Streiter für ein starkes Wir-Gefühl
Wie Wald-Amorbach und Falken-Gesäß beim Dorf-Wettbewerb punkten wollenFALKEN-GESÄSS / WALD-AMORBACH. - Reich an Sehenswürdigkeiten ist Falken-Gesäß nicht gerade, streng genommen gibt es nur eine einzige: die Reste der St. Leonhardskapelle, eines einst bekannten Wallfahrtsorts im Weiler Leonhardshof. Ortsvorsteher Manuel Schwinn weiß um die Bedeutung dieser Stätte, aber wenn er seinen 500-Seelen-Ort beschreibt, ist ihm vor allem eine andere Attraktion wichtig: „Unsere eigentliche Sehenswürdigkeit ist unsere Dorfgemeinschaft.“
Das ist an diesem Mittwoch seine zentrale Botschaft für die fünfköpfige Kommission, die gekommen ist, um den Ort zu begutachten, der am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ teilnimmt. Auch Nils Andreas, der stellvertretende Ortsvorsteher von Wald-Amorbach, gibt an diesem Tag alles, um die für Südhessen zuständige Jury zu überzeugen.
Auch sein Dorf will zumindest den Regionalentscheid gewinnen, die erste Stufe des Wettbewerbs, der über einen Landes- bis zum Bundesentscheid führt. Unterstützt werden Schwinn und Andreas von etlichen Bürgerinnen und Bürgern sowie Vereinsvertreterinnen und -vertretern, die der Kommission Rede und Antwort stehen.
Die beiden besten Dörfer des Regionalentscheids kommen in die nächste Runde, den hessenweiten Wettstreit. Außer Falken-Gesäß und Wald-Amorbach sind zehn weitere südhessische Dörfer in der ersten Runde, vier aus dem Kreis Darmstadt-Dieburg und sechs aus dem Kreis Bergstraße.
Anfang nächster Woche will die Jury unter der Leitung von Petra Jackstein ihre Entscheidung bekanntgeben. Wald-Amorbach und Falken-Gesäß waren die beiden letzten Dörfer, die die Kommission begutachtet hat. Wirtschaftliche Initiativen und bürgerschaftliches Engagement interessiert die Experten genauso wie die Bau- und Grüngestaltung.
In beiden Odenwälder Dörfern können sich Jackstein und ihre vier Kollegen diesbezüglich sehr viel notieren. Zum Beispiel, wie es in dem 550 Einwohner zählenden Wald-Amorbach gelungen ist, 2016 in der Ortsmitte einen Dorfladen zu etablieren – das „Weck-Eck“ –, nachdem der frühere Bäckerladen geschlossen hatte.
„So ist die Nahversorgung sichergestellt“, hebt Nils Andreas hervor. Er kann der Kommission vom großen Engagement der Dorfgemeinschaft berichten, ohne das es weder diesen Laden geben würde, noch die Kita „Mäusebande“ mit ihren 12 Plätzen oder die vielfältig zu nutzende Begegnungsstätte „Allminanner“, deren Name Programm in Wald-Amorbach, einem Ortsteil von Breuberg, ist.
Das Wir-Gefühl zu stärken ist auch in Falken-Gesäß, das zu Beerfelden gehört, ein zentrales Anliegen. Dort soll das Dorfgemeinschaftshaus umgestaltet und so „ein Zentrum des dörflichen Lebens“ werden, wie Manuel Schwinn schildert.
Die ersten Schritte dazu wurden bereits unternommen, wie die Kommission von ihm erfährt. Schwinn kann sich auch vorstellen, dort einen kleinen Laden unterzubringen. Bald angegangen wird die Umgestaltung des Dorf- und Sportplatzes. Bereits entwickelt wurde eine Broschüre, die vor allem Zugezogenen dienen soll und die Grundlage für eine neue Homepage ist.
Eine wesentliche Stütze sind in beiden Dörfern die Vereine. Sie sorgen für Zusammenhalt und stellen viel auf die Beine. Das und den darüber hinaus geleisteten ehrenamtlichen Einsatz wissen auch die Stadtoberen aus Breuberg und Beerfelden zu schätzen.
So lobt der Breuberger Bürgermeister Jörg Springer Wald-Amorbach als „sehr agilen Stadtteil“ mit großem bürgerschaftlichen Engagement. „Hier stimmt einfach so vieles.“
Horst Kowarsch, der Erste Stadtrat von Beerfelden, weiß um die Bedeutung der tatkräftigen Hilfe von Bürgerinnen und Bürgern wie sie in Falken-Gesäß existiert. „Ohne diesen Einsatz gibt es kein ländliches Leben.“ Der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ sei ein Beitrag zur Stärkung der ländlichen Region.
Das Land Hessen richtet diesen Wettstreit schon zum 36. Mal aus. Federführend ist das Umweltministerium. Bei der ersten Stufe, dem Regionalentscheid, gibt es Preise von bis zu 4.000 Euro. Sie werden bei einer gemeinsamen Siegerfeier im Herbst verliehen. Der Landesentscheid findet im Sommer des nächsten Jahres statt. Die Sieger nehmen dann am Bundeswettbewerb teil, der für den Sommer 2019 angesetzt ist.
Der Odenwaldkreis unterstützt Dörfer, die an dem Wettbewerb teilnehmen, organisatorisch und berät sie. Verantwortlich dafür ist Eva Eisenhauer von der Abteilung Landschaftspflege und Naturschutz. Für Wald-Amorbach und Falken-Gesäß heißt es nun warten. Aber schon bald wird klar sein, wer in Südhessen das Rennen macht und die nächste Runde erreicht.