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Drei Verhandlungstage: Ein Zwischenfazit zum Strafverfahren gegen früheren Landrat Dietrich Kübler

Ex Landrat Dietrich Kübler (67, ÜWG) hatte dem Chef der Kreistochter OREG die Geschäftsführung faktisch aus der hand genommen. Foto: © by -pdh-

ODENWALDKREIS / MICHELSTADT / HÜTTENTHAL. - Drei lange Verhandlungstage liegen inzwischen hinter dem angeklagten früheren Odenwälder Landrat Dietrich Kübler (67, ÜWG, Mosautal-Hüttenthal), seinen drei Verteidigern, dem Michelstädter Schöffengericht, der Darmstädter Staatsanwältin und einer großen Zahl interessierter Bürger im Zuhörerraum.

Drei Tage im Gericht, die vor allem eines zutage förderten: Der Angeklagte ist sich keines absichtlichen Fehlverhaltens bewusst, auch wenn er zu Beginn des Verfahrens während seiner einzigen Einlassung ausführte, er habe nicht bemerkt, dass sein Verhalten bei seinen Mitarbeitern Zukunftsängste ausgelöst habe und sie sich massiv von ihm unter Druck gesetzt fühlten.

Fast alle bisher angehörten Zeugen allerdings sagten genau dieses aus. Um seinen Plan durchzusetzen, ein neues Standortmarketingprojekt im Odenwald zu installieren, war dem Ex-Landrat fast jedes Mittel recht. Nach den vielfältigen Aussagen hatte Dietrich Kübler das Ziel, die von ihm auserkorene Agentur Lebensform mit dem lukrativen Auftrag zu beglücken.

Trotz Gegenwehr der regionalen Wirtschaft setzte er den Vorsatz mit brachialer Gewalt durch, durch Bedrohung und tatsächlicher Degradierung von Mitarbeitern und mit Hilfe treu ergebener Helfer, die möglicherweise zu rechtswidrigen Handlungen gedrängt wurden oder diese selbständig durchführten.

Die ansonsten recht farblose und zum Teil fahrige Verteidigung konnte aus dieser Gemengelage, in Angst und Schrecken lebende Mitarbeiter machen Fehler, einige lichte Momente ableiten. Völlig zu Recht merkten die Anwälte an, dass das Rechtsamt des Kreises mehrmals und im Finale äußerst massiv, den Landrat und seinen Hauptabteilungsleiter Oliver Kumpf im persönlichen Pausengespräch während der entscheidenden Sitzung vor der kurz danach getroffenen Entscheidung gewarnt hatte.

Dass nur wenige Wochen später dasselbe Rechtsamt Formulierungshilfe bei der Vertragsgestaltung mit genau dem Unternehmen gegeben hat, statt zumindest die Umstände zu hinterfragen, ist nur schwer zu vermitteln.

Natürlich ändern die Fragen nichts an der wohl inzwischen bewiesenen Tatsache, dass weder Landrat noch Hauptabteilungsleiter das Entscheidungsgremium rechtzeitig über die vielfachen massiven Warnungen des Rechtsamts informiert haben sondern dieses Herrschaftswissen dem Gremium absichtlich verheimlicht haben.

Auch in eine andere Wunde legten die Verteidiger ihre Finger, als sie den ehemaligen Geschäftsführer der Odenwald Regionalgesellschaft GmbH, Jürgen Walther, grillten. Er sagte aus, dass ihm die Geschäftsführung der OREG immer mehr entglitt, weil hinter seinem Rücken Kommunikation und Auftragsgespräche zwischen Landratsamt und Werbeagentur hin und her gingen, Aufträge erteilt wurden und Rechnungen an das Landratsamt gesandt wurden, von denen er nichts wusste.

Erst als die Zahlung anstand, um die EU-Fördergelder reklamieren zu können, habe er die heimliche Zusammenarbeit bemerkt. Trotzdem habe er alle Rechnungen aus OREG-Mitteln bezahlt, um nicht in Regress genommen zu werden und persönliche Nachteile zu erfahren, die ihm nach eigenen Angaben vom Landrat angedroht worden waren.

Walther vermittelt den Eindruck eines gut dotierten Managers, der in einer persönlichen seelischen Notlage wohl nicht immer in das GmbH-Gesetz geschaut hat. Dort sind die Pflichten eines Geschäftsführers sehr detailliert aufgeschrieben. Aber kann man in einer Atmosphäre von Angst und Schrecken immer klaren Kopf behalten?