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„Ich will für diesen Beruf begeistern“

Diskussion bei der Sommersynode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald.

Sommersynode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald befasst sich mit Nachwuchsgewinnung, Pfarrstellenanpassung und Kita-Trägerschaft

ODENWALD. - Der Pfarrermangel kommt: Zwischen 2020 und 2032 gehen laut Dekan Joachim Meyer in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) rund 1000 Pfarrerinnen und Pfarrer in den Ruhestand.

Die Konkurrenz um junge Menschen ist groß, denn auch in der Wirtschaft zeichnet sich ein Fachkräftemangel ab. Wie stellt sich die Kirche in diesem Konkurrenzkampf auf? Wie und wo werden junge Menschen motiviert und begeistert? Die Nachwuchsgewinnung war ein Thema bei der jüngsten Tagung der Synode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald im Evangelischen Gemeindehaus Groß-Umstadt.

Gedanken zur Nachwuchsgewinnung

Pfarrerin Silvia Rollmann, Seelsorgerin am Kreiskrankenhaus in Groß-Umstadt, schilderte ihren Werdegang. Als Tochter eines Ingenieurs und einer Chefsekretärin sollte sie eigentlich technische Zeichnerin werden.

Die Familie kam aus Berlin über Rodgau nach Richen, wo sie Pfarrer Alexander Claar kennengelernt habe. „Dieser Mann hat mir gefallen“, so Rollmann, „er hat Jugendliche ernst genommen mit ihren Anliegen.“

Sie übernahm Ämter in der Kirchengemeinde, wurde von ihrem Religionslehrer zu einer Tagung für potenzielle Theologiestudierende geschickt, wo sie auf Menschen traf, die ähnlich tickten wie sie – und studierte Theologie. „Es ist mir ein Anliegen, für diesen Beruf zu begeistern, weil ich selbst begeistert bin“, sagte die Pfarrerin.

„Atheismus ist die grundsätzliche Religion unserer Zeit“, gab hingegen Schulpfarrer Dieter Keim zu bedenken. Kirche sei für die Jugendlichen nicht sexy. Deshalb sei es wichtig, am Leben der Jugendlichen teilzunehmen. Anzeigen, Präsenz auf Messen, junge Leute persönlich ansprechen – das waren Vorschläge für Anwerbemaßnahmen. Weitere Ideen wird nun eine neu gebildete Arbeitsgruppe sammeln.

Kriterien für die Pfarrstellenanpassung

Die Pfarrerinnen und Pfarrer werden weniger, aber auch die Gemeindeglieder. Die EKHN reagiert darauf mit einer regelmäßigen Anpassung der Pfarrstellen. Derzeit ist die für die Jahre 2020 bis 2024 in der Mache. Wo werden Pfarrstellen gekürzt und wie?

Über die Kriterien entscheiden die Dekanatssynoden. Präses Dr. Michael Vollmer informierte darüber, dass sich eine Steuerungsgruppe mit Vertretern aus allen Bereichen des Dekanats Vorderer Odenwald gebildet habe.

„In unserem Dekanat ist es uns wichtig, nicht nur reine Zahlen anzuwenden“, sagte er. Die Kriterien sollten gemeindlichen, historischen und persönlichen Gegebenheiten Rechnung tragen. Verschiedene Szenarien würden derzeit ermittelt.

Für die Beratungen von Kirchenvorständen und Pfarrpersonen, bei denen Veränderungen anstünden, stelle das Dekanat 10.000 Euro bereit. Ziel sei, auf der Herbstsynode am 26. Oktober Beschlüsse zu fassen.

Neue Trägerschaft für Kindertagesstätten?

Viele Kirchengemeinden unterhalten Kindertagesstätten. Doch durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG) hätten sich die Bedingungen grundlegend verändert, berichtete Dekan Joachim Meyer, sodass verschiedene Kirchengemeinden darum gebeten hätten, von der Kita-Trägerschaft entlastet zu werden.

Die „gemeindeübergreifende Trägerschaft“ (GÜT) bietet die Möglichkeit, die Verwaltung der Kitas bei einer hauptamtlichen Geschäftsführung zu bündeln.

Vera Bickel, Projektkoordinatorin beim Zentrum Bildung der EKHN, berichtete der Synode, dass etliche Dekanate – zum Beispiel Gießen oder Odenwald – die Trägerschaft für die Kitas der Kirchengemeinden schon übernommen hätten oder andere – etwa Darmstadt-Stadt – dabei seien, diese zu übernehmen.

Die zentrale Verwaltung, Steuerung und Organisation werde in hauptamtliche Hände gelegt, der Kirchenvorstand dadurch entlastet. Denkbar wäre ein Trägerwechsel im Dekanat Vorderer Odenwald zum 1. Januar 2020.

„Ich bin der Meinung, wir brauchen das“, sagte Pfarrer Ulrich Möbus (Altheim-Harpertshausen) mit Blick auf die jährlichen Sollstellen-Pläne und die schwierigen Vertragsverhandlungen mit den Kommunen. Aktuell sei es „schwer zu stemmen“, pflichtete Kerstin Weber (Klein-Umstadt) ihm bei, „Wir erhoffen uns von der GÜT Entlastung bei Verwaltungsfragen und wollen uns mehr auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren.“

Durch die Professionalisierung könne auch effizienter gearbeitet werden, sagte Matthias Kessler, Leiter der Regionalverwaltung Starkenburg-Ost. In der Vergangenheit sei es schon passiert, dass nicht alle Förderungen abgerufen worden seien. Kessler sprach den Ehrenamtlichen seine Wertschätzung und seinen Dank für ihre Arbeit aus.

„Fürchtet euch nicht“

Markus Krimm (Semd) und Günter Grau (Lengfeld) wurden als Rechnungsprüfer gewählt. Günter Grau wurde außerdem zum stellvertretenden Vertreter für die Verbandsvertretung des Regionalverwaltungsverbandes bestellt.

Mit einer unterhaltsamen szenischen Darstellung führten Annette Claar-Kreh, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung, und Karin Jablonski, Referentin für die Arbeit mit Menschen in der zweiten Lebenshälfte im Dekanat, in das neue Zwei-Jahresthema „Fürchtet euch nicht“ ein.

Die Andacht zu Beginn der Synode gestaltete der Groß-Umstädter Pfarrer Christian Lechelt über verschiedene Wahrheiten und Zusammenhalt. Er wurde musikalisch begleitet von Dekanatskantorin Eva Wolf. Erster Stadtrat Alois Macht überbrachte ein Grußwort für die Stadt Groß-Umstadt.

HINTERGRUND

Die Synode ist das regionale Kirchenparlament des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald. Es tagt dreimal im Jahr, besteht aus 80 Personen und vertritt 40 Kirchengemeinden mit rund 56.000 Mitgliedern zwischen Babenhausen und Reichelsheim.