Marketing-AffĂ€re um Erbacher BĂŒrgermeister Harald Buschmann verschĂ€rft sich
Rathauschef widersetzt sich Magistratsvorgaben, lĂ€sst bereits fertige Websites einstampfen und vergibt die Arbeiten fĂŒr rund 31.000 Euro neu an Lebensform + + + Juristen sehen Staatsanwaltschaft gefordertERBACH. - Die Marketing-AffĂ€re um den Erbacher BĂŒrgermeister Harald Buschmann verschĂ€rft sich. âDa sind alle Grundlagen fĂŒr ein umfassendes Verfahren, sowohl strafrechtlich, vergaberechtlich und kommunalrechtlich gegebenâ, sagten erfahrene Juristen auf FACT-Anfrage.
âAuch Korruptionsaspekte sind nicht auszuschlieĂenâ, Ă€uĂerte ein Rechtsanwalt, wĂ€hrend sein Kollege ergĂ€nzte, âdie Staatsanwaltschaft muss jetzt handeln, nachdem der Fall bereits umfassend in der Ăffentlichkeit dargestellt wurdeâ.
Dabei werden immer weitere Details bekannt, die das Vergehen des Kreisstadt-BĂŒrgermeisters bei der stĂ€dtischen Auftragsvergabe an seine Wahlkampfagentur Lebensform GmbH keineswegs mehr nur als lapidaren âFehlerâ erscheinen lassen, wie es Buschmann in seiner Selbstanzeige noch darzustellen versucht (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).
âMit Magistrat und Mitarbeitern Zielbestimmung vornehmenâ
Ausweislich eines Magistrats-Protokolls vom 30. MĂ€rz 2015, das von BĂŒrgermeister Buschmann auch als SchriftfĂŒhrer gemeinschaftlich mit dem Ersten Stadtrat unterschrieben ist, wurde damals unter Tagesordnungspunkt 7 die âErstellung eines einheitlichen Corporate Identity und Corporate Design (CI und CD) â Pitching-Verfahrenâ besprochen.
Unter Verweis auf zur VerfĂŒgung gestellte Beratungsunterlagen gab BĂŒrgermeister Buschmann dazu âeinige ErlĂ€uterungen und beantwortet gemeinsam mit Herrn Reubold und Herrn La Meir Fragenâ, wie der Rathauschef in seinem selbst gefertigten Protokoll festhielt.
âIn der Diskussion zeigt sich, dass der Magistrat skeptisch ist, ob die Kosten fĂŒr eine so weitgehende und fachlich fundierte Beratungsleistung fĂŒr die GröĂenordnung unserer Stadt angemessen ist. Trotzdem handelt es sich um ein preislich und inhaltlich recht interessantes Angebotâ, hielt Buschmann in dem Protokoll zur Diskussion um das Pitching-Verfahren fest.
AbschlieĂend wird die âĂŒbereinstimmende Magistratsauffassungâ wie folgt fixiert: âEs wird vereinbart, zunĂ€chst mit dem Magistrat und zustĂ€ndigen Mitarbeitern eine Bestandsaufnahme und Zielbestimmung vorzunehmen.â
Buschmann widersetzte sich Magistratsvorgaben im Alleingang
Dieses von Buschmann selbst protokollierte Procedere setzte er in der Folge allerdings keineswegs in die Tat um, sondern agierte im Alleingang an der Vereinbarung vorbei ohne sich an GremienbeschlĂŒsse oder deren Empfehlungen zu halten.
ZunĂ€chst wurden durch einen stĂ€dtischen Mitarbeiter dessen Ausarbeitungen zu einer Vielzahl geplanter und bereits umgesetzter MaĂnahmen in Stadtmarketing und Tourismus ab Mai 2015 in öffentlichen Sitzungen des Ausschusses fĂŒr Tourismus, MĂ€rkte und Kultur, dem Haupt- und Finanzausschuss und anschlieĂend in der Stadtverordnetenversammlung vorgestellt und dort jeweils zustimmend zur Kenntnis genommen.
Insgesamt sechs Websites beauftragt und umgesetzt
So wurde auch die MichelstĂ€dter Agentur Leflow bereits mit der Umsetzung von Internet-Auftritten ĂŒber eine Multi-Domain der Stadt beauftragt. Darin eingebunden waren Websites der Stadt Erbach, der Schlossbetriebsgesellschaft, des Elfenbeinmuseums, des Wiesen-, Weihnachts- und Wochenmarktes der Kreisstadt.
Damit war gewĂ€hrleistet, dass insgesamt sechs Internet-Auftritte im einheitlichen Design rund um das vorhandene Logo mit Wiedererkennungswert die âMarke Erbachâ in der AuĂendarstellung reprĂ€sentieren. Diese Websites mit jeweils umfangreichen Unterseiten wurden erstellt und mehrere Mitarbeiter der Erbacher Stadtverwaltung bereits in einer mehrstĂŒndigen Schulung auf das Einpflegen der aktuellen Texte gebrieft.
Fertige Arbeiten eingestampft und weitere Kosten fĂŒr Lebensform produziert
Mitte des Jahres 2016 zog BĂŒrgermeister Buschmann plötzlich die ReiĂleine und kĂŒndigte die stĂ€dtische Zusammenarbeit mit der Agentur Leflow auf. Die fertig vorliegenden Arbeiten dieser Agentur wurden verworfen und eingestampft, die entstandenen Kosten im fĂŒnfstelligen Bereich bezahlt.
In der Folge erhielt Buschmanns Wahlkampfagentur Lebensform im August/September 2016 AuftrĂ€ge fĂŒr ein Corporate Design (CD), eine Website (diesmal nur fĂŒr die Stadt, nicht wie zuvor auch fĂŒr Schloss, Elfenbeinmuseum und die diversen MĂ€rkte), sowie Fotos zur Illustration im Gesamtwert von 30.940 Euro.
Im Rahmen dieser Beauftragung findet sich auch der von Harald Buschmann und seinem Stadtbaumeister Martin La Meir gemeinsam unterschriebene Knebelvertrag fĂŒr das CD, das die Erbacher Stadtverwaltung praktisch uneingeschrĂ€nkt fĂŒr alle FolgeauftrĂ€ge an die Agentur Lebensform bindet.
Knebelvertrag fĂŒr die Stadt von Buschmann und La Meir unterschrieben
Wörtlich heiĂt es in diesem Vertrag: âDie Entwicklung eines Corporate Designs beinhaltet... Die Erstellung zu diesem Angebotspreis (Anmerkung d. Redaktion: 2.975 Euro) erfolgt nicht nur auf der Grundlage der langjĂ€hrigen Zusammenarbeit mit der Stadt Erbach und dem aktuell gĂŒltigen Logo, sondern auch vor dem Hintergrund, dass die Firma Lebensform ihren Sitz in Erbach hat. Daher bindet das Angebot die Bedingung ein, dass ausschlieĂlich im Einvernehmen mit der Agentur Lebensform eine andere Agentur das CD umsetzen darf.â
So haben BĂŒrgermeister und Stadtbaumeister im besten Einvernehmen unter der Verantwortung des Rathauschefs der Schutzschirmkommune zusĂ€tzlich zum bereits fertig gestellten Web-Auftritt der Stadt sowie aller angegliederten Museen und MĂ€rkte Erbach weitere Kosten von knapp 31.000 Euro aufgebĂŒrdet.
Vermeidbare Doppelkosten zu Lasten der Steuerzahler
Dabei handelt es sich zweifelsfrei um vermeidbare Doppelkosten von immerhin rund 31.000 Euro, somit regelrecht rausgeworfenes Geld zu Lasten der Erbacher SteuerbĂŒrger, mit deren â aufgrund der Schutzschirm-Bedingungen eigentlich nicht verfĂŒgbarem â Geld nur so um sich geworfen wird, um einen befreundeten Unternehmer zu protegieren.
Damit aber lĂ€ngst nicht genug: Auch alle folgenden stĂ€dtischen WerbeaktivitĂ€ten wurden praktisch exklusiv an die Agentur Lebensform vergeben, was Insider als eine âGelddruckmaschineâ fĂŒr Lebensform zum Nachteil der Stadt Erbach bezeichnen.
Diese hat damit ihre am Wettbewerb orientierte Vergabefreiheit leichtfertig aus der Hand gegeben und sich der ausschlieĂlichen Preisgestaltung der Firma Lebensform GmbH ausgeliefert. Wohl dem, der solche Gönner hat.