Landrat rät zu mehr Wachsamkeit im Internet
„Gefahren für Jugendliche nicht ignorieren“ + + + 200 Besucher bei FachveranstaltungODENWALDKREIS / BAD KÖNIG. - Mit Blick auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen im Internet hat Landrat Frank Matiaske Eltern und Pädagogen eindringlich zu mehr Wachsamkeit aufgefordert.
„Alle, die Kinder und Jugendliche erziehen, dürfen die Gefahren, die im Internet lauern, nicht ignorieren. Sie müssen sie kennen und darüber sprechen“, sagte er am Donnerstagabend bei einer Fachveranstaltung in Bad König, zu der der Arbeitskreis „Gegen sexuellen Missbrauch“ des Odenwaldkreises in Kooperation mit dem bei der Polizei angesiedelten „Netzwerk gegen Gewalt“ eingeladen hatte.
Im Mittelpunkt des Vortrags- und Diskussionsabends standen Folgen, die das Versenden von intimen Fotos oder gar Nacktbildern und der als solcher nicht ersichtliche Kontakt zu pädophilen Erwachsenen haben können. „Je größer die Aufklärung darüber ist, desto mehr können wir helfen, diese Risiken zu vermeiden“, hob Matiaske vor den rund 200 Tagungsteilnehmern hervor.
Der Medienpädagoge Jan Rathje schilderte, welche Folgen das Versenden intimer Bilder oder von Nacktfotos haben kann, vor allem wenn sie unkontrolliert weiterverbreitet werden: Mobbing, Erpressung sowie die Nutzung der Bilder durch Pädophile, die zudem unter einer falschen Identität versuchen könnten, Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen.
Dass Jugendliche derartige Aufnahmen versendeten, sei nicht unüblich, so Rathje. Er verwies auf eine Studie aus Österreich, der zufolge mehr ein Drittel der befragten Jugendlichen angaben, dass ihnen Nacktaufnahmen geschickt wurden. Mit dem Versenden solcher Fotos versuchten Jugendliche, Aufmerksamkeit zu erzeugen. „Und Aufmerksamkeit ist die neue Währung im Internet.“
Auch Rathje hob die Bedeutung der Aufklärung über Gefahren hervor. Kinder müssten lernen, mit dem Internet umzugehen. Außerdem sei es wichtig, dass sie ein starkes Selbstbewusstsein entwickeln könnten und Bestätigung erführen, auch in der Schule.
Eltern, deren eigenes Kind unter den Folgen des Versendens von Nacktaufnahmen leidet, riet Rathje, mit dem Kind zu sprechen, ohne ihm Vorwürfe zu machen, den Täter zu ermitteln und die Polizei einzuschalten sowie fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Petra Karg. Die Gleichstellungsbeauftragte des Odenwaldkreises ist Mitglied des Arbeitskreises „Gegen sexuellen Missbrauch“, eines Zusammenschlusses mehrerer Fach- und Beratungsstellen aus dem Odenwaldkreis.
„Das große Interesse an unserer Veranstaltung zeigt, wie wichtig das Thema ist. Kinder und Jugendliche zu schützen, muss das Anliegen von uns allen sein.“
Kriminalhauptkommissarin Michaela Schmelzer erläuterte die strafrechtlichen Folgen des Missbrauchs digitaler Medien.
„Wenn ein Jugendlicher beispielsweise einen Film vom Geschlechtsverkehr mit seiner Freundin dreht und ihn weitersendet, macht er sich nicht nur der Herstellung, sondern auch der Verbreitung pornografischer Schriften schuldig“, so Schmelzer, die in der Polizeidirektion Odenwald den Jugend- und den Opferschutz koordiniert.
„Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern, sofern eine Anzeige vorliegt, Gegenstand von Strafverfahren.“ Werden Kindern derartige Filme oder Fotos gezeigt, fällt das unter den Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs, wie sie hervorhob.
Schmelzer wies außerdem darauf hin, dass soziale Netzwerke Altersbeschränkungen haben. „Whatsapp dürfen Kinder erst benutzen, wenn sie 13 Jahre alt geworden sind. Das weiß kaum jemand.“
Wer Rat sucht, kann sich an die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern des Odenwaldkreises wenden. Gertrud Sieverding und Ingrid Emig schilderten die Vielfalt der Angebote, die von der klassischen Beratung über Präventionsarbeit in Kitas und Schulen bis zu Veranstaltungen in Schulen oder in der Beratungsstelle, Relystraße 20, Michelstadt, reicht.
Zu den Themen gehören auch Hilfen zu einem offenen Austausch in der Familie über Sexualität. Die Beratungsstelle hat die Telefonnummer 06062 70-3939. Vor allem Kinder und Jugendliche können sich überdies unter www.come2help.de an die Beratungsstelle wenden.
Tanja Hauck von der Kinder- und Jugendförderung des Odenwaldkreises wies auf zwei Workshops hin, die bald stattfinden. Einige Plätze sind noch frei. Unter der Überschrift „Was geht ab im Netz?“ sind am Freitag, 9. März, 17.30 bis 20.30 Uhr, Jugendliche und Eltern dazu eingeladen, am Samstag, 10. März, 14 bis 17 Uhr, Kinder und Eltern.
Beide Veranstaltungen finden im Jugendtreff der Stadt Bad König, Schulstraße 7, statt, die Teilnahme ist kostenfrei. Weitere Informationen gibt es unter der Telefonnummer 06062 70-3915 und der E-Mail-Adresse kijufoe(at)odenwaldkreis.de. Anmeldeschluss für die Workshops ist am 7. März.