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SPD Oberzent für künftigen Verzicht auf Straßenbeiträge

OBERZENT. - Die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Oberzent hat sich in ihrer jüngsten Sitzung u. a. mit der Problematik der Erhebung von Straßenbeiträgen beschäftigt. Sie hat dabei einen Antrag zu deren vollständigen Abschaffung für die am 18. September geplante Sitzung der Stadtverordnetenversammlung formuliert, berichtet der Fraktionsvorsitzende Thomas Ihrig.

„Straßenbeiträge sind unsozial und ungerecht!“

Die Erhebung von Straßenbeiträgen nach dem hessischen Kommunalabgabengesetz an städtischen Straßen, wozu z. B. auch die kommunalen Gehwege an übergeordneten Straßen zählen, ist seit Jahren in vielen Kommunen sehr umstritten, da diese ungerecht und unsozial sei. Sie könne anliegende Grundstückseigentümer (in Einzelfällen mit hohen 5-stelligen Euro-Beträgen) vor existenzielle finanzielle Probleme stellen.

Durch Gesetz vom 28.05.2018 wurde nun durch den hessischen Landtag die seitherige faktische Pflicht zur Erhebung von Straßenbeiträgen für Baumaßnahmen, die über die laufende Unterhaltung und Instandsetzung hinausgehen, in das Ermessen der jeweilige Kommune gestellt.

Dies löse nach Auffassung der SPD-Fraktion der Stadt Oberzent jedoch das zugrunde liegende Finanzierungsproblem mit seinen Ungerechtigkeiten nicht. Auch ein Wechsel von den seither von den vier Kommunen erhobenen einmaligen zu (jährlich) wiederkehrenden Straßenbeiträgen helfe nach Auffassung der SPD-Fraktion nicht weiter.

Eine Grundsatzentscheidung gegen Straßenbeiträge soll kommen

Im Eigentum der Stadt Oberzent mit ihren 19 Stadtteilen befinden sich zahlreiche Straßen, die baldmöglichst einer dauerhaften Unterhaltung oder sogar in vielen Fällen einer grundhaften Erneuerung bedürfen. „Dies ist jedem bewusst, der mit offenen Augen im Stadtgebiet unterwegs ist.“

Derzeit gelten aufgrund der Regelungen im Grenzänderungsvertrag aus dem Mai 2017 im Stadtgebiet jedoch noch vier in Einzelbestimmungen unterschiedliche Satzungen. Diese Unterschiedlichkeit müsse vor der Entscheidung über künftige Straßenbaumaßnahmen dringend beseitigt werden, um auch für die Anlieger Klarheit und Sicherheit zu schaffen.

Dies solle durch die beantragte ersatzlose rückwirkende Aufhebung der bestehenden Satzungen zum 01.01.2018 geschehen.

Magistrat soll Vorarbeiten leisten und die Alternativfinanzierung sicherstellen

Zur Vorbereitung der Beschlussfassung habe der Magistrat Erhebungen vorzunehmen, um die finanziellen Auswirkungen der Beitragsabschaffung auf den städtischen Haushalt zu ermitteln und deren Alternativfinanzierung sicher zu stellen.

Hierbei sei auch der mit einer Beitragerhebung verbundene nicht unerhebliche Aufwand für Personal- und Sachkosten, etwa für die Beauftragung von Ingenieurbüros oder im Zusammenhang mit Rechtsbehelfsverfahren, der bei einem Erhebungsverzicht entfällt, zu kalkulieren.

Das Land Hessen soll aufgefordert werden, die erst im Mai 2018 vorgenommene gesetzliche Neuregelung vollständig abzuschaffen und dabei dem aktuellen Beispiel des Freistaats Bayern folgen.

Damit könne auch sichergestellt werden, dass nicht z. B. auf dem Umweg über Haushaltgenehmigungen wieder ein Zwang zur Beitragerhebung kommen könne.

Da auch im ebenfalls benachbarten Baden-Württemberg keine Straßenbeiträge existieren, könne dieser Umstand bei Beibehaltung einer Beitragserhebung den Immobilienmarkt im Stadtgebiet Oberzent negativ beeinflussen.

„Das Land Hessen muss die Kommunen beim Straßenbau unterstützen!“

Da die Kommunen mit der Finanzierung ihrer Infrastruktur nicht alleine gelassen werden dürften, soll das Land Hessen aufgefordert werden, diesen bei der Abschaffung von Straßenbeiträgen einen adäquaten finanziellen Ausgleich aus originären Landesmitteln gewähren.

Hierbei sollten die besonderen Probleme dünn besiedelter ländlicher Kommunen berücksichtigt werden, lautet dazu die Forderung der SPD-Fraktion der Stadt Oberzent.

Der Antrag im Wortlaut:

  1. Die Stadt Oberzent erhebt keine Straßenbeiträge gem. §§ 11, 11 a des Gesetzes über kommunale Abgaben (HessKAG).

  2. Der Magistrat wird beauftragt, die Beschlussfassung zur Außerkraftsetzung der übergangsweise gem. § 9 Abs. 1 des Grenzänderungsvertrages vom 03.05.2017 noch geltenden Straßenbeitragsatzungen der bisherigen Kommunen rückwirkend zum 01.01.2018 vorzubereiten. Hierbei ist auch festzulegen, wie bei ggf. noch nicht abgeschlossenen beitragspflichtigen Maßnahmen der bisherigen Kommunen verfahren wird.

  3. Der Magistrat wird beauftragt, anhand seitheriger Erfahrungswerte und auf Basis von Schätzungen den Umfang der dadurch fehlenden jährlichen Einnahmen zu ermitteln.

    Hierbei ist auch der durch Wegfall von Straßenbeiträgen entfallende Verwaltungs-aufwand zu berücksichtigen und zu beziffern. Die entgehenden Einnahmen sind, soweit keine anderweitiger Ausgleich z. B. aus Förderprogrammen gegeben ist, durch allgemeine Deckungsmittel auszugleichen.

  4. Die Stadtverordnetenversammlung fordert das Land Hessen auf, die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit zur Erhebung von Straßenbeiträgen grundsätzlich abzuschaffen und damit dem Beispiel anderer Bundesländer, wie z. B. Baden-Württemberg und Bayern, zu folgen.

    Gleichzeitig sind die Kommunen über dauerhafte Zuweisungen aus originären Landesmitteln in zumindest vergleichbarer Höhe in die Lage zu versetzen, den Einnahmeausfall bei den Straßenbeiträgen bei der Erneuerung ihrer Straßen zu kompensieren.

    Hierbei sind die besonderen Herausforderungen und Strukturen in dünn besiedelten ländlichen Kommunen angemessen zu berücksichtigen.