Wohnpark in Michelstadt als Homage einer Unternehmerin an Partner und Stadt

Der gemÀà einer Machbarkeitsstudie geplante Wohnpark (dunkelgrĂŒner Bereich) auf dem Hitschler-GelĂ€nde in Michelstadt.

Die konzipierte Anordnung der insgesamt 12 einzelnen Bauten.

Die zwölf vorgesehenen Bauten aus der Vogelperspektive wie sie auf dem Hitschler-GelÀnde angeordnet sind. Darstellungen aus der Machbarkeitsstudie von Krieger-Architekten Darmstadt
MICHELSTADT. - Der Bauausschuss des MichelstÀdter Stadtparlaments nahm die Angelegenheit selbst in die Hand, nachdem ein Konzept der Unternehmerin Gabriele Hitschler-Becker, das der Stadtverwaltung als Machbarkeitsstudie schon seit mehr als einem Jahr ergebnislos vorlag, zu versanden drohte.
Dabei handelt es sich nicht nur um âeine Homage an meinen Partnerâ, wie Gabriele Hitschler-Becker betonte, sondern vielmehr auch um ein groĂzĂŒgiges Geschenk der Familie Hitschler an die Stadt Michelstadt, die wie nahezu alle Kommunen landauf, landab hĂ€nderingend nach WohnrĂ€umen sucht.
Seitheriges Hitschler-FirmengelÀnde als Konversionsareal
Genau an diesem Punkt setzt das Konzept der agilen Unternehmerin an, das sich der Bauausschuss jetzt im Detail vorstellen lieĂ. Die ProduktionsstĂ€tte des SĂŒsswarenherstellers Hitschler, an der Schnittstelle der BundesstraĂen 45 und 47 zwischen RumillystraĂe und Friedrich-Ebert-StraĂe gelegen, wird in den kommenden vier Jahren in den Relypark verlegt, wodurch das seitherige FirmengelĂ€nde als Konversionsareal zur Disposition steht.
Auf dem rund 8.750 Quadratmeter groĂen Hitschler-GelĂ€nde, zuzĂŒglich einer rund 2.000 Quadratmeter groĂen in stĂ€dtischem Besitz befindlichen ParkflĂ€che bietet Gabriele Hitschler-Becker an, nach den Vorstellungen und WĂŒnschen der Stadt einen Wohnpark mit rund 111 Wohneinheiten unterschiedlicher GröĂe zuzĂŒglich vier Gewerbeeinheiten auf eigene Kosten zu errichten.
Neben mehr als 100 Wohneinheiten auch GewerbeflÀchen und Kindergarten möglich
Dabei könnten im sĂŒdlichen Bereich an der Ecke zu den beiden BundesstraĂen zwei HĂ€user mit GewerbeflĂ€chen und Wohneinheiten entstehen. Zur B45 hin sind in der Machbarkeitsstudie drei GebĂ€ude vorstellbar, die als Arzt-, Physiotherapie-Praxen und einen Kindergarten dienen könnten.
Diese drei HĂ€user wĂ€ren auch geeignet Schallschutz fĂŒr dahinter liegende weitere sieben WohngebĂ€ude zu bieten. Die insgesamt hier möglichen rund 111 Wohneinheiten unterschiedlicher GröĂenordnungen könnten von Singles, Familien wie auch Senioren genutzt werden, wie Professorin Kerstin Schultz (Reichelsheim-Laudenau) dargelegt. Neben ihrem Lehrstuhl an der Hochschule Darmstadt unterhĂ€lt Schultz noch ein ArchitekturbĂŒro an ihrem Wohnort.
Cluster-Wohnungen eröffnen neue Mietwohnungs-Typologien im lÀndlichen Bereich
Selbst Cluster-Wohnungen seien hier denkbar, bei denen mehrere private Wohneinheiten mit Bad je einen Gemeinschaftsraum nutzen können. Das seien Mietwohnungs-Typologien, die im lÀndlichen Raum weniger bekannt und nur selten vorkommen, sagt die Expertin.
Diesen wohlgemeinten PlĂ€nen steht mit der aktuellen Stellplatzsatzung der Stadt Michelstadt ein nicht unerheblicher PferdefuĂ entgegen. Sollte sich nĂ€mlich das Stadtparlament dieser Planung anschlieĂen, wĂ€ren nach aktuellem Stand 249 Fahrzeug-StellplĂ€tze erforderlich (je zwei fĂŒr 111 Wohneinheiten = 222 zuzĂŒglich 27 StellplĂ€tze fĂŒr 810qm/30qm Gewerbeeinheiten).
13 Millionen Euro fĂŒr Parkhaus in Stahlbauweise erforderlich
GemÀà der Machbarkeitsstudie könnte auf dem Gesamtareal eine Tiefgarage errichtet werden, die bei maximaler Ausschöpfung lediglich 170 StellplĂ€tze ermöglichen wĂŒrde. âMĂŒssten wir jedoch ein offenes Parkhaus in Stahlbauweise fĂŒr die derzeit erforderlichen ParkflĂ€chen errichten, wĂŒrde das rund 13 Millionen Euro kosten, das geht nichtâ, sagte Gabriele Hitschler-Becker.
Sie appellierte an die Gremienmitglieder hier Entgegenkommen zu zeigen und an der nicht mehr zeitgemĂ€Ăen Stellplatzsatzung entsprechende VerĂ€nderungen vorzunehmen.
Das sah auch Nelson Gameiro so, der angesichts von Carsharing-Modellen und dem Fakt, dass urban lebende Menschen meistens kein Auto mehr haben, zwei StellplĂ€tze pro Wohneinheit als deutlich ĂŒberzogen ansieht.
âAuf Fragen des 21. Jahrhunderts nicht mit Antworten aus den 1980er-Jahren reagieren!â
Gameiro ist Besitzer eines rund 7.000 Quadratmeter groĂen Teilgebiets, das im Osten an das Hitschler-GelĂ€nde angrenzt. Dort sind bereits gut 100 Wohneinheiten errichtet, weshalb sich das Gesamtareal nach Auffassung der Planer als neuer Quartier-Standort in KernstadtnĂ€he eigne.
Auch ParkflĂ€chen der nahen EinkaufsmĂ€rkte, die nachts frei seien könnten mitbenutzt werden, brachte Gameiro ins Spiel und forderte die Abkehr von absurden Vorstellungen: âWir können auf Fragen des 21. Jahrhunderts nicht mit Antworten aus den 1980er-Jahren reagieren!â
âMangelnder VerĂ€nderungswille wirkt sich auf ĂŒble Weise ausâ
FĂŒr eine 45-Quadratmeter- oder eine Dachgeschoss-Wohnung in der Innenstadt zwei StellplĂ€tze vorhalten zu mĂŒssen, sei völlig absurd. âAls Investor wĂŒnscht man sich, bei der Stadt einen Denkprozess zu initiieren, der zu einem gemeinsamen Weg fĂŒhrt.â
Dies versuche er bereits seit 2017 bisher vergeblich. Ein mangelnder VerĂ€nderungswille wirke sich jedoch angesichts der hĂ€nderingend gesuchten Wohnungen auf ĂŒble Weise aus.
BĂŒrgermeister Dr. Tobias Robischon tritt auf Euphoriebremse
WĂ€hrend Sprecher aller im MichelstĂ€dter Parlament vertretener Fraktionen in der Stellplatzfrage Entgegenkommen versicherten und sich von den vorgestellten PlĂ€nen von Gabriele Hitschler-Becker begeistert zeigten, trat BĂŒrgermeister Dr. Tobias Robischon auf die Euphoriebremse.
Man spreche hier von einem Standort einer gewerblichen Produktionsanlage sagte er. âWenn es um GewerbeflĂ€chen geht, geht es uns darum diese zu sichern, und zusĂ€tzliche zu schaffenâ, sagte der Rathauschef. Das andere Thema sei, dass man Wohnraumbedarf habe.
BĂŒrgermeister: âZwei ParkflĂ€chen pro Wohneinheit eine angemessene GröĂenordnungâ
Es gebe jedoch bereits Planungen fĂŒr Wohnraum an unterschiedlichen Standorten beim alten TĂV, Richtung GrĂ€sig, wie auch am Stadtring (Kreuzweg Richtung Schwimmbad), da seien drei groĂe Wohnanlagen mit vergleichbarer GröĂenordnung zu den vorgestellten PlĂ€nen konzipiert.
Robischon sieht das Hitschler-GelĂ€nde âfĂŒr eine Wohnraumnutzung schwierigerâ. Dazu fĂŒhrte er den LĂ€rm der BundesstraĂe 45 sowie die ungelöste Frage der erforderlichen StellplĂ€tze an. âZwei ParkflĂ€chen pro Wohneinheit sind durchaus eine angemessene GröĂenordnungâ, glaubt der BĂŒrgermeister.
Der Magistrat drĂ€nge darauf den erforderlichen StellplĂ€tzen nachzukommen und die Versiegelung der FlĂ€chen minimal zu halten. âAm Ende geht es um die PKW, weil man sich damit fortbewegen muss und dass man sehen muss, wie's funktioniert.â
âDer Stadt könnte nichts besseres passieren als eine gemeinsame Lösung zu schaffenâ
Diese Auffassung vertrat der Rathauschef offensichtlich exklusiv, wie Fraktionssprecher aller Parteien deutlich machten: âUnserer Stadt könnte nichts besseres passieren als eine gemeinsame Lösung zu schaffenâ, sagte Dr. Jonas Schönefeld, Fraktionschef der GRĂNEN und bedankte sich bei Gabriele Hitschler-Becker fĂŒr das Angebot.
âEine moderne Stadtentwicklung geht in die Richtung, die auch Ihnen vorschwebt, da gehen wir mitâ, signalisierte er Zustimmung. Dies insbesondere deshalb, weil angesichts einer alternden Bevölkerung mit MobilitĂ€tseinschrĂ€nkung innenstadtnaher Wohnraum wichtiger und besser sei als solcher am Rande der Stadt.
âSie sind bereit einen Jahreshaushalt unserer Stadt zu investieren, wir danken Ihnen dafĂŒrâ
âSie sind bereit einen Jahreshaushalt unserer Stadt zu investieren, wir begrĂŒĂen das und danken Ihnen dafĂŒr.â Die aktuelle Stellplatzsatzung der Stadt, sei âein Missstand, an den wir dringend ran mĂŒssenâ, verdeutlichte Schönefeld.
Die Frage von Georg Walther (CDU): âwelche Hausaufgaben haben wir zu machen, was erwarten Sie von uns?â, beantwortete Gabriele Hitschler-Becker klar: âWir möchten mit Ihnen gemeinsam etwas entwickeln, was auch finanziell machbar ist.â
âMöchten mit Ihnen gemeinsam etwas entwickeln, denn unser Herz hĂ€ngt an Michelstadtâ
Deshalb sei eine Ănderung der Stellplatzsatzung vordringlich. BezĂŒglich des FirmengelĂ€ndes âsind Sie total freiâ. âUnsere Familie möchte mit Ihnen gemeinsam etwas entwickeln, das Michelstadt hilft, denn unser Herz hĂ€ngt an Michelstadt.â
FĂŒr die Sozialdemokraten sagte deren Fraktionschef Dr. Michael HĂŒttenberger ebenfalls Entgegenkommen zu, indem an der Stellplatzsatzung gearbeitet werden mĂŒsse âohne nach Verhinderungsargumenten zu suchenâ.
âEs wird Zeit, dass wir in die GĂ€nge kommen und die nĂ€chsten Schritte festlegenâ
âWir mĂŒssen stattdessen gemeinsam schauen, wie es weitergeht, und mĂŒssen gemeinsam etwas entwickeln. Es wird Zeit, dass wir in die GĂ€nge kommen. Dazu gehört, dass wir das jetzt anpacken und die nĂ€chsten Schritte festlegenâ, forderte HĂŒttenberger zum sofortigen Handeln auf.
âEs ist wichtig zu klĂ€ren fĂŒr die Stadt was wollen wir und was brauchen wirâ, skizzierte Bernd Keller, Fraktionschef der ĂWG, die bevorstehenden Aufgaben. Auch Lutz Hasenzahl umreiĂt fĂŒr die FDP das dringlichste Erfordernis klar: âWir mĂŒssen zeitnah an die Stellplatzsatzung ran!â
âDiese Chance dĂŒrfen wir uns auf keinen Fall entgehen lassenâ
Bauausschuss-Vorsitzender Andreas KrĂ€uter (SPD) freute sich ĂŒber das Angebot: âDiese Chance dĂŒrfen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Das ist ein super ebenes GelĂ€ndeâ, fĂŒr das bis 2029 die konkrete Planung erstellt werden mĂŒsse.
Eine von Jutta Emig (SPD) beantragte Willensbekundung ĂŒber die Belange einer neuen Stellplatzsatzung wie weiterer erforderlicher GrundsĂ€tze zur UmsĂ€tzung der vorgestellten PlĂ€ne erhielt das einstimmige Votum aller neun Bauausschussmitglieder.