KOMMENTAR: Ohne Fehl und Tadel mit dunklen Flecken auf dem Gewand
Ohne Fehl und Tadel sah sich Dietrich Kübler, der frühere Landrat des Odenwaldkreises, als die Staatsanwaltschaft Darmstadt im September 2014 das Ermittlungsverfahren wegen Untreue zu Lasten des Odenwaldkreises gegen ihn eingestellt hatte.
Dieses Jubilieren hatte jedoch nur eine kurze Halbwertzeit. Im folgenden Jahr nahmen die Gesetzeshüter dieses Verfahren wieder auf, nachdem ein Schaden für den Odenwaldkreis durch Küblers Handeln fixiert worden war.
Erstinstanzlich wurde der frühere Leiter der Odenwälder Kreisverwaltung im Dezember 2017 dann zu einer siebenmonatigen Haftstrafe zur Bewährung und einer Geldbuße in Höhe von 25.000 Euro verurteilt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung dagegen in Berufung gegangen sind. Das zuständige Landgericht Darmstadt hat nach nunmehr achtzehn Monaten noch keinen Termin für das Berufungsverfahren bekannt gegeben, sodass die endgültige Strafbewertung noch immer aussteht.
Ohne Fehl und Tadel sieht sich seit der vergangenen Woche auch der frühere Erbacher Bürgermeister Harald Buschmann, nachdem die gleiche Staatsanwältin wie im Falle Kübler die beiden Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Erbacher Rathauschef ebenfalls nach der gleichen gesetzlichen Grundlage (§ 170, Abs. 2) eingestellt hat.
Ein Schaden für die Stadt Erbach sei nicht nachzuweisen gewesen, heißt es in der Begründung der Staatsanwaltschaft zur Einstellung, und Vergabeverstöße seien zunächst nach dem Wortsinn nicht mehr als Verstöße und solange nicht strafbewehrt, bis ein Schaden nachweisbar sei.
Juristische Insider erkennen darin einen absoluten Parallelfall zum Strafverfahren Kübler. Dies umso mehr, als es sich um die gleiche Werbeagentur handelt, die Nutznießer der bevorzugten Auftragserteilung ihrer Förderer war.
Auch hatte der Agenturinhaber im Strafverfahren gegen Dietrich Kübler vor dem Amtsgericht Michelstadt auf die Frage des Vorsitzenden Richters nach fehlenden Angeboten und schriftlichen Auftragserteilungen ausgesagt: „So arbeite ich schon seit 20 Jahren, und in Erbach klappt das bestens.“
Ebenfalls aktenkundig wurde in diesem Strafprozess, dass sowohl der damalige Bürgermeister Harald Buschmann als auch sein Stadtbaumeister Martin La Meir den damaligen Landrat Dietrich Kübler zu dessen - nach Gerichtsauffassung - falschem Handeln entsprechend „beraten“ hatten.
Wenn nun der Anwalt des aktuell strafrechtlich entlasteten Harald Buschmann in seiner Jeremiade gegen alle und jeden, der nicht stromlinienförmig der Suada Buschmanns folgt, vor allem vier anonyme Anzeigenerstatter und die Verwaltung des Odenwaldkreises sowie Medien angreift, weil sie sich erdreistet hatten über die Missstände im Erbacher Rathaus zu berichten, dann ist ihm das rechte Maß an Demokratieverständnis abzusprechen.
Dies umso mehr als seine mehrfach wiederholte lapidare Aussage „Da war nix dran, und da ist nix dran“ bestenfalls aktuell die strafrechtliche Relevanz des Buschmännchen Handelns betreffen kann.
Seine mehrfach wiederholte Schimpfattacke auf die Verwaltung des Odenwaldkreises, die die Fördergelder zurückverlangt habe, musste er auf Journalisten-Nachfrage kleinlaut revidieren und einräumen, dass die Rückforderung der Fördergelder von der Stadt Erbach durch den Odenwaldkreis auf einer ministeriellen Anweisung via Regierungspräsidium beruht.
Vergaberechtswidrige Handlungen hatte der Kreisausschuss des Odenwaldkreises Buschmann mit der Rückdatierung von Auftragserteilungen bereits im April 2018 ebenso attestiert wie mit der unzulässigen Stückelung von projektbezogenen Auftragsvergaben Verstöße gegen städtische Dienstanweisung festgestellt.
Auch die Staatsanwaltschaft hat explizit darauf hingewiesen, dass die Prüfung von Vergaberechtsverstößen nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehört. Und der Erbacher Bürgermeister Dr. Peter Traub spricht aktuell von „systematisch über viele Jahre begangenen schweren vergaberechtlichen Verstößen“ seines Vorgängers.
Wenn nun sowohl Buschmanns Anwalt Ingo Lankau als auch der frühere Bürgermeister Buschmann selbst von den Erbacher Stadtvätern „den richtigen Umgang mit der Geschichte der Stadt“ und damit quasi eine Entschuldigung bei ihrem früheren Rathauschef einfordern, verkennen sie in äußerst ignoranter Weise die zahlreichen dunklen Flecken auf dem Gewand des früheren Seelsorgers.
Und diese überlagern die durch die Staatsanwaltschaft gerade festgestellten weißen Punkte der aktuellen strafrechtlichen Bedeutungslosigkeit doch recht deutlich.