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WasserqualitĂ€t in Wetterauer FlĂŒssen muss deutlich besser werden

Welche positive Folgen Renaturierungsmaßnahmen an FlĂŒssen haben, das zeigen die beiden Vergleichsbilder von der Horloff aufgenommen in den Jahren 2001, dem...

...Beginn der Renaturierungsarbeiten an diesem Abschnitt und 2014.

WETTERAUKREIS. - Das Thema WasserqualitĂ€t war Tagesordnungspunkt der letzten Sitzung des Ausschusses fĂŒr Regionalentwicklung, Umwelt und Wirtschaft.

Thomas Buch, Fachingenieur in der Fachstelle Wasser- und Bodenschutz, referierte ĂŒber die Ergebnisse des Verbundprojektes „NiddaMan - Entwicklung eines nachhaltigen Wasser-Ressourcen-Managements am Beispiel des Einzugsgebiets der Nidda“.

Das seit drei Jahren laufende Großprojekt wurde vom Bundesministerium fĂŒr Bildung und Forschung zusammen mit der Goethe-UniversitĂ€t Frankfurt, dem Wetteraukreis und weiteren Partnern umgesetzt.

Hintergrund ist die Forderung der EuropĂ€ischen Union, bis zum Jahr 2027 alle GewĂ€sser in der Union in „einen guten ökologischen Zustand“ zu versetzen.

Weniger als zehn Prozent der GewĂ€sser erfĂŒllen hohe Standards

In Europa sieht die RealitĂ€t ganz anders aus. Am schlechtesten ist es um die WasserqualitĂ€t in den BeneluxlĂ€ndern und den nördlichen BundeslĂ€ndern bestellt. Hier entsprechen weniger als zehn Prozent der GewĂ€sser dem „Status eines guten ökologischen Zustandes“.

Im mittleren und sĂŒdlichen Deutschland erfĂŒllen 70 bis 90 Prozent der GewĂ€sser diese Anforderung nicht, eine Situation, wie sie fĂŒr fast ganz Mitteleuropa zutrifft.

Im sĂŒdlichen und nördlichen Europa entsprechen zwischen 50 und 70 Prozent nicht dem geforderten Zustand. Besser ist die Situation nur im nördlichen Finnland und in einigen Teilen Spaniens, Italiens und Griechenlands sowie der Republik Irland.

Ziele des Projekts

Zum Untersuchungsgebiet von NiddaMan zĂ€hlten die Nidda sowie die NebenflĂŒsse Horloff, Usa, Erlenbach, Eschbach und Urselbach.

Dabei wurden Schadstoffe und Belastungsfaktoren fĂŒr die BiodiversitĂ€t erfasst. Ebenso wurden auch Untersuchungen anhand der MortalitĂ€t des Wachstums und des Fortpflanzungsverhaltens von Bachflohkrebsen und Schnecken ermittelt.

Stoffcocktails belasten Tiere und Pflanzen

GrĂ¶ĂŸtes Problem ist die Belastung der GewĂ€sser mit regelrechten Stoffcocktails, vor allem Einleitungen aus KlĂ€ranlagen. Das betrifft Arzneimittel, Industriechemikalien, Haushaltschemikalien, NahrungsergĂ€nzungsmittel, Körperpflegemittel und Pflanzenschutzmittel. Fakt ist auch, dass diese Spurenstoffe in den KlĂ€ranlagen nur mit Hilfe einer vierten Reinigungsstufe eliminiert werden können.

„Wir konnten ein deutlich gehemmtes Wachstum, verminderte Fortpflanzung, Stoffwechselstörungen und BeeintrĂ€chtigungen des Hormonhaushaltes bei den untersuchten Tieren feststellen, die bis zum Tod der Tiere fĂŒhrten“, erlĂ€uterte Thomas Buch die Ergebnisse der Untersuchung. Problematisch wird die Anreicherung der Spurenstoffe in der Nahrungskette, die letzten Endes auch beim Menschen landen kann.

Tonnenweise Schmerzmittel in deutschen GewÀssern

Deutlich wurde die Belastung der GewĂ€sser anhand einzelner Stoffe, wie etwa dem Schmerzmittel Diclofenac, das in Tabletten, aber auch in Gels vorhanden ist. Diese Mittel werden nach der Einnahme oder Einreibung wieder ausgeschieden, entweder ĂŒber die Toilette oder ĂŒber das Duschen.

80 Tonnen reiner Wirkstoff werden so in die GewĂ€sser Deutschlands gespĂŒlt und sind tatsĂ€chlich an den verschiedenen Messstellen nachweisbar. So betrĂ€gt der Vorschlag der „UmweltqualitĂ€tsnorm“ fĂŒr die Belastung mit Diclofenac 50 Nanogramm pro Liter, tatsĂ€chlich wurde an manchen Messstellen aber der zehnfache Wert ermittelt.

Auch die Belastung mit Bioziden und Pestiziden, meist aus der Landwirtschaft, liegt vor allem am Unterlauf der Nidda um das Dreifache höher als empfohlen. FĂŒr die Bachflohkrebse hat das fatale Folgen; je höher die Belastung ist umso höher ist auch die MortalitĂ€t, die bis auf 50 Prozent steigt. Noch schlimmer ist die Fortpflanzung der kleinen Tiere betroffen, sie sinkt bei der stĂ€rksten Belastung auf null.

Problem KlÀranlagen

Das grĂ¶ĂŸte Problem fĂŒr Pflanzen und Tiere in GewĂ€ssern sind niedrige WasserstĂ€nde. Dann betrĂ€gt der Anteil des Abflusses aus KlĂ€ranlagen bis zu 90 Prozent. Das heißt, 90 Prozent des enthaltenen Wassers sind schon einmal durch eine KlĂ€ranlage gegangen mit entsprechender Belastung von Stoffen, die aus diesen Anlagen nicht herausgefiltert werden können.

Fazit: EintrĂ€ge aus kommunalen KlĂ€ranlagen fĂŒhren zu einer relativ konstanten „Belastung“ mit anthropogenen (von Menschen gemachten) Spurenstoffen, mit teilweiser Überschreitung kritischer Konzentrationen.

Investitionen fĂŒr die Umwelt

Höhere Abwasseranteile verÀndern Lebensgemeinschaften. Um die Belastung zu reduzieren, muss der Abwasseranteil entweder reduziert oder effektiver behandelt werden. Ein Beitrag ist die Stilllegung kleiner, wenig effizienter KlÀranlagen, wie am Beispiel der KlÀranlage in Wallernhausen deutlich gemacht wurde.

Die NachrĂŒstung einer vierten Reinigungsstufe fĂŒr KlĂ€ranlagen, die nach der mechanischen, biologischen und chemischen Reinigung auch anthropogene Spurenstoffe eliminiert, verursacht natĂŒrlich Kosten.

„Aber um die EU-Vorgaben eines guten ökologischen Zustandes zu erreichen, werden sich diese kaum umgehen lassen und sind grundsĂ€tzlich in der Perspektive eine gute Investition der Umweltvorsorge“, sagte Landrat Jan Weckler in der Sitzung des Ausschusses fĂŒr Regionalentwicklung, Umwelt und Wirtschaft. „Wir werden zu diesem Thema auch die Kommunen vor Ort sensibilisieren.“