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Viel Wind um wenig Wirkung - Trittbrettfahrer im Hype um Hanf

An sich harmlose Produkte könnten die Einstiegsschwelle fĂŒr psychoaktiven Cannabis senken. Darauf weisen das Suchthilfezentrum und die DrogenprĂ€vention des Roten Kreuzes im Odenwaldkreis hin. Foto: Michel Lang

Rotes Kreuz warnt vor Absenkung der Einstiegsschwelle fĂŒr psychoaktiven Cannabis

ODENWALDKREIS / ERBACH. - ModegetrĂ€nke und Gesundheitsöle, Bonbons oder Schokolade, aber auch Kaugummis. Überall da, wo das Cannabisblatt auf der Verpackung prangt, rollt der Rubel.

Verborgene SehnsĂŒchte nach AnflĂŒgen von Rauscherlebnissen werden geweckt, der legale Bezug befeuert die Kauflaune. Doch der in diesen Produkten enthaltene THC-Gehalt, der fĂŒr die psychoaktive Wirkung verantwortlich ist, liegt bei maximal 0,2 Prozent.

Er ist also verschwindend gering. Sonst kommen die Mittelchen nĂ€mlich nicht in den legalen Markt. HochgefĂŒhl und High-Sein werden somit auf der Strecke ausgebremst. Doch die Strategie der Werbestrategen funktioniert.

Sobald das Wort Hanf auftaucht, scheinen PreisaufschlÀge von 100 Prozent und mehr normal und werden auch gezahlt.

„Das ist aus meiner Sicht pure Abzocke, aber das Problem liegt woanders“, sagt Diplompsychologin Zorica Fritsch, die im Suchthilfezentrum des Roten Kreuzes in der Drogenberatung arbeitet.

„Der Hype um diese Produkte könnte zur Verharmlosung von Cannabis als Droge fĂŒhren. Besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehe ich hier eine Gefahr. Softdrinks oder auch Schokolade sind ja auch Kindern zugĂ€nglich. Da erkennen wir eine problematische Einstiegstoleranz.“

Zudem gebe es nur wenige Produktkontrollen. Deshalb sei unklar, ob der THC-Gehalt tatsĂ€chlich unter den vorgeschriebenen 0,2 Prozent liege. Doch sind auch fĂŒr Scharlatane TĂŒre und Tore geöffnet.

„Ob Cannabis-Öl, das man in manchen Drogerien und Apotheken bekommen kann, nun tatsĂ€chlich nennenswerte Mengen Cannabidiol (CBD) enthĂ€lt oder nur das schillernde Produkt einfacher Pressware aus Nutzhanf ist, aus dem man frĂŒher Dichtmaterial fĂŒr tropfende WasserhĂ€hne gedreht hat, ist oftmals fraglich.

Da erwerben die KĂ€ufer praktisch sehr teures Salatöl“, ergĂ€nzt Sozialarbeiter Horst Weigel, der fĂŒr die DrogenprĂ€vention beim Roten Kreuz zustĂ€ndig ist. Was aber ist Cannabidiol?

Diesem Bestandteil der Hanfpflanze werden medizinisch schmerz- und entzĂŒndungshemmende Eigenschaften sowie eine angstlösende Wirkung zugeschrieben.

Auch antiasthmatische Effekte sind benannt. Es hat keine berauschende Potenz und laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) weder ein Missbrauchs- noch AbhÀngigkeitspotenzial.

Bei purer Verwendung werden auch Entzugserscheinungen oder gesundheitliche Folgen verneint. Zudem bleibt die VerkehrsfÀhigkeit enthalten.

„Dabei gab es aber schon FĂ€lle, in denen bei polizeilichen Kontrollen die Tests wie bei illegalem THC-Gebrauch, also Marihuana oder Haschisch, angeschlagen haben. Dann kann man schnell in ErklĂ€rungsnöte kommen“, berichtet Weigel.

CBD-Produkte könnten in Deutschland als NahrungsergĂ€nzungsmittel zugelassen werden. DafĂŒr wĂ€ren dann die BundeslĂ€nder zustĂ€ndig.

Eine Wirkung mĂŒsste nicht nachgewiesen werden, jedoch dĂŒrfte auch nicht mit einer solchen geworben werden. Dies ist jedoch rechtlich noch nicht geklĂ€rt.

In manchen AlpenlĂ€ndern gibt es Bonbons mit Hanfsamenextrakt. Eine jener Marken beschreibt auf der Verpackung den berauschenden Mango-Geschmack. „Da merkt man, wie Worte wirken können. Das Produkt ist natĂŒrlich nicht gĂŒnstig.

Zudem besteht auch hier die Gefahr des Herabsenkens der Einstiegschwelle fĂŒr psychoaktiven Cannabis“, kommentiert Fritsch.

Somit erinnern die beiden Fachleute an mögliche Gefahren dieser harmlosen Erzeugnisse und betonen das eventuelle GefĂ€hrdungspotenzial fĂŒr Jugendliche und Kinder.

Informationen erteilen die Suchtberatungsstelle des Roten Kreuzes unter Tel. 06062 / 607-70 sowie die DRK-Fachstelle fĂŒr SuchtprĂ€vention unter Tel. 06062 / 607-75.