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Rüdiger Holschuh (SPD) bleibt weiter Kreistagsvorsitzender

WIEDERGEWÄHLT zum Kreistagsvorsitzenden: Dr. Michael Reuter (links), Altersvorsitzender bei der konstituierenden Kreistagssitzung am 31. Mai, gratulierte Rüdiger Holschuh zu dessen Wahl für die neue Legislaturperiode. Foto: Saskia Hofmann / Kreisverwaltung

AfD-Fallrückzieher à la „Mückenschiss“: Andreas Wagner nach zwischenzeitlichem Austritt aus der Fraktion jetzt deren Vorsitzender

ODENWALDKREIS / ERBACH. - Der neue Odenwälder Kreistag für die Legislatur 2021 bis 2026 trat am gestrigen Montag, 31. Mai, zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.

Bei der Wahl am 14. März dieses Jahres entfielen die 51 Sitze im Kreistag – wie berichtet unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews – auf die CDU zwölf, Bündnis 90/Die Grünen sechs, SPD 17, AfD drei, FDP drei, Die Linke zwei und auf die ÜWG acht.

Da zur Bildung einer Fraktion gemäß der Hessischen Landkreisordnung (HKO) mindestens drei Sitze erforderlich sind, gelten die Vertreter der Partei Die Linke als fraktionslos.

Nur unterschiedliche Wege bei gleichem Ziel

Landrat Frank Matiaske eröffnete die konstituierende Sitzung des Kreistags und übertrug die Sitzungsleitung bis zur Wahl des Vorsitzenden dem ältesten Mandatsträger. Diese Aufgabe fiel Dr. Michael Reuter (SPD) zu.

Er bat das Plenum um eine konstruktive Zusammenarbeit in der Wahlperiode, da alle dasselbe Ziel – das Wohl des Odenwaldkreises – vor Augen hätten und nur unterschiedliche Wege dafür eingeschlagen werden sollten.

„Nicht gedacht, dass ich mich noch jemals einer Wahl stellen würde“

Harald Buschmann, Chef der zweitstärksten Kreistagsfraktion CDU, bekundete in seiner Bewerbungsrede als Kreistagsvorsitzender, er habe „angesichts meiner Erfahrungen (Anm. d. Redaktion: bei der Bürgermeisterwahl in Erbach) nicht gedacht, dass ich mich noch jemals einer Wahl stellen würde“.

Aber er wolle dem Kreistag eine Auswahl bieten, auch wenn der Posten grundsätzlich ja der stärksten Fraktion zustehe. Auch sehe er die Chance, den Blick nach vorne zu richten.

Nach anfänglicher Blauäugigkeit habe er sich inzwischen „die Hörner abgestoßen“ und in 15-jähriger Zugehördigkeit zum Odenwälder Kreistag >ups und downs< erlebt. Er versprach „einen Neuanfang, nach bestem Wissen und Gewissen, ohne dass das Alte schlecht war“.

„Altes bewertet und Neues gedacht“

Rüdiger Holschuh sah indes der Sitzung vorausgehend „ein Wahlkampf der politischen Kräfte mit der Bewerbung von Ideen und Zielen für die kommende Zeit“.

Voraus sei auch eine Wahl gegangen, „die die Weiterführung von alten Bündnissen vielleicht bestärkt oder die Möglichkeit bietet neue Bündnisse zu schmieden“.

In beiden Fällen werde „Altes bewertet und Neues gedacht“, sagte Holschuh mit Blick auf die seitherige Koalition zwischen SPD und CDU und das neu kreierte Bündnis >Modernisierungspartnerschaft Odenwaldkoalition< mit den Fraktionen aus SPD, ÜWG und FDP.

„Weiterentwicklung auf Basis von Erfahrungen und gemeinsamer zukunftsgewandter Ideen“

Er sei froh, sagte Holschuh, dass „in den Sondierungen und Koalitionsgesprächen offene Worte möglich waren, und eine im besten Sinne für unseren Kreis gute Diskussionskultur gepflegt wurde“. Er stehe für „kein >weiter so<, sondern für eine Weiterentwicklung auf Basis von Erfahrungen und gemeinsamer zukunftsgewandter Ideen“.

Das Gremium wählte anschließend Rüdiger Holschuh (SPD) mit 31 der insgesamt 51 Stimmen zu seinem Vorsitzenden. Er hatte den Kreistag bereits seit 2004 geleitet und setzte sich in geheimer Wahl gegen Harald Buschmann (CDU), auf den 20 Stimmen entfielen, durch.

Andreas Wagner nach ursprünglichem Austritt jetzt AfD-Fraktionschef

Verwundert rieben sich neben den Gremienmitgliedern auch die zahlreichen Zuhörer in der Erbacher Werner-Borchers-Halle die Augen, als Andreas Wagner die dreiköpfige AfD-Fraktion als deren Sprecher in die neue Legislatur führte.

Unmittelbar nach der Wahl Mitte März dieses Jahres hatte Wagner nämlich noch seinen Fraktionsaustritt öffentlich gemacht und bekundet, er werde als fraktionsloses Mitglied dem Kreistag angehören, weil er sich von seinen AfD-Mitstreitern als Migrant diffamiert fühle.

Jetzt also der Fallrückzieher à la „Mückenschiss“, wie es der AfD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Alexander Gauland, formulieren würde. Dieser „Umfaller“ sichert der AfD nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen auch den Fraktionsstatus im Odenwälder Kreistag, der nach Wagners ursprünglicher Entscheidung verloren gegangen wäre.

Zehn neue Kreisausschussmitglieder verpflichtet

Die Wahl des Kreisausschusses war das folgende Procedere im Rahmen der konstituierenden Sitzung. Personen, die Mitglied des Kreistags geworden sind, wurden in den Kreisausschuss gewählt, die freien Positionen im Kreistag dann von Nachrückern der entsprechenden Partei übernommen.

Alle Fraktionen hatten dafür einen Wahlvorschlag vorgelegt, von SPD, ÜWG und FDP gab es einen gemeinsamen. In geheimer Wahl entschieden die Kreistagsmitglieder folgende Zusammensetzung des Kreisausschusses (alphabetische Reihenfolge):

Louis Graf zu Erbach-Fürstenau (FDP), Andreas Funken (CDU), Lars Maruhn (CDU), Petra Neubert (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Erika Ober (SPD), Dr. Michael Reuter (SPD), Monika Schmauß (ÜWG), Herbert Siefert (ÜWG), Michael Vetter (SPD) und Christa Weyrauch (Bündnis 90/Die Grünen).

Alle leisteten den notwendigen Eid und wurden, wie die Hessische Kreisordnung (HKO) es fordert, per Handschlag (pandemiebedingt mit Einmalhandschuhen) von Kreistagsvorsitzendem Rüdiger Holschuh zur gewissenhaften Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichtet. Außerdem erhielten sie eine entsprechende Urkunde von Landrat Frank Matiaske.

Nachrücker der in den Kreisausschuss gewechselten Kreistagsmitglieder sind:

Yannick Ullmann, Klara Dentler (beide CDU), Thomas Fäth, Hedwig Seiler (beide GRÜNE), Dr. Karin Lichtblau, Brigitte Heckmann, Niklas Kirsch (alle SPD), André Bechtold (FDP) und Günter Lewold (ÜWG). Der zweite in den Kreisausschuss gewählte ÜWG-Vertreter Herbert Siefert gehörte ursprünglich nicht der Kreistagsfraktion an und bedurfte deshalb keines Nachrückers.

Die Kreistagsmitglieder stimmten außerdem darüber ab, in welchen Fachausschüssen zukünftig Themen beraten werden sollen. Einigung erfolgte gemäß Verwaltungsvorschlag auf fünf Ausschüsse.

Diese sind neben dem zwingend notwendigen Haupt- und Finanzausschuss der Ausschuss für Kreis- und Regionalentwicklung, Infrastruktur, Digitalisierung, Mobilität und Tourismus; der Ausschuss für soziale Angelegenheiten, Jugend, Sport und Gesundheit; der Ausschuss für Umwelt-, Klima- und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutzausschuss sowie der Schul- und Kulturausschuss.

Ausschüsse auf jeweils zehn Mitglieder erhöht

Alle Ausschüsse werden, gemäß eines mehrheitlichen Beschlusses auf gemeinsamen Antrag von SPD, ÜWG und FDP, mit zehn Vertreterinnen und Vertretern besetzt – je drei von der SPD, zwei von CDU und ÜWG und je einem von Bündnis 90/Die Grünen, AfD und FDP. Die Parteien benennen die Personen, die entsandt werden, eine Wahl ist nicht erforderlich.

Die nächste Kreistagssitzung wird am Montag, 5. Juli 2021, stattfinden. Vorher werden sich alle Fachausschüsse konstituieren.