an den Seegrund gelangt, kommt die schädliche Rücklösung des Phosphors zum Erliegen, der See düngt sich nicht mehr intern selbst.
Die Gemeindevertreter beschlossen einstimmig, unverzüglich mit einer solchen Gewässertherapie zu starten und dafür etwa 350.000 Euro zu investieren.
Das Büro Fluvalis soll beauftragt werden, die technische und bauliche Umsetzung mit den zuständigen Wasserbehörden und dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUNG) zu begleiten.
Nach der Inbetriebnahme der Tiefenwasserbelüftung und den ersten messbaren Erfolgen dieser Maßnahme muss der im See in hohen Konzentrationen vorhandene Phosphor verringert werden.
Die Tiefenbelüftungsanlagen sollen so ausgestattet werden, dass Eisensalz in den unteren Wasserschichten eingebracht werden kann. Dieses Salz kommt auch in der Natur so vor.
Der im Wasser gelöste Phosphor bildet mit dem Eisensalz eine Verbindung, flockt aus und sinkt zu Boden. Phosphor wird somit ausgefällt und ist im See nicht mehr biologisch verfügbar. Im gesamten Seewasser kann somit die Konzentration an gelöstem Phosphat verringert werden.
Dadurch wird die derzeit übermäßig hohe Produktion (das Algenwachstum) im durchlichteten Bereich reduziert. Das Tageslicht kann tiefer eindringen und im durchlichteten Bereich wird Sauerstoff produziert.
Weiterhin bildet sich weniger Biomasse, die beim Absinken unter Verbrauch von Sauerstoff mikrobiell abgebaut wird. Dadurch wird die Sauerstoffzehrung in den tiefen Bereichen verringert.
Um die Wasserwerte weiter im Blick zu behalten, wurde beschlossen, weiter Beprobungen und Untersuchungen durchzuführen.
Noch nicht abschließend geklärt wurde die Frage, ob die Wölfersheimer Kläranlage weiter betrieben werden und umfassend saniert werden soll oder ob die Abwässer in die Kläranlage nach Utphe gepumpt werden sollen.
Die Parlamentarier sprachen sich hierbei fraktionsübergreifend dafür aus, ein finanzielles Gutachten in Auftrag zu geben. Dabei soll sowohl die Gebührenentwicklung für die Bürgerinnen und Bürger als auch die reine liquide Situation betrachtet werden.
„Die Sachlage ist eindeutig: Wenn wir dem See helfen wollen, dann dürfen wir künftig keine Abwässer mehr einleiten. Es ist aber wichtig, dass wir genau wissen, welche finanziellen Auswirkungen das hat.
Dabei gilt es, die verschiedensten Faktoren zu berücksichtigen, und es müssen Fachleute zum Einsatz kommen“, so Bürgermeister Eike See. Als Beispiel hierfür nennt er die möglicherweise unterschiedliche Nutzungsdauer.
Wenn sich die notwendige Investition von mehr als 3 Millionen Euro auf einen längeren Zeitraum verteilt, dann kann eine höhere Investition für die Bürgerinnen und Bürger finanziell günstiger sein. Das finanzielle Gutachten kommt zu einem eindeutigen Ergebnis. Für die Bürgerinnen und Bürger wäre es am günstigsten, das Abwasser in die Verbandskläranlage nach Utphe zu pumpen.
„Die Sachlage ist eindeutig. Das Ergebnis hätte jedoch auch anders aussehen können. Die Parlamentarier können zum Beginn des Jahres eine Entscheidung über die Abwasserentsorgung unserer Gemeinde und damit auch für die Zukunft der Wasserqualität unseres schönen Wölfersheimer Sees treffen“, schließt Bürgermeister See.