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Stadtführung für einheimische Gastronomen

Gästeführerin Edith Rippert (Mitte) zeigt Betreibern von Gaststätten und Beherbergungsbetrieben von Michelstadt die schönsten Stellen in der Altstadt. Foto: Kulturamt Michelstadt

MICHELSTADT. - Stadtführungen durch Michelstadt sind nicht nur etwas für Besucher und Touristen der größten Stadt des Odenwalds. Die schönsten Plätze in der Altstadt und Geschichten und Anekdoten, die sich darum ranken, bereichern auch das Wissen der Einwohner von Michelstadt.

Und wer sollte nicht besser dafür geeignet sein, dieses an Gäste weiterzugeben als Bürgerinnen und Bürger, die schon von Berufs wegen mit Besuchern zu tun haben?

Für das städtische Kulturamt zählt es daher zum festen Angebot im Jahr, Besitzern und Betreibern von Hotels, Beherbergungsbetrieben und Gastronomen eine Stadtführung anzubieten. "Es zählt zu unserem Selbstverständnis, regelhaft mit Gewerbetreibenden im Austausch zu stehen, die sich um das Wohl der Gäste unserer Stadt kümmern", sagt Kulturamtsleiter Heinz Seitz.

Je besser diese Gruppe über die Vorzüge der Stadt Bescheid wissen und sich mit Michelstadt identifizieren können, umso besser können sie ihre Rolle als "Gesicht der Stadt" einnehmen. Seitz ist davon überzeugt, dass dies auch auf die Gästeführerinnen und Gästeführer in gleicher Weise zutrifft, weshalb eine Sonderführung für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation ergibt.

Am Montag war es ein gutes Dutzend an Multiplikatoren, die der Einladung aus dem Kulturamt gefolgt waren, um Gästeführerin Edith Rippert, ausgehend vom Marktplatz, durch die Altstadt zu folgen. Die versierte "waschechte Michelstädterin" blickt auf drei Jahre intensive Erfahrungen als Stadtführerin zurück, darunter mit etlichen Sonder- und Themenführungen.

Das richtige Baujahr des historischen Rathauses muss man Michelstädtern nicht mehr erklären, aber wer weiß auch, dass 1845 das gute Stück in einem solch schlechten Zustand angekommen war, dass ernsthaft Stimmen laut wurden, die für einen Abriss plädierten? Es soll Bürgermeister Kilian Spiegel gewesen sein, der bei einem Patt-Abstimmungsergebnis unter den Räten seine Stimme verdoppelt haben soll, um Geld für eine Renovierung durchzusetzen.

Das bauliche Ensemble rund um den Marktplatz wird seines schmucken Gesamtbilds wegen von Einwohnern wie Besuchern gerne geschätzt. Meistens leidet darunter die Aufmerksamkeit gegenüber einzelner Gebäude. Nicht so bei Edith Rippert. In ihrer Führung dürfen die Neidköpfe an der ehemaligen Brauerei ebenso nicht fehlen wie die 1530 erbaute alte Apotheke, in der heute das "Schmuckkästchen" eine große Auswahl an Geschenkartikeln und Mitbringsel parat hält.

Die Zuhörer erfuhren, dass der Besucher auch Gefallen an einem aus Quark und Lehm geformten Ornament finden wird, das an einer Decke zu sehen ist. Nebenan steht die wieder aufgebaute alte Schmiede und davor der Marktbrunnen, in dessen Mitte einen Renaissance-Säule gen Himmel zeigt, auf der seit 1575 Erzengel Michael über die Stadt wacht.

Schutzpatron ja, Namensgeber nein. Es folgte die wechselvolle Geschichte der Löwenhofreite. Anschließend lenkte Edith Rippert die Schritte zum Diebsturm, dessen Entstehung zu den Zeiten der Altstadtsanierung nachlesbar um rund 800 Jahre vordatiert wurde. "1367 wurde die Burg von Michelstadt zerstört", rückte die Stadtführerin die Zahlen wieder zurecht.

Um 1400 wurde die Stadtmauer fertig gestellt und der Turm gleich mit. Weiter ging es durch den Burggraben und über die nächste Holzbrücke wieder zurück in den historischen Kern. In der Kellerei durfte die vergleichsweise jüngste Geschichte vom Brand einer Bude auf dem Weihnachtsmarkt von 1997 nicht fehlen.

Die Beschädigung der dahinter liegenden Wand hat zur Freilegung eines gotischen Stadttores geführt und damit auch die bis dahin gültige Version widerlegt, dass die Kellerei von heute auf demselben Grund stehe, der zuvor als Burg gedient habe.

Nach einer guten Stunde endete die Führung auf dem Kirchplatz. Waltraud Biebert und Daniela Sörgel waren sich einig in ihrem Lob: "Auch als Michelstädterin entdecke ich bei solchen Gelegenheiten immer etwas Neues und erfahre mehr über meine Stadt und ihre Geschichte." Und Klaus Bischoff betonte, wie wertvoll es ist, Gästen gezielt Auskünfte geben zu können, die sich nur wenige Tage in der Stadt aufhalten.