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FĂŒhrung BĂŒrger – Bauern – Bauwerke - Mittelalterliches fĂŒr Kids und Teens

ArmdrĂŒcken, wie Kinder es im Mittelalter schon spielten, ist auch heute noch sehr beliebt. GĂ€stefĂŒhrerin Corinna Panayi-Konrad versteht es, dass Kinder sich fĂŒr das Leben der einfachen Menschen im Mittelalter interessieren. Foto: Stadt Michelstadt/Kulturamt

Eintauchen in den Alltag der Menschen im Mittelalter: Neue ThemenfĂŒhrung in Michelstadt fĂŒr Kinder und Jugendliche

MICHELSTADT. - Michelstadt ist bekannt fĂŒr sein historisches Rathaus und die Altstadt mit ihren vielen spĂ€tmittelalterlichen FachwerkhĂ€usern, kleinen Gassen und beschaulichen PlĂ€tzen im GrĂŒnen. Auch in den meisten Spielfilmen wird das Mittelalter gerne als eine idyllische Epoche von Abenteuer und Romantik dargestellt.

Doch wie sah das Leben der Menschen tatsĂ€chlich im Mittelalter aus; nicht das Leben der wenigen Ritter, BurgfrĂ€uleins und besser gestellten und vornehmen Leuten? Das Leben der einfachen Menschen war alles andere als abenteuerlich und von GlĂŒckseligkeit verwöhnt. Wie der Alltag und die Regeln in der „finsteren Zeit“ ausgesehen haben, davon erzĂ€hlt die neue StadtfĂŒhrung „BĂŒrger – Bauern – Bauwerke“.

Die ThemenfĂŒhrung richtet sich besonders an Kinder und Jugendliche. Im Auftrag des Kulturamts der Stadt Michelstadt hat die Weiten-GesĂ€ĂŸer GĂ€stefĂŒhrerin Corinna Panayi-Konrad viele Stunden investiert, um eine spannende FĂŒhrung auszuarbeiten. Bei ihrem Rundgang mit den jungen GĂ€sten werden Bilder sichtbar, die davon erzĂ€hlen, wie die Straßen ausgesehen haben, welche Berufe in welchen alten HĂ€usern ausgeĂŒbt wurden und wie das Zusammenleben organisiert war.

Die Regeln waren streng, von der Kleiderordnung bis hin zu den mitunter grausamen Bestrafungsmethoden. Die Armut war groß und der Aberglaube stand in stĂ€ndiger Konkurrenz zur gottesfĂŒrchtigen Predigt von der Kanzel. Corinna Panayi-Konrad kennt die vielen kleinen wie großen Spuren in der Altstadt, die erhalten geblieben sind: In einem StĂ€nderpfosten am Rathaus steckt das Ellenmaß, das die versierte Stadtkennerin erklĂ€rt und um weitere Schaubilder ergĂ€nzt, die eine "Handbreit" oder "Spanne" darstellen.

WĂ€hrend der rund 90minĂŒtigen FĂŒhrung erklĂ€rt sie den Unterschied zwischen einem Lauf- und einem Ziehbrunnen und wie ein „Brunnenvergifter“ bestraft wurde. Überhaupt spielten Strafen eine große Rolle im Mittelalter; darunter Bestrafungsmethoden fĂŒr Verhalten, das heute völlig anders beurteilt wird als vor ĂŒber 500 Jahren.

Frauen, die sich öffentlich stritten, mussten die doppelte Halsgeige aushalten; BĂ€cker, die zu kleine Brötchen backten, wurden im KĂ€fig mehrmals im Wasser untergetaucht. Mit dem Richtschwert, das im Odenwaldmuseum ausgestellt ist und zum Zweck der FĂŒhrung aus der Vitrine geholt wird, wurden nur höher gestellte Delinquenten hingerichtet. „Geköpft zu werden“, erklĂ€rt die GĂ€stefĂŒhrerin, „galt als Ehre, weil der Tod sofort eintrat. Ganz im Gegenteil zum Ertrinken oder RĂ€dern.“

Die lĂ€ngste Zeit beschĂ€ftigt sich die FĂŒhrung aber nicht mit solchen Grausamkeiten, sondern schĂ€rft den Blick der jungen GĂ€ste auf viele Details in der Altstadt, die schon aus praktischen und hygienischen GrĂŒnden heute anders sind als damals.

Die Gassen waren nicht mit Kopfsteinpflaster befestigt, sondern bestanden aus lehmigem Boden, „auf dem auch HĂŒhner und Schweine sich aufhielten und die Menschen ihre Notdurft aus den Fenstern herunter kippten“ - so sah das öffentliche Leben aus.

Dagegen mutete der Jahrmarkt auf dem Marktplatz wie ein Freudenfest an, nicht nur deswegen, um seine VorrĂ€te aufzufĂŒllen. Gaukler und Musikanten sorgten fĂŒr heitere Stunden. „Zu allen anderen Tagen war Musik den feinen Leuten und der Kirche vorbehalten“, stellt Corinna Panayi-Konrad klar.

Im Burggraben angekommen, lĂ€dt sie ihre jungen Begleiter dazu ein, so zu spielen wie Kinder es im Mittelalter taten. ArmdrĂŒcken, Bockspringen und Weitspucken mit Erbsen oder Kirschkernen machen immer noch Spaß. Im frĂŒheren Sitzungssaal im alten Rathaus darf ein Kind das schwere Seil in Bewegung setzen, das die Glocke zum LĂ€uten bringt.

„Um das Jahr 1400 umspannte Michelstadt eine 700 Meter lange Ringmauer mit doppeltem Graben und Wall“, zeichnet Corinna Panayi-Konrad ein Bild, das noch ohne das bekannte Rathaus auskommen muss. Neben in der Kirche angekommen, stellt sie die Unterschiede zwischen Romanik und Gotik heraus und erklĂ€rt, wofĂŒr ihre Kopfbedeckung steht: „Eine verheiratete Frau kam unter die Haube.“

Ihr rotes Gewand hĂ€tte sie seinerzeit nicht tragen dĂŒrfen, fĂŒgt Corinna Panayi-Konrad hinzu. Der gesellschaftliche Stand war durch eine komplizierte Farbordnung geregelt. Die einfachen Menschen mussten sich mit grauen oder erdfarbenen Stoffen begnĂŒgen.

Und wer in eine solche Familie hineingeboren wurde, erhielt als eines der wenigen Geschenke zur Geburt einen hölzernen Löffel. Etwas anderes als Brei hatten arme Menschen nicht zu essen und die harte körperliche Arbeit gönnten ihnen nicht mehr als rund 40 Lebensjahre. Danach haben Sie „den Löffel abgegeben“.

Weitere Informationen zur Buchung erhalten Interessierte bei der GĂ€steinformation Michelstadt, Marktplatz 1, 64720 Michelstadt, Telefon: 06061-9794110, E-Mail: touristik(at)michelstadt.de