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Fast wie auf der BĂŒhne

Mark Adler wird Pfarrer, absolviert aktuell sein sein Vikariat in der Evangelischen Kirchengemeinde Georgenhausen-Zeilhard. Foto: Silke Rummel

Mark Adler war OpernsÀnger, jetzt wird er Pfarrer: Mit Anfang 50 in die praktische Ausbildung

ODENWALD / ZEILHARD. - Mark Adler war OpernsĂ€nger, jetzt wird er Pfarrer. Am 1. September 2019 hat der 51-JĂ€hrige sein Vikariat, also die praktische Ausbildung fĂŒr den Pfarrdienst in der Evangelischen Kirchengemeinde Georgenhausen-Zeilhard im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald begonnen.

Wir begleiten ihn ĂŒber die Dauer seiner Ausbildung. Teil 2: Der erste Gottesdienst.

Das Rittergeschlecht der Rodensteiner soll den Kirchenbau samt Kirchhof gestiftet, dem Schutz des Heiligen Sankt Georg unterstellt und somit spĂ€ter auch dem Dorf, das zur sĂŒdhessischen Kleinstadt Reinheim gehört, seinen Namen gegeben haben.

Die Georgskirche in Georgenhausen wurde Ende des 18. Jahrhunderts von den Freiherren von Haxthausen erbaut. „Klein, aber fein“ findet Mark Adler das Kirchlein, in dem er am ersten Advent seinen ersten Gottesdienst alleine gestaltet hat. Davor war er schon an einigen Gottesdiensten beteiligt.

Die Vorbereitung sei anspruchsvoll gewesen, sagt Mark Adler. Ein bisschen nervös sei er gewesen, vor allem wegen der Predigt. „Da gibt man schon eine Menge Herzblut rein.“ Aber Angst vor einem Publikum zu sprechen? Nein.

„Ich bin es gewohnt, auf einer BĂŒhne zu stehen und vor einem Publikum etwas zu sagen oder zu singen“, sagt Mark Adler. Bei der Predigt habe er versucht, sich in die persönliche Ansprache hineinzufinden. „Ich habe mich wohlgefĂŒhlt, ich war aber auch gut vorbereitet.“

Auf der Suche nach mehr Sinn im Leben

Aufgewachsen in Berlin studierte Mark Adler nach dem Abitur Gesang und arbeitete jahrzehntelang als lyrischer Tenor an verschiedenen BĂŒhnen.

Mit dem festen Engagement am DarmstĂ€dter Staatstheater zog er mit Frau und Kindern 2005 nach SĂŒdhessen. Seit fĂŒnf Jahren leben Adlers in Eberstadt. Die Jungs sind inzwischen 20 und 18, die Tochter zehn Jahre alt.

In den vergangenen neun Jahren arbeitete Mark Adler freiberuflich als OpernsÀnger, er war deutschlandweit und auch im Ausland unterwegs.

Mit Ende 40 entschied er sich, seinem Leben eine neue Wendung und mehr Sinn zu geben und begann in Heidelberg den berufsbegleitenden Masterstudiengang Theologie. Er wollte das umsetzen, was er sich nach dem Abitur nicht zugetraut hatte. Seine Familie unterstĂŒtzte ihn dabei.

Erster Gottesdienst in geliehenem Talar

Vom Theater weiß Mark Adler, dass ein KostĂŒm den Menschen verĂ€ndert und eine bestimmte Wirkung hat. Ähnlich ging es ihm auch mit dem Talar. Er habe sich staunend im Spiegel angesehen.

„FĂŒr mich ist es eine Hilfe, ein schönes GefĂŒhl“, sagt Mark Adler. FĂŒr seine Frau sei es zunĂ€chst komisch gewesen, ihn im Talar zu sehen.

Vor dem ersten Gottesdienst war sein Talar zwar schon lĂ€nger in der Schneiderei bestellt, aber nicht rechtzeitig ausgeliefert worden. Ein GlĂŒck, dass Lehrpfarrer Joachim KĂŒhnle in etwa die gleiche Statur hat, auch wenn der Talar insgesamt etwas zu kurz war.

Mit Beginn seines Vikariats hat sich Mark Adlers Lebens- und Arbeitsrhythmus komplett verĂ€ndert. Hatte er frĂŒher einen festen Termin, an dem er eine Partitur einstudiert haben musste, so plant er nun frĂŒhzeitig, um die Predigt oder den Unterricht in der Grundschule vorzubereiten.

„Es ist eine ganz andere Art zu arbeiten.“ Auf der BĂŒhne war er Interpret. Eine Predigt findet er viel komplexer – er mĂŒsse sich in die Menschen hineinversetzen, Interpretationsmöglichkeiten recherchieren, sich Gedanken ĂŒber die Wirkung seiner Worte machen, BezĂŒge zum Heute herstellen.

„Ein Pfarrer ist mehr wie ein Regisseur oder Komponist.“ Hilfreich seien da auch die Diskussionen mit Lehrpfarrerin Claudia KĂŒhnle.

Religionsunterricht ist eine wichtige Aufgabe

Inzwischen hat er schon mehrerer Gottesdienste gestaltet, darunter zwei an Weihnachten – um 17 Uhr an Heiligabend, zur „Prime Time“ sozusagen, und am zweiten Weihnachtstag.

Dieser Gottesdienst war eine Premiere, da Mark Adler seine beiden Rollen miteinander verknĂŒpfte: mit einer Liedpredigt. Er sang „FĂŒhr mich, Kind, nach Bethlehem“ von Hugo Wolf und gestaltete seine Predigt dazu. „Es hat ganz gut funktioniert“, sagt der Vikar. „Gottesdienste liegen mir.“

In den ersten Wochen seines Vikariats war Mark Adler vor allem im Predigerseminar in Herborn und in der Grundschule. Dass ihm die Arbeit dort so sehr gefĂ€llt, hat ihn selbst ĂŒberrascht. „Ich bin super gerne in der Grundschule und es macht mir Riesenspaß“, sagt der 51-JĂ€hrige.

Die Kinder seien aufgeschlossen und Ă€ußerten sofort ihre eigenen Gedanken – zum Beispiel zu einem Bibelvers. „Es ist eine wunderbare Aufgabe – und sehr wichtig“, sagt Mark Adler. „Wir zeigen damit: Es ist uns als Kirche wichtig, dass wir Kinder begleiten.“

Bis Februar unterrichtet er in der Grundschule in Darmstadt-Eberstadt, danach wechselt er an die Grundschule in Georgenhausen-Zeilhard, wo er nach und nach den Religionsunterricht von Pfarrer Joachim KĂŒhnle mit ĂŒbernehmen wird.

In den Konfirmandenunterricht ist er auch schon mit eingestiegen. Als nÀchstes kommen nun Seelsorge und die Kasualien, also die Gottesdienste, die anlÀsslich wichtiger Stationen im Leben von Menschen gefeiert werden: Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung.

Die GeorgenhĂ€user und Zeilharder seien sehr wohlwollend, sagt der Vikar. „Ich fĂŒhle mich schon aufgenommen hier in der Gemeinde.“

HINTERGRUND

Ein Quereinstieg in den Pfarrberuf ist auch per Fern- oder Teilzeitstudium möglich. Die Philipps-UniversitĂ€t Marburg war Vorreiterin in der Theologie-Ausbildung fĂŒr Quereinsteiger: Seit 2007 gibt es dort den dreijĂ€hrigen berufsbegleitenden Masterstudiengang Evangelische Theologie.

NÀchstmöglicher Einstieg ist im April 2022 (Bewerbungsschluss 31.10.2021). Die zweite Möglichkeit, an einer staatlichen Hochschule berufsbegleitend Theologie zu studieren, gibt es seit dem Wintersemester 2013/14 als PrÀsenzstudium an der UniversitÀt Heidelberg.

Genau wie in Marburg richtet sich der Studiengang an Menschen mit Berufserfahrung und abgeschlossenem Hochschulstudium. Anders als in Marburg können Quereinsteiger in Heidelberg zu jedem Semester beginnen und zwischen Teilzeit und Vollzeit wÀhlen.

In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) sind mittlerweile 20 Absolventinnen und Absolventen des Masterstudiengangs in Vikariat oder im Pfarrdienst angekommen. Weitere Informationen: Rebecca MĂŒller, Telefon 06151/405-378, E-Mail: rebecca.mueller(at)ekhn.de.