Standortmarketing-Affäre im Odenwald: Hauptabteilungsleiter Oliver Kumpf erteilt irreführende Antworten
RTL-Produktionsfirma Constantin Entertainment sollte mit falschen Auskünften offenbar von einer Berichterstattung zur seit mehr als 3 Jahren im Odenwaldkreis omnipräsenten Affäre abgehalten werdenODENWALDKREIS. - Vor etwa zwei Jahren wollte der ZDF-Länderspiegel bereits unter der Rubrik „Hammer der Woche“ einen Bericht über die Affäre Standortmarketing im Odenwaldkreis senden. Abwiegelnde und möglicherweise irreführende Auskünfte aus der Führungsetage des Kreises hielten den öffentlich-rechtlichen Sender offenbar damals davon ab.
Der private Fernsehsender RTL hat sich nach aktuellen Informationen nicht von erneut irreführenden Auskünften aus dem Landratsamt in Erbach abschrecken lassen. Am 30. November um 20.15 Uhr wird RTL nach eigenen Informationen im Rahmen der Sendereihe „Mario Barth deckt auf“ einen Bericht über die Affäre um das seit mehr als vier Jahren geplante Odenwälder Standortmarketing senden.
Erschütternd dabei die erneut unwahre Auskunft aus dem Landratsamt des Odenwaldkreises. Hauptabteilungsleiter Oliver Kumpf, im Verlauf der Affäre selbst einer der „Hauptdarsteller“, und als solcher im Visier der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, erteilte der RTL-Produktionsredaktion im Zuge derer Recherchen die wahrheitswidrige Auskunft, „der Odenwaldkreis war nicht Verfahrensbeteiligter“ und verwies als mögliche Auskunftsgeber auf die Kreistöchter Odenwald Regionalgesellschaft (OREG) und Odenwald-Tourismus GmbH (OTG) als Verfahrensbeteiligte.
Auf FACT-Anfrage bei der Hauptabteilung der Verwaltung des Odenwaldkreises, wie diese wahrheitswidrige Antwort zustande gekommen sei, kam via Pressestelle des Kreises jetzt deren Antwort:
>Was Sie als „unhaltbare“ Aussage bewertet haben, sah die von Ihnen angeführte RTL-Produktionsfirma Constantin Entertainment offensichtlich anders, denn von dort kam auf unsere Antwort vom 19. Oktober 2016, die der zuständige Abteilungsleiter (Anm. d. Red.: Oliver Kumpf) gab, keine Rückfrage.
Zutreffend ist allein, dass unsere Antwort an diese Firma sich ausschließlich auf deren konkrete Frage nach dem Streitfall im Hinblick auf die Nutzungsrechte im Zusammenhang mit dem Standortmarketing für den Odenwaldkreis bezog.
Dazu ist eindeutig festzustellen, dass bei dem Streitfall – im Sinne eines Gerichtsverfahrens – bezüglich der Nutzungsrechte der Odenwaldkreis eben nicht Verfahrensbeteiligter war und ist. Von einer „unhaltbaren“ Aussage, wie Sie das darstellen, kann also keine Rede sein.
Im Übrigen haben wir nicht die Absicht, über unsere umfassende Pressemitteilung vom 15. Juli dieses Jahres hinaus weitere Erklärungen abzugeben.<
Dazu bleibt anzumerken, dass die Redaktion der RTL-Produktionsfirma Constantin Entertainment sehr wohl Nachfragen hatte, diese aber an die von der Hauptabteilung der Odenwälder Kreisverwaltung als zuständig bezeichneten Töchter Odenwald-Regionalverwaltung (OREG) bzw. die Odenwald-Tourismus GmbH (OTG) richtete.
Die Antwort von Hauptabteilungsleiter Oliver Kumpf an Constantin Entertainment -wie jetzt auch an die FACT-Redaktion- erfährt schließlich auch keinen Wahrheitsgehalt durch den Hinweis auf das zwischen der Erbacher Agentur Lebensform GmbH mit der OTG geführte Gerichtsverfahren bezüglich der Nutzungsrechte.
In diesem Gerichtsverfahren war zwar, zutreffend, der Odenwaldkreis nicht direkt Verfahrensbeteiligter, weil die Kreistochter OTG als ursprünglich Exklusivinhaber der Rechte auf Rückgabe verklagt war. Das Gesamtverfahren bezüglich der Nutzungsrechte selbst drehte sich aber sehr wohl ausschließlich um den Odenwaldkreis, da dieser Logo nebst Corporate Identity (CI) und Corporate Design (CD) zum zweiten mal von der gleichen Agentur gekauft hatte und ebenfalls nutzt.
Aus diesem Grund zahlte der Odenwaldkreis auch 45 Prozent der von der Lebensform GmbH im gerichtlichen Vergleich mit der OTG erstrittenen Summe von 30.000 Euro für die gemeinsamen uneingeschränkten Nutzungsrechte des von Lebensform doppelt verkauften Logos. Weitere fünf Prozent der Summe wurden vom Neckar-Odenwaldkreis bezahlt, der Logo, CI und CD ebenfalls nutzt.
Der Odenwaldkreis selbst zahlte nach entsprechendem Kreistagsbeschluss anschließend sogar im Wege eines weiteren gerichtlichen Vergleichs zusätzlich 14.000 Euro an die im Ausschreibungsverfahren unterlegene Agentur VPS-Media in Mümling-Grumbach – was quasi einem Schuldeingeständnis bei der fehlerhaften Auftragsvergabe gleichkommt.
Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft Darmstadt mit dem früheren Landrat des Odenwaldkreises Dietrich Kübler den Drahtzieher der Affäre zwischenzeitlich wegen Untreue angeklagt, weil er „rechtswidrig in das Vergabeverfahren eingegriffen hat“.
Vor diesem Hintergrund ist die Antwort, die Hauptabteilungsleiter Oliver Kumpf der RTL-Produktionsfirma auf deren Anfrage erteilt hat, schlichtweg unwahr und irreführend.
Zur Erinnerung: Den Zuschlag für das mit EU-Geldern geförderte Projekt Standortmarketingkonzept für den Odenwaldkreis erhielt im Jahr 2012 eine Werbeagentur, die der Jury zuvor nicht als geeignet erschienen war. Sie war durch illegale Manipulationen des damaligen Landrats dann doch in den Genuss des kompletten Auftrags gekommen.
In der Folgezeit wurden die diversen Machenschaften bekannt, der damalige Landrat sieht sich jetzt einer Klage der Staatsanwaltschaft wegen Untreue ausgesetzt und der Gesamtschaden für den Kreis wird nach Ansicht einer im Odenwald beheimateten Unternehmensberatung etwa 550.000 Euro betragen.