NEWS

„200 Jahre Wiesenmarkt in Erbach – Wie der Eulbacher Markt nach Erbach kam“

Postkarte des Schiesshauses unter den Linden aus 1824 Foto: Archiv der Kreisstadt Erbach

JubilÀumsausstellung prÀsentiert historische Aufnahmen, PlÀne, Dokumente und Ereignisse im Zeitraffer zwischen 1824 und 1924

ERBACH. - Wenn in der letzten Juli-Woche in der OdenwĂ€lder Kreisstadt und fĂŒr viele OdenwĂ€lder die schönste Zeit im Jahr gekommen ist, stehen in diesem Jahr diese besonderen Tage ganz im Zeichen eines JubilĂ€ums.

200 Jahre liegt es zurĂŒck, dass der Eulbacher Markt zum ersten Mal auf Erbacher Boden ausgerichtet und gefeiert wurde. Aus diesem Anlass prĂ€sentiert die Kreisstadt Erbach eine JubilĂ€umsausstellung, die wĂ€hrend der zehn Festtage des Wiesenmarkts im kleinen Foyer der Werner-Borchers-Halle gezeigt wird.

Am Anfang der Ausstellung steht die GrĂŒndung des Markts durch Graf Franz I. zu Erbach-Erbach, der 1802 zum ersten Mal in Eulbach abgehalten wurde. 1824 wurde der Markt nach Erbach verlegt; ein Jahr nach dem Tod seines GrĂŒnders.

Wo wurde der Markt damals abgehalten und wie hat er sich weiterentwickelt? Anhand von historischen Aufnahmen, PlĂ€nen und Dokumenten skizziert die Ausstellung die Entwicklung des Eulbacher Markts auf Erbacher Boden. Der neue Standort „am Schießhaus unter den Linden“ entwickelte sich nach und nach weiter.

Die Ausstellung spannt den Bogen von der GrĂŒndung bis hinein in das Jahr 1924, in dem das hundertjĂ€hrige JubilĂ€um des Eulbacher Markts in Erbach groß gefeiert wurde.

Eingeflossen sind neben bereits bekannten Abbildungen von historischen Postkarten und Zeichnungen eine Reihe von bisher unveröffentlichten Fotoaufnahmen, Dokumenten und PlÀnen, die im Original oder als Reproduktion zu sehen sind.

Auch die Namensentwicklung kommt dabei nicht zu kurz. Denn vom Eulbacher Markt und spÀter vom Erbacher Wiesenmarkt war erst viele Jahre spÀter die Rede. Als Graf Franz im Juni 1802 die Abhaltung eines Markts anordnete, dachte er nicht an eine bestimmte Bezeichnung.

Ihm war es wichtig, dass die Bevölkerung mit GĂŒtern des tĂ€glichen Bedarfs gedeckt wird, was „auf Jacobi“ geschehen sollte, als „Freymarkt ohne zu befehlendes Standgeld“, wie es im ĂŒberlieferten Dekret heißt.

Als Standort des Markts wurde der gerade erst angelegte Englische Garten bestimmt. Der Markt wuchs mit der Parkanlage und durch seine jÀhrliche Wiederholung lockte bald der als Eulbacher Markt bekannte Festplatz immer mehr HÀndler und Besucher an.

1824 ordnete der Sohn des im Jahr zuvor verstorbenen GrĂŒnders, Graf Carl, die Verlegung nach Erbach an. Hier kam eine Wiese am damaligen Stadtrand in Frage, auf der ein Schießhaus gestanden hat. Zwei Tanzpavillons wurden von Eulbach nach Erbach verlegt.

Im Laufe der Jahrzehnte vergrĂ¶ĂŸerte sich der neue Standort um neue und weitere GebĂ€ude. Der Markt wurde um FlĂ€chen der angrenzenden „Seewiese“ erweitert. Es folgte die Anlegung des VorlĂ€ufers des heutigen Sportparks. 1910 fand das erste Pferderennen statt.

Gerade noch rechtzeitig zur Einhundertjahrfeier 1924 wurde ein Anbau an das Schießhaus fertiggestellt. Erbach und der Odenwald feierten neun Tage lang das Großereignis.

Der Festumzug durch die Stadt mit seinen 30 Gruppen und ca. 500 Teilnehmern wurde von bis zu 25.000 Zuschauern verfolgt. Auch 100 Jahre nach der Verlegung war noch nicht die Rede vom Erbacher Wiesenmarkt. Die Einladung lautete auf „Eulbacher Markt in Erbach“.

Zudem wird die JubilĂ€umsausstellung des Wiesenmarktes durch die Ausstellung „Die Welt der Fahrenden: Gestern und Heute – eine wenig bekannte Lebenweise“ ergĂ€nzt.

Hierbei werden Einblicke in eine Lebenswelt geschaffen, die viele nur vom Hörensagen kennen. Gezeigt werden Ergebnisse eines Seminars, bei dem sich Studierende der Evangelischen Hochschule Darmstadt mit der „Erforschung eigensinniger Lebenswelten“ beschĂ€ftigten. Als Ergebnis entstand diese

Wanderausstellung, die die Lebenswelt und -wirklichkeit der Fahrenden, Schausteller und Artisten sowie deren Geschichte der Verfolgung und Ausgrenzung reflektiert. Bis heute wĂŒnschen sich die Angehörigen ein VerstĂ€ndnis fĂŒr ihre Lebenswelt, die sehr unterschiedlich aussehen kann.

In Deutschland wie in ganz Europa leben Personen, deren Vorfahren auf der Reise berufliche TĂ€tigkeiten ausgeĂŒbt haben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Heute sind die meisten „stationĂ€r“ angesiedelt und regional verwurzelt.

Bei der Kundschaft waren die Fahrenden meist gern gesehene Besucher, die nicht nur nĂŒtzliche Dinge mitbrachten und Dienstleistungen anboten, sondern auch fĂŒr Abwechslung im Alltag sorgten.

Insbesondere fĂŒr die Landbevölkerung stellten sie eine wichtige Versorgungsinstitution und Nachrichtenquelle dar. Mit der Ausstellung rĂŒckt die Geschichte der Fahrenden und ehemals Fahrenden sowie deren Lebensweise in das öffentliche Bewusstsein.

Die Familie steht an erster Stelle und ist eng mit dem Beruf verbunden. Oft leisten Fahrende fĂŒr die Gesellschaft wichtige TĂ€tigkeiten zum Beispiel Unterhaltung oder Handel, die mit hohen Risiken fĂŒr die Gesundheit oder Existenz einhergehen können. Es besteht ein starkes ZusammengehörigkeitsgefĂŒhl – man hilft sich gegenseitig und weiß ĂŒbereinander Bescheid.

Aufgrund der generationsĂŒbergreifend gesammelten Erfahrungen sind Fahrende und ehemals Fahrende gegenĂŒber dem Staat sowie Außenstehenden teilweise sehr vorsichtig. Ausgrenzung und Abgrenzung bedingen sich hier gegenseitig. Die Ausstellung wird gefördert durch die Partnerschaft fĂŒr Demokratie in Darmstadt.

Die Doppelausstellung ist im kleinen Foyer der Werner-Borchers-Halle zu sehen. Die Eröffnung findet am Freitag, 19. Juli, um 17 Uhr statt. Die Ausstellung kann bei freiem Eintritt zu den tĂ€glichen Öffnungszeiten an allen Markttagen von 13 bis 18 Uhr besucht werden. Sie endet zeitgleich mit dem Wiesenmarkt am Sonntag, 28. Juli.