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Studierende beflügeln Diskussion über Burgruine Freienstein

Großes Interesse: Alexandra Antic, Studentin an der TU Darmstadt, erläutert anhand eines Modells interessierten Bürgern die Idee ihrer Gruppe, die Burgruine Freienstein als Ort für Theateraufführungen und Konzerte zu nutzen. Auch die Pläne an der Tafel werden mit Interesse betrachtet. Insgesamt haben fünf Studierenden-Gruppen in der Alten Turnhalle in Oberzent-Beerfelden der Öffentlichkeit ihre Entwürfe für die Burgruine präsentiert. Foto: Stefan Toepfer/Kreisverwaltung

Entwürfe stoßen auf großes Interesse + + + „Sind einen entscheidenden Schritt weiter“

BEERFELDEN / GAMMELSBACH. - Zum Schwimmen in die Burgruine Freienstein oder zu Theateraufführungen? Der historische Ort als Outdoor-Camp mit Flugzeugwrack, als spannende Kombination aus alter und moderner Architektur samt Dachterrasse oder Anlass für minimale Eingriffe, aber eine breit angelegte Bürgerbeteiligung?

So viel ist sicher: Die Ideen von Studierenden der Hochschule Geisenheim University und der Technischen Universität Darmstadt bringen Bewegung in die Debatte über die Zukunft des im Süden des Odenwaldkreises gelegenen Denkmals.

Das ist am Freitag, 20. Juli, deutlich geworden, als die angehenden Landschaftsarchitekten und Architekten ihre fünf Entwürfe in Oberzent-Beerfelden erstmals der Öffentlichkeit präsentierten.

Das Interesse an der Veranstaltung in der Alten Turnhalle war groß. Kein Wunder, handelt es sich bei der im Stadtteil Gammelsbach gelegenen Burgruine um ein „Highlight der Stadt Oberzent“, wie Bürgermeister Christian Kehrer sagte. „Es muss das Interesse aller sein, das Denkmal vor dem Tod zu bewahren“, hob er vor rund 100 Zuhörern hervor.

Das Studierenden-Projekt ist Teil eines breit angelegten Prozesses. Den Auftakt hatte ein vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen organisiertes Symposion im September 2017 gemacht, aus dem die „Perspektivgruppe Freienstein“ hervorging.

Zu ihr gehören alle relevanten Akteure aus dem Odenwaldkreis, der Stadt Oberzent, dem Stadtteil Gammelsbach und des Landesdenkmalamts sowie die Eigentümer. Nachdem Kontakte zu den beiden Hochschulen geknüpft worden waren, hatten die Studierenden im Mai die Burgruine zum ersten Mal besucht und sich im Juni noch einmal in Gammelsbach getroffen.

Nun liegen ihre Entwürfe vor. Die 19 Frauen und Männer haben sich in fünf Gruppen zusammengefunden, jede bestand aus Studierenden der Landschaftsarchitektur (Geisenheim) und der Architektur (Darmstadt).

Einer Gruppe schwebt vor, in der Burgruine ein Panorama- und ein Wellnessbad samt Liegewiese einzurichten. Die Ruine soll so als „Oase in Oberzent“ an Ausstrahlungskraft gewinnen. Ein Stück des Geländes soll aber öffentlich zugänglich sein, auch ein Café mit Dachterrasse gehört zu diesem Teil; der kostenpflichtige Badebereich ist davon abgegrenzt.

Kernelement eines zweiten Entwurfs ist eine Bühne für Theaterstücke oder Konzerte; es soll aber auch einen Multifunktionsraum mit Blick auf die Burgmauern geben, etwa für Hochzeiten. Um die Burg herum soll ein Rundweg angelegt werden, vorgesehen ist ebenso eine Kletterwand.

Geht es nach der dritten Gruppe, wird aus der Burg an Wochentagen eine „outdoor-escape-area“, ein Camp, in dem Gruppen Aufgaben erledigen, sich aber auch entspannen können. Auffälligstes Merkmal ist ein Flugzeugwrack, das in die Ruine integriert wird. An Wochenenden können Bürger und andere Besucher die Ruine nutzen, etwa für Feste.

Die vierte Gruppe will die historische Bausubstanz durch moderne Architektur ergänzen – mit „neuen Materialien, einem neuen Anspruch an den Raum und einer neuen Nutzung“. Geplant sind zum Beispiel eine Dachterrasse und ein Seminarraum. Ziel der Planer ist, den Ort so zu einem „überregionalen Anziehungspunkt“ zu machen.

Die fünfte Gruppe schließlich möchte nur minimale Änderungen vornehmen und Stege anlegen, dank derer man die Burg erkunden kann. Der Schwerpunkt liegt auf einer groß angelegten Sammlung von Ideen aus der Bürgerschaft – auch von Kindern und Jugendlichen – zur Zukunft der Ruine, zum Beispiel mit Hilfe von Workshops.

Die Teilnehmer der Veranstaltung nutzten die Gelegenheit, sich nach der Vorstellung der Entwürfe bei den Studierenden-Gruppen über Einzelheiten zu informieren.

Über das große Interesse der Bevölkerung an den Arbeiten waren nicht nur die Studierenden sichtlich erfreut, sondern auch deren Betreuer, Prof. Constanze Petrow von der Hochschule Geisenheim University und Dr. Meinrad von Engelberg von der TU Darmstadt.

„Wir hoffen, dass der Impuls, der von dieser Veranstaltung ausgeht, weiter wirkt und das Interesse an den Entwürfen anhält.“

Dafür spricht vieles, wie erste Reaktionen zeigen. Andreas Tilly, als Erbbauberechtigter ist er der Eigentümer der Ruine, lobte die Vielfalt der Ideen. „Die Studierenden waren sehr kreativ, es gibt in jedem Entwurf Sachen, die mich faszinieren.“

Ganz ähnlich urteilte Dr. Markus Harzenetter, der Präsident des Landesamts für Denkmalpflege Hessen: „In jedem Projekt gibt es spannende Ansätze. Wir sind heute einen entscheidenden Schritt weiter.“ Die Studierenden hätten ihre Entwürfe mit viel Herzblut erarbeitet, es lohne sich, in den zuständigen Gremien über sie zu sprechen.

Das werde nun passieren, kündigte Bürgermeister Kehrer mit Blick auf den Ortsbeirat, die Stadtverordnetenversammlung und die Perspektivgruppe Freienstein an. „Alle Studierenden haben eine tolle Arbeit gemacht.“ Die Pläne sollen in Oberzent der Öffentlichkeit so bald wie möglich für die weitere Diskussion zugänglich gemacht werden.

Auch der Vorsitzende der Perspektivgruppe, der Kreisbeigeordnete Dr. Michael Reuter, ist mehr als zufrieden: „Das, was wir wollten, nämlich eine Diskussion anzuregen, ist durch diese spannenden Entwürfe erreicht worden.“ Es gebe nun eine große Chance, die Burgruine aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. „Wann dann, wenn nicht jetzt!“