Oberzent: Windpark Katzenwinkel wird gebaut - „Gegenwind“ macht erneut mobil
Scharfe Kritik der Bürgerinitiative Gegenwind Beerfelden-Rothenberg an der Genehmigungsbehörde beim Regierungspräsidium DarmstadtBEERFELDEN / ETZEAN. - Mandatsträger und Öffentlichkeit in der Stadt Oberzent werden mit der kurzfristigen Genehmigung und dem Sofortvollzug des Windparks in der Gemarkung Katzenwinkel bei Etzean überrascht (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).
Die Genehmigungsbehörde im Regierungspräsidium Darmstadt hat mit Verfügung vom 18. Oktober der Stadt Oberzent einen Genehmigungsbescheid für eine Anhörung zugestellt, in dem der JUWI AG in Wörrstadt erlaubt wird, drei 240m hohe Windindustrieanlagen in der dortigen Gemarkung oberhalb von Etzean auf dem Vorranggebiet 2-31 des Teilplans Erneuerbare Energien (TPEE) für den Regierungsbezirk Darmstadt zu errichten.
Das kommunale Einvernehmen mit der Stadt Oberzent wird ausdrücklich nicht hergestellt und alle im Verfahren vorgebrachten Einwendungen werden zurückgewiesen, auch der Antrag zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung wird abgelehnt.
Zudem wird mitgeteilt, dass eine Klage keine aufschiebende Wirkung hat und die sofortige Vollziehung des Bauvorhabens angeordnet wird. Die Baugenehmigung enthält zudem auch die Gestattung der Waldrodungen und die Umwandlung der Waldflächen im Interesse einer industriellen Nutzung.
Die Akteure der Bürgerinitiative Gegenwind Beerfelden-Rothenberg sehen in ihrer eilends einberufenen Zusammenkunft ein weiteres Mal eine Einschränkung der demokratisch legitimierten kommunalen Selbstverwaltung.
Sie erwarten von den kommunalen Mandatsträgern in der Stadt Oberzent auch bei der förmlichen Anhörung des Regierungspräsidiums die Beibehaltung und Aktualisierung ihrer Beschlüsse aus den Jahren 2017 und 2019 mit der Ablehnung der Natur- und Landschaftszerstörung durch die Windindustrieanlagen im UNESCO-Geo-Naturpark Odenwald.
Bezeichnend für die Auffassung des Regierungspräsidiums sei die Bemerkung, dass die natürliche Eigenart der Landschaft keiner weiteren Prüfung bedarf und Klimaschutz und Windenergie über allen vorgebrachten Argumenten stehe.
„Auch unter dem Aspekt des Denkmalschutzes ist die räumliche Wirkung der gigantischen Rotoren auf das in der Nähe liegende einzigartige historische Rechtsdenkmal des Beerfelder Galgens zu kritisieren“, konstatieren die Windkraftgegner.
Die vorgebrachte optische „Bedrängungswirkung“ durch die vermessene Visualisierung stehe dem Vorhaben der Betreibergesellschaft nach Auffassung der Genehmigungsbehörde nicht entgegen.
„In der Betrachtung des Artenschutzes und des Vogelzugs schließt sich die Genehmigungsbehörde den Gefälligkeitsgutachten der von den Betreibern bezahlten Gutachter an.
In der Darlegung wird beispielsweise das besondere Vorkommen der Haselmaus erwähnt und deren Vertreibung vorsätzlich befürwortet. Auch auf die weiteren nachgewiesenen Vorkommen schützenswerte Arten wird ausdrücklich nicht eingegangen.
Mehr als 120 Einwendungen aus der Bevölkerung werden als unbedeutend abgebügelt“, erkennen die Akteure der Bürgerinitiative Gegenwind.
„Mit dem Hinweis auf den von den Gemeinden des Odenwaldkreises beschlossenen und zurzeit in der oberen Gerichtsbarkeit anhängigen Flächennutzungsplanes, in dem der Katzenwinkel nicht zur Bebauung der Windindustrie vorgesehen ist, wird jetzt ausdrücklich das Bauvorhaben der Rotoren in dieser Gemarkung genehmigt.
Damit kommt zum Ausdruck, dass weder die Stadt Oberzent noch der Odenwaldkreis mit seinen Kommunen mit ihren Argumenten von der weisungsgebundenen Genehmigungsbehörde wahrgenommen werden.
Ausdrücklich werden in der behördlichen Baugenehmigung die wirtschaftlichen Interessen des gräflichen Großgrundbesitzers, der Mitglied im Kreisausschuss des Odenwaldkreises ist, gegen die demokratisch legitimierten Mandatsträger befürwortet, die im Interesse des Gemeinwohls ihre ablehnende Haltung formuliert hatten.
In diesem Zusammenhang ziehen die Akteure der Gegenwind-Initiative vor den Landwirten den Hut, welche die Zustimmungen zur Verpachtung von Grundstücken versagt haben und somit den Ausbau der Zuwegung für den Schwerlastverkehr zum geplanten Windkraftpark Etzean blockieren. Geldgier ist nicht überall der Hebel zum Türe öffnen“, stellen die Vertreter von Gegenwind fest.
Auch der in der Genehmigung mehrfach eingefügte Bemerkung, dass der zu erwartende Infraschall der Windindustrieanlagen nicht gesundheitsgefährdend sei, wird erneut widersprochen. „Die vermuteten Geräuschemissionen an verschiedenen Orten rund um den Katzenwinkel insbesondere in der Nacht sollten unbedingt hinterfragt werden.“
Das aktuelle Verfahren entspreche nach Auffassung der Mitglieder in der Bürgerinitiative nicht der vielfach formulierten Sonntagsreden über die verteidigungswürdige Rechtsstaatsdemokratie und trage stattdessen zur fortschreitenden Verbitterung der Bevölkerung bei.
Die anstehenden Beratungen der Baugenehmigung im Magistrat und in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Oberzent sollte nach den Erwartungen der Akteure in der Bürgerinitiative Gegenwind deren grundsätzliche Haltung mindestens mehrheitlich zum Ausdruck bringen und die Darlegung, dass die Planungshoheit der Stadt Oberzent und des Odenwaldkreises nicht relevant sei, einmütig zurückweisen.
„Insbesondere sollten sie auch der Behauptung des Regierungspräsidiums widersprechen, dass das Bauvorhaben im Interesse und in der Akzeptanz der Bevölkerung liege.“
Die Bürgerinitiative Gegenwind verweist auf das formulierte Eingeständnis der Genehmigungsbehörde, dass die Rentabilität der Anlagen ohne Subventionen nicht gegeben sei. Daher könne auch nicht unentwegt die Behauptung aufgestellt werden, die Erzeugung von Strom aus Windkraft diene der Versorgung der Haushalte.
„Tatsächlich räumt die Genehmigungsbehörde in ihrem Text ein, dass die Stromgewinnung aus Wind nicht grundlastfähig ist, weil der Wind im Odenwald nicht ausreichend weht.“
Insgesamt werde die Netzspannung „unwirtschaftlicher und von der Bevölkerung finanzierter Windindustrieanlagen benötigt, um die Großverbraucher im Ballungsraum, wo keine Windräder gebaut werden, mit ausreichendem Strom zu versorgen“.
Dies erfolge ausschließlich zulasten des ländlichen Raumes und ohne Entschädigung, was die Bürgerinitiative erneut als „Regionalkolonialismus“ bezeichnet.