50 Jahre Wetteraukreis: Chornachmittag in der Friedberger Stadthalle
Bel Voce â Chorgesang und TanzperformanceWETTERAUKREIS / FRIEDBERG. - Vor 50 Jahren wurde der Wetteraukreis durch den Zusammenschluss der Altkreise Friedberg und BĂŒdingen gegrĂŒndet.
Aus Anlass des 50. Geburtstags lĂ€dt Landrat Jan Weckler fĂŒr Sonntag, 28. August, ab 14 Uhr zu einem Liederfestival mit elf Chören in die Stadthalle Friedberg ein.
âDie Chöre in unserem Landkreis sind ein wichtiger Teil im Kulturangebot unserer StĂ€dte und Dörfer. Gerade sie haben in der Pandemie besonders gelitten.
Dennoch haben viele Chöre mit groĂem Engagement und genauso viel Umsicht den Chorbetrieb aufrechterhalten und so den Verein durch diese schwierige Zeit gebracht. Deshalb freue ich mich besonders, gemeinsam mit hoffentlich vielen GĂ€sten dieses Fest der Musik zu feiern.â
Die teilnehmenden Chöre stellen wir in einer kleinen Reihe vor:
Bel Voce â Chorgesang und Tanzperformance
Bel Voce ist ein junger Chor, 2019 ist er aus dem Vil-belCanto hervorgegangen. GegrĂŒndet hatte diesen Benedikt Bach, der auch Bel Voce dirigiert.
âDer Chor bewegt sich auf seiner musikalischen Reise durch vielfĂ€ltiges Liedgut vieler Stilrichtungen, von groĂen klassischen Werken und Liedern bis hin zu Film-, Musical- und Popmusikâ, heiĂt es auf der Internet-Seite des Chores.
Die rund 40 SĂ€ngerinnen und SĂ€nger sind seit fast 20 Jahren zunĂ€chst als Vil-belCanto, jetzt als Bel Voce fester Bestandteil der Bad Vilbeler Festspiele und geben dort das âsingende und tanzende Volkâ. âFĂŒr uns ist das eine groĂe Ehre bei den Burgfestspielen zu singen.
In diesem Jahr bei âSister Actâ hat die Choreographin Kerstin Ried wieder viel von uns gefordert, wir dĂŒrfen nicht nur singen, sondern auch tanzen, das macht groĂen SpaĂâ, sagt Vereinsvorsitzende Carolin Ernst-Teichert.
Sogar auf dem FuĂballplatz wurde geprobt
Der Verein hat die Pandemie gut ĂŒberstanden. âWir haben sogar noch neue SĂ€ngerinnen und SĂ€nger gewinnen könnenâ, berichtet die Vereinsvorsitzende. Geprobt wurde, wenn es gar nicht anders ging, virtuell.
Ansonsten hat man in leeren KirchenrĂ€umen, auf einem Bauernhof und sogar auf dem FuĂballplatz geprobt. âWir sind sozusagen immer am Ball geblieben.â Dabei geholfen haben auch gemeinschaftliche Unternehmungen wie Wanderungen.
Es sei wichtig gewesen, immer etwas zusammen zu organisieren, das habe in der Pandemie enorme FrĂŒchte getragen. Ein Höhepunkt war die Teilnahme des Chores am Deutschen Chorfest in Leipzig und der Auftritt in der Nikolaikirche im Mai dieses Jahres.
Es gab aber auch RĂŒckschlĂ€ge. Das letzte Weihnachtskonzert ist der Pandemie zum Opfer gefallen. Statt einem Liveauftritt vor Publikum sangen die SĂ€ngerinnen und SĂ€nger ihr Konzert unter dem Titel âEs leuchtet uns ein heller Sternâ vor leeren RĂ€ngen. DafĂŒr haben sie das Konzert professionell aufgezeichnet und dann online prĂ€sentiert.
Neben dem Auftritt zum 50. Geburtstag des Wetteraukreises steht im Oktober ein Konzert in Bad Vilbel Heilsberg an.
Das Alter der rund 40 SÀngerinnen und SÀnger liegt zwischen Mitte 30 und Mitte 70, die meisten kommen aus Bad Vilbel oder der nÀheren Umgebung.
Sie sind ein reprĂ€sentativer Querschnitt der Gesellschaft, eine tolle Mischung, wie Vereinsvorsitzende Ernst-Teichert bekrĂ€ftigt. âSingen ist ihr Hobby, aber sie haben einen hohen Anspruch sowohl an sich, als auch an michâ, sagt Chorleiter Benedikt Bach.
Um kurz nach acht geht es endlich los. 16 Frauen und sechs MĂ€nner sind zur Probe an diesem heiĂen Sommermontag erschienen. Nach dem AufwĂ€rmen und dem Einsingen geht es los mit einem schwedischen Volkslied.
Chorleiter Bach fordert auf, flĂŒssiger zu singen, doch die wenigsten sprechen schwedisch und ein Lied zu singen dessen Text man wohl kennt, aber die einzelnen Worte nicht versteht, ist alles andere als einfach.
Leichter ist es schon mit dem zweiten StĂŒck, einem Evergreen aus dem Film âModerne Zeitenâ von Charly Chaplin, der auch den Text zu âSmileâ geschrieben hat. âWo habt ihr denn den Takt verloren?â, fragt Bach die BĂ€sse. Dann wird es dem Dirigent zu laut.
âIhr mĂŒsst an dieser Stelle leiser werden!â, fordert er und ĂŒbertrĂ€gt den Sopranstimmen die Hauptlast. âIhr seid zu dick! Ihr mĂŒsst leiser werden, ja fast flĂŒstern!â, fordert er.
Bach ist noch nicht zufrieden. âEs wĂ€re schön, wenn wir zusammen singen wĂŒrden.â AuĂerdem gefĂ€llt ihm die Betonung der Worte noch nicht. Aber zwei weitere AnlĂ€ufe stimmen ihn dann doch ziemlich zufrieden.
Bei âNella Fantasiaâ der Musik von Ennio Morricone aus dem Film âThe Missionâ heiĂt es in den Noten, dass es âwith sweetness and passionâ gesungen werden soll.
âIhr sollt SpaĂ haben am Singen und den habt Ihr, das hört man!â, lobt Chorleiter Bach, aber dennoch fehlt ihm noch etwas. âDie Stadthalle in Friedberg ist groĂ, singt das Lied heraus!â, fordert er mehr Kraft.
âQuizĂĄs, quizĂĄs, quizĂĄsâ 1947 von dem Kubaner Osvaldo FarrĂ©s geschrieben, ist eigentlich ein Cha-Cha-Cha. Benedikt Bach fordert aber Rumba Schritte dazu, und so wird das Lied tanzend geprobt.
Bei den MÀnnern dauerte es etwas lÀnger, bis sie in den Tanzschritt einfielen, dann aber zauberte die Bewegung ein LÀcheln auf die Gesichter aller SÀngerinnen und SÀnger.
Nach einem weiteren schwedischen Volkslied zeigt sich Bach zufrieden mit der Arbeit im Chor. Als letztes kam noch die Probe fĂŒr das Credo des Tangokomponisten Palmeri. âAnspruchsvoll, aber schon ganz ordentlichâ, befand Benedikt Bach und schickte den Chor in die Sommerpause.
Interview mit Chorleiter Benedikt Bach
Benedikt Bach ist seit drei Jahren Leiter der Musik- und Kunstschule BĂŒdingen e.V. Zuvor war er ĂŒber 20 Jahre an der Musikschule Bad Vilbel als Violinlehrer, Stimmbildner und Leiter der Fachbereiche âStimme" und âStreicherâ, sowie als Chorleiter tĂ€tig.
Bach hat an der Staatlichen Hochschule fĂŒr Musik in Heidelberg-Mannheim Violine studiert und schloss mit den Diplomen âOrchestermusikâ und âInstrumentalpĂ€dagogikâ ab. Als Geiger wirkte er in verschiedenen Orchestern mit. Als Chorleiter fĂŒhrte er projektweise auch gröĂere Werke auf.
Herr Bach, was macht einen guten Chorleiter aus?
Benedikt Bach: Vor allem muss er das Wissen, das fĂŒr ihn selbstverstĂ€ndlich ist, auch fĂŒr den, der musikalisch ohne groĂe Vorbildung ist, verstehbar machen.
Das ist eine groĂe HerausforderungâŠ
Benedikt Bach: Ja, genau. Die Frage ist doch, wie weit kann ich die Laien mitnehmen, fordern und begeistern, damit sie das StĂŒck auch verstehen. Wenn ich ein neues StĂŒck mitbringe, erlebe ich oftmals erst einmal Ablehnung. Da darf man sich aber nicht unterkriegen lassen. Wir reden dann nach dem Auftritt darĂŒber-
Erst nach dem Auftritt?
Benedikt Bach: Ja. Wenn wir das StĂŒck vor Publikum gesungen haben dann entscheiden wir gemeinsam, ob wir das StĂŒck weitersingen.
Und wie lÀuft das dann?
Benedikt Bach: Ich glaube, ich habe ĂŒber die Jahrzehnte ein gutes GespĂŒr dafĂŒr entwickelt, was ich dem Chor zumuten kann.
Was ist wichtiger, dass es jedem gefÀllt oder dass der Anspruch hoch ist.
Benedikt Bach: Beides ist wichtig. Das nĂ€chste Werk, das wir singen ist ziemlich anspruchsvoll. Im Oktober singen wir bei unserem Konzert auf dem Heilsberg Werke von MartĂn Palmeri.
Die Werke des argentinischen Komponisten sind von Form und Harmonik des Tango Nuevo inspiriert und verlangen allen SĂ€ngerinnen und SĂ€ngern viel ab.
Wie lÀuft das dann bei den Proben ab?
Benedikt Bach: Na ja, die ersten Proben sind zum Davonlaufen, aber es wird bei jeder Probe besser. Und natĂŒrlich mĂŒssen wir viel improvisieren.
Inwiefern?
Benedikt Bach: Ein professioneller Chor ist immer voll besetzt, wenn jemand ausfĂ€llt, springt immer jemand ein. Und wir haben immer mal AusfĂ€lle, Krankheit, Urlaub, GeschĂ€ftsreise, keine Betreuung fĂŒr die Kinder. GrĂŒnde gibt es viele, nicht zur Probe zu kommen; und das muss ich akzeptieren.
Wie sieht es mit dem LeistungsgefÀlle im Chor aus?
Benedikt Bach: Ja, das gibt es, aber wir können damit umgehen. Manche nehmen noch zusÀtzlich Gesangsunterricht.
Ein StĂŒck des Chores ist jetzt auf der YouTube-Seite des Wetteraukreises zu sehen und zu hören: wetteraukreis â YouTube