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„Ohne die direkte Begegnung fehlt etwas“

Selbsthilfegruppen in der Corona-Krise: Persönliche Begegnungen sind nicht durch Videoschalten zu ersetzen

ODENWALD / MICHELSTADT. - Die Corona-Krise ist eine schwierige Zeit für Selbsthilfegruppen. Anhand der Tatsache, dass seit Anbeginn der Krise vermehrt die Selbsthilfegruppen Rat suchen beim Selbsthilfebüro, ist für mich als Mitarbeiterin klar.

„Die Einsamkeit wächst, was zur Folge hat, dass gesundheitliche Probleme und psychische Belastungen zunehmen.“ Vor allem Menschen, die bereits vorbelastet, sind trifft die Krise besonders tragisch.

Dies weiß Claudia Ray vom Selbsthilfebüro aus zahlreichen Telefongesprächen und E-Mails mit den Gruppenleitungen. Gerade jetzt wäre eine Begegnung und ein persönlicher Austausch mit Gleichbetroffenen wertvoll.

Auch die Gruppen, die sich für gemeinsame Bewegungsangebote treffen, z. B. die Osteoporose-Selbsthilfegruppe oder die Parkinson-Hilfe, haben es schwer. Den Betroffenen fehlt diese gemeinsame Aktivität um den Krankheitsverlauf zu mildern.

Für viele Gruppen und auch für das Selbsthilfebüro ist jedoch nicht klar, wie und wann es mit Gruppenangeboten weitergehen kann. Unsicherheiten gibt es da viele. Vor allem, da es in vielen Selbsthilfegruppen Personen gibt, die zur Risikogruppen gehören. Da will nichts überstürzt werden.

Manche Selbsthilfegruppen probieren sich auch in digitaler Selbsthilfe. Das funktioniert bei einigen Gruppen ganz gut, z. B. bei den Sucht-Selbsthilfegruppen des DRK-Selbsthilfezentrums.

Die meisten Gruppen machen allerdings die Erfahrung, dass persönliche Begegnungen nicht durch den virtuellen Austausch zu ersetzen sind.

„Es fällt einfach schwerer über Gefühle zu sprechen“, so die Rückmeldung von Holger Leitermann der SelbstHilfeGruppe Semikolon – für seelische Gesundheit.

So kommt es, dass die meisten doch eher zum Telefonhörer greifen und sich zumindest regelmäßig auf diesem Wege austauschen. Besonders betroffen von Einsamkeit sind momentan alleinstehende, schwerkranke Menschen.

Für diese ist es besonders wertvoll von Mitgliedern aus der Selbsthilfegruppe zumindest regelmäßig angerufen zu werden. Als Mitarbeiterin des Selbsthilfebüros habe ich persönlich große Achtung vor dieser ehrenamtlichen Aufgabe, es ist eine große Fürsorge untereinander da.

Damit die Planung und Wiederaufnahme von Treffen in Zeiten der Corona-Kontaktbeschränkungen für die Selbsthilfegruppen übersichtlicher wird, hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Selbsthilfekontaktstellen in Hessen eine Handreichung veröffentlicht.

Diese beinhaltet unter anderem Empfehlungen für die Durchführung der Gruppentreffen unter Einhaltung der Hygiene- und Schutzmaßnahmen.

Viele Gruppen beschäftigt nun die Frage, ob sie sich unter diesen Vorschriften überhaupt treffen möchten. Manche fühlen sich mit der Verantwortung für die Beaufsichtigung der Gruppentreffen unter diesen Bedingungen überfordert.

Zudem kommt das Problem, dass viele Räumlichkeiten, die noch vor der Krise genutzt wurden noch nicht wieder für Gruppentreffen öffnen. Davon sind besonders die Gruppen betroffen, die sich in Kliniken treffen, denn dort gilt bis auf weiteres das Besuchsverbot.

Die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Treffen liegt letztlich bei den Gruppen selbst. Selbsthilfe meint nämlich in erster Linie Selbstverantwortung.

Das Selbsthilfebüro steht den Gruppen dabei vermittelnd und unterstützend zur Seite. Ihrem Wesen nach organisieren sich die Gruppen jedoch selbst.

Für das Selbsthilfebüro Odenwald kam der Zeitpunkt des Lock-Downs denkbar ungünstig. Nach dem Umzug Anfang des Jahres in ein ehemaliges Ladengeschäft in der Michelstädter Innenstadt, begannen die hellen und freundlichen Gruppenräume sich gerade mit Leben zu füllen.

Dann plötzlich standen die Räume wieder leer. Beratungen für Selbsthilfegruppen und –interessierte sowie Fachkräfte finden jedoch trotz Krise statt, bis vor kurzem allerdings nur per Telefon und E-Mail.

Persönliche Beratungsgespräche sind mittlerweile auch wieder möglich, allerdings nur mit Termin und bei Einhaltung der Schutzmaßnahmen.

Auch wenn gerade der Einstieg für Neulinge derzeit schwierig ist, können doch zumindest erste Telefongespräche mit den Gruppenleitern stattfinden. Und es gibt ja auch hier und da die Möglichkeit sich mal zu einem Spaziergang zu treffen.

Insgesamt ist die Selbsthilfe gerade gefragt neue Wege zu gehen. Und Selbsthilfe ist auch nicht nur im Kreis sitzen und reden. Vor allem sind die Gruppen ein Weg aus der Einsamkeit zum Gemeinsamen.

Kontakt und Info: Claudia Ray Selbsthilfebüro Odenwald, Telefon: 06061 9692290, Mobil: 0159 04 60 69 39, E-Mail: selbsthilfe.odenwald(at)paritaet-projekte.org, Website: www.paritaet-selbsthilfe.org