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KOMMENTAR: Lösung des gordischen Knotens im Kübler-Prozess?

ODENWALDKREIS. - Dem Beobachter des nunmehr achten Prozesstages im Strafverfahren gegen Ex-Landrat Dietrich Kübler stellt sich die Frage, ob der diesmal als Zeuge geladene Lebensform-Agenturinhaber Johannes Kessel wegen fehlender schriftlicher Auftrags-Festlegungen nicht absichtlich im Trüben fischen will?

Kessels Aussage „So arbeite ich seit 20 Jahren“ lässt jedenfalls breiten Interpretationsspielraum zu seinem Geschäftsmodell. So wie man keinen Pudding an die Wand nageln kann, ist Kessel nicht zu greifen, wenn es am Ende um Fragen über korrekte Abwicklung seiner Projekte geht. Wo nichts schriftlich fixiert ist, ist keine Verantwortlichkeit zu manifestieren.

Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen Johannes Kessel wegen des Verdachts der Vorteilsannahme und -gewährung bei der Geschäftsverbindung mit Ex-Landrat Kübler wurde im September 2014 eingestellt.

Nachdenkliche Züge gab's jetzt beim Vorsitzenden Richter zur Frage, warum ein Landrat angesichts doch relativ kleiner Beträge ein Strafverfahren wegen Bevorzugung seiner Lieblingsagentur riskiert, obwohl sein eigenes Rechtsamt und die regionale Industrievereinigung ihm die rechtlichen Risiken deutlich vor Augen geführt haben.

Dies ist die Gretchenfrage, die sich Insider und Medienvertreter seit vier Jahren ohne Erfolg stellen. Sitzt mit dem Ex-Landrat überhaupt die richtige Person auf der Anklagebank? Denn Beobachtern der politischen Szene im Odenwaldkreis ist seit mindestens vier Jahren aufgefallen, dass nicht nur Dietrich Kübler in den Dunstkreis dieser Werbeagentur geraten ist.

Wie Kübler erging es auch drei Odenwälder Bürgermeistern, wovon einer noch rechtzeitig den Absprung geschafft hatte, ein anderer derzeit allerdings die Geschäftsbeziehung wieder intensiviert. Ihnen allen ist gemeinsam, dass die Werbeagentur sie bei Wahlkämpfen medial begleitete und die Wahlsieger seither „an der Angel“ hängen.

Es macht keinen großen Unterschied, ob ein Landrat seine Lieblingsagentur rechtswidrig protegiert, oder ob Bürgermeister ohne Ausschreibungen und Einholung von Alternativangeboten Aufträge in teilweise bis zu sechsstelligen Beträgen an ihren Parlamenten vorbei an eine Firma vergeben.

Vielleicht kommt der Michelstädter Amtsrichter Helmut Schmied bei Betrachtung dieser Umstände zu Antworten auf seine Frage. Dann könnte auch der gordische Knoten um das vertragslose Geschäftsmodell ohne Angebots-Rechnungs-Bezug durchschlagen werden.