„Neues Mühlrad, damit sich in Erbach wieder mehr bewegt“
An historischer Stelle der „Alten Schlossmühle“ in der Kreisstadt klappert jetzt ein neues Mühlrad „Made in Michelstadt“, wie Dr. Alfred Schwöbel bei der Einweihungsfeier schmunzelnd bemerkteERBACH. - „Wir wollen, dass sich in Erbach wieder mehr bewegt“, erläuterte Dr. Alfred Schwöbel die Intention für die Restaurierung des in die Jahre gekommenen Mühlrads an der historischen „Alten Schlossmühle“ im Zentrum der Kreisstadt.
Der Vorsitzende des jungen Zusammenschlusses „Erbacher Plattform – Verein für Innenstadtprojekte e.V.“ präsentierte das neue Mühlrad am Samstag mit berechtigtem Stolz der Öffentlichkeit. Anerkennung gab's denn auch allenthalben für das gelungene Werk wie auch die zeitliche Abfolge dieses ersten Vereinsprojekts.
Nachdem das zu Jahresbeginn 2019 von städtischer Seite angeschobene Stadtentwicklungskonzept >Lebendiges Erbach< mit Beginn der Corona-Pandemie eine Auszeit nahm und im Februar dieses Jahres noch immer im Schlaf verharrte, gründeten Dr. Schwöbel und seine beiden Vorstandskollegen Markus Fitzky und Heinz Kraus den Verein.
Schnell das erste Projekt mit stillstehendem Mühlrad ausgedeutet
Schnell war das erste Projekt mit dem seit zehn Jahren stillstehenden Mühlrad ausgedeutet, und bereits am 13. März wurde es demontiert. Sponsoren und Fachfirmen, die das neue Rad herstellen konnten, wurden gesucht.
Wenn der Vorsitzende das neue Mühlrad jetzt mit den magischen Zahlen 24 – 400 – 2000 beschreibt, dann ist die enorme Leistung des nur ein knappes Dutzend Mitglieder zählenden Vereins zu ermessen: 24 Eichenholz-Schaufeln treiben das 400 cm hohe und mehr als 2.000 kg schwere Mühlrad an.
„Chapeau im Quadrat“
„Und jedes Kilogramm kostete mehr als 10 Euro“, verriet Schwöbel und dankte vor allem den Sponsoren und zahlreichen Unterstützern, die die erforderliche Summe von mehr als 20.000 Euro in Form von Geld- und Sachspenden neben beträchtlicher Eigenleistung der Vereinsmitglieder in nur knapp vier Monaten erbrachten.
Mit „Chapeau im Quadrat“ quittierte Erbachs Bürgermeister Dr. Peter Traub die Leistung des Vereins und insbesondere der drei Frontleute, „die nicht nur quatschen, sondern einfach machen“, und zog seinen Hut vor diesem ehrenamtlichen Engagement.
In Zeiten knapper Kassen könne die öffentliche Hand nicht alles leisten, sagte Traub und verwies auf die „hoheitlichen Pflichtaufgaben“. Diese hätten auch verhindert, dass trotz zweier Versuche in 2020 und 2021, das Mühlrad mit vorgesehenen städtischen Mitteln restauriert werden konnte, und das Vorhaben gescheitert sei.
„Wir brauchen das, was Sie uns vorgelebt haben“
„Wir alle sind die Stadt“, verwies der Bürgermeister darauf, dass aus städtischen Mitteln „nicht alles möglich, was sinnvoll ist“. Wolle man alle Wünsche erfüllen, müssten die Steuern „notwendigerweise auf 75% erhöht“ werden. Und das könne letztlich niemand wollen.
So entstehe auch keine Gemeinschaft, keine Bürgergesellschaft. „Deshalb brauchen wir das, was Sie uns vorgelebt haben, und brauchen Helfer und Sponsoren“, lobte Traub das bürgerschaftliche Engagement der „Erbacher Plattform“ und zollte insbesondere den drei Gründern „allerhöchsten Respekt“. Er hoffe auf viele Nachahmer und freue sich auf weitere Projekte, sagte der Bürgermeister.
„Kein nachhaltiges Glück beschieden“
Dr. Alfred Schwöbel skizzierte die Historie des 1430 erstmals erwähnten Mühlrads, dem „kein nachhaltiges Glück“ an der Schlossmühle beschieden war. Mehrere Hochwasserereignisse hätten ihm in der folgenden Zeit schwer zugesetzt und es auch mehrfach zerstört.
Nachdem Graf Eberhard XV. 1874 die Schlossmühle aufgegeben und das Gebäude zum Marstall umfunktioniert hatte, war das Schicksal des Mühlrads besiegelt.
Mehr als 110 Jahre später, im Jahr 1986, engagierte sich der Steinbacher Maschinenbauingenieur Werner Müller in Verbindung mit dem Erbacher Unternehmer Bernhard Koziol, der das Projekt finanzierte, für ein neues Mühlrad.
Mitarbeiter Koziols, mit Schreiner Helmut Müller an der Spitze, wurden zum Bau des Mühlrads vom Firmenchef abgestellt, ehe es an historischem Ort bis 2011 wieder klapperte. Seither drehte sich das Rad aufgrund einer Unwucht und zersetztem Holz nicht mehr.
Lediglich Welle, Lager und Rosetten noch brauchbar
Bei der jetzt erfolgten Restaurierung konnten lediglich Welle, Lager und Rosetten des alten Rades noch Verwendung finden. Gebaut wurde der Korpus des neuen Mühlrads im Maschinenbauunternehmen Ganster GmbH in Michelstadt.
Die Schreinerarbeiten des mit Eichenholz beplankten Rads führte Helmut Müllers Sohn Thommy im Hitschiespark und damit ebenfalls in Michelstadt aus, was Schwöbel zur erheiternden Feststellung verleitete: „das Mühlrad ist >Made in Michelstadt<“.
Erbacher Elektromeister will für Beleuchtung sorgen
Für eine hoffentlich lange Lebensdauer des neuen Mühlrads soll auch ein montierter zehn Meter langer Treibgutabweiser sorgen, der das Rad in der Mümling vor Verschmutzung sichert.
Eine weitere gute Nachricht erfuhr die FACT-Redaktion nach Inbetriebnahme des neuen Mühlrads: ein Erbacher Elektromeister hat angeboten, die neue Attraktion in der Erbacher Altstadt auch in den Abendstunden sichtbar zu machen, und will auf eigene Kosten das sich munter drehende Mühlrad anstrahlen lassen.