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Eine Million für Kegeln und Karneval?

Scan eines analogen Fotos etwa 1962. Archivfoto: Stadtarchiv Michelstadt

Michelstädter SPD und Bündnis 90/Die Grünen kritisieren: „ÜWG, CDU und FDP bringen Sanierung der Odenwaldhalle ohne Nutzungskonzept auf den Weg“

MICHELSTADT. - „Die neu sanierte Odenwaldhalle soll ein Bürgerhaus für alle Michelstädter werden. Somit soll das bisherige Nutzungskonzept bestehen bleiben.“

So lautet der Kernsatz des gemeinsamen Antrags von ÃœWG, CDU und FDP in Michelstadt zur Sanierung der Odenwaldhalle, dem diese drei Parteien in der Stadtverordnetenversammlung am 2. Februar 2023 in Rehbach zur Mehrheit verhalfen.

Welches bisherige Nutzungskonzept? Diese Frage stellen sich nicht nur die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Auch alteingesessene Michelstädter Politikerinnen und Politiker wissen nichts von einem solchen Konzept.

Lutz Hasenzahl (FDP) gehöre zu ihnen. Er habe sinngemäß etwas pragmatischer argumentiert, „wenn die Halle erst mal saniert sei, würden sich die Nutzer wieder einfinden“, wird er in einer gemeinsamen Presseerklärung von Michelstadts SPD und GRÜNEN zitiert.

Rückgriff auf alten FDP-Vorschlag

Im Grunde greife der Antrag von ÜWG, CDU und FDP einen alten FDP-Vorschlag auf: eine Bestandssanierung unter Erhalt der bisherigen Gebäudestruktur. „Richtig, das hätte man vor 10 Jahren schon machen sollen, damals hätten wahrscheinlich noch 5 Millionen Euro ausgereicht. Jetzt ist es dafür ein bisschen zu spät“, konstatieren SPD und GRÜNE.

>Normale< Zeitabläufe vorausgesetzt, „hätte Michelstadt im Jahre 2030 eine Halle wieder tauglich gemacht, die für die Bedürfnisse der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts konzipiert war.

Wie soll man das den Bürger*innen erklären? Weil früher alles besser war? Es scheint so, dass die Antragssteller keine klaren Perspektiven für die Zukunft haben. Da beschwört man schon mal die Vergangenheit und will u.a. >Kegelbahnen und Schießbahnen< ertüchtigen.“

Tageszeitung: Mit dem Kegeln geht es bergab

Zufällig, aber durchaus passend, habe eine Tageszeitung zwei Tage nach der Stadtverordnetenversammlung berichtet: „Nicht nur mit der Zahl der Kegelbahnen geht es in Deutschland bergab…“ - Wie gut, dass Michelstadt jetzt dagegen hält! – „… der Sport hat darüber hinaus auch mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen.

Der DKB hatte zu Beginn des vergangenen Jahres etwa 62.300 Mitglieder, darunter rund 10.000 Bowlerinnen und Bowler. Gegenüber 2021 sei die Mitgliederzahl um neun Prozent gesunken – und damit noch einmal deutlich stärker als in den Jahren zuvor mit einem durchschnittlichen Rückgang von fünf Prozent.

Dass der Verband Mitglieder verliert, liegt den Angaben zufolge vor allem an der Altersstruktur. Jedes fünfte Mitglied ist 65 Jahre oder älter.“ Vergleichbare Informationen über >Schießbahnen< hätten sich trotz intensiver Recherchen nicht finden lassen.

Mindestens 12 Millionen Sanierungskosten

„Knappe 12 Millionen soll die Sanierung nach dem bislang favorisierten Architektenentwurf >V01< kosten, der den städtischen Gremien seit 2021 vorliegt. Preissteigerungen nach aktuellem Index eingerechnet werden das schnell 15, Baufachmenschen reden bereits von 18 Millionen.

Das heißt: Bei derzeit darstellbaren Kreditzinsen von 3% und 2% Tilgung kommen etwa 750.000 bis 900.000 Euro p.a. an Finanzierungskosten auf die Stadt Michelstadt zu – und das mindestens 30 Jahre lang. Plus Betriebskosten werden das schnell rund 1 Million Euro pro Jahr.

Bei so viel Geld braucht es eine klare Vorstellung darüber, womit die Halle denn mit Leben erfüllt werden soll, also klare Vorstellungen sowohl über die Nutzergruppen und als auch über die Intensität der Nutzung.

Ein pulsierendes Begegnungszentrum für alle Bürgerinnen und Bürger tagsüber, Vereinsnutzungen und Veranstaltungen am Abend – wie es sich SPD und Grüne vorstellen? Oder hin und wieder ein großes Event und zwischendurch ist nix los?

Bloß: Wo nix los ist, lassen sich in der nahen Umgebung gerne Nutzer blicken, die nicht nur die Parteien, die das so wollen, gerne wieder loswerden möchten.“

Keine Fördergelder ohne innovative Nutzungskonzepte

Klar sei: „Fördergelder gibt es nur, wenn es klar definierte Nutzungsziele gibt. Genau die sind im rot-grünen Antrag formuliert. Für diese Nutzungsziele stehen eine Menge >Töpfe< zu Verfügung, von denen auch Michelstadt profitieren könnte:

Förderung national bedeutender Kultureinrichtungen: bis zu 20 Millionen Euro;

Denkmalschutz: etwa 50 Millionen Euro;

Klimakommunen: etwa 0,5 Millionen Euro;

Medienzentren: etwa 125 Millionen;

Soziale Stadt/Soziale Integration: Fördergelder und Querförderungen in zweistelliger Millionenhöhe.

SPD und Grüne gehen davon aus, dass damit bis zu 50 Prozent der Gesamtkosten durch Fördergelder gedeckt werden könnten. „ÜWG, CDU und FDP lassen sich zur Mitfinanzierung durch Fördergelder konkret nicht weiter ein. In ihrem Antrag heißt es lediglich: >Der Magistrat ist angehalten, Fördermöglichkeiten zu akquirieren<.“

Wie geht es weiter?

„Fakt ist: Der Antrag von ÜWG, CDU und FDP ist mit den Stimmen dieser drei Parteien im Michelstädter Stadtparlament mehrheitlich beschlossen worden. Jetzt wird zunächst ein Architekturbüro beauftragt, auf dieser Grundlage eine Vorplanung mit Kostenschätzung zu erstellen. Danach geht die Debatte in die nächste Runde.

Die Fraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Michelstadt werden weiterhin ihre Vorstellung von einer >neuen< Odenwaldhalle einbringen:

Die neue Odenwaldhalle wird zu einem lebendigen Bürgerhaus, das vielfältige und zeitgemäße Nutzungen mit dem Erhalt seines bauhistorischen Charakters und Barrierefreiheit verbindet.

Dort werden attraktive Kulturveranstaltungen stattfinden, Vereine ebenso ihren Platz haben wie Menschen aller Lebensalter – von Kindern und Jugendlichen über Schülerinnen, Schüler und Studierenden bis hin zu Seniorinnen und Senioren. Denn sie soll Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft und mit unterschiedlicher Herkunft zusammenbringen.

Die neue Odenwaldhalle wird als klimaneutrale Stadthalle zu einem Aushängeschild Michelstadts mit großer Anziehungskraft. Hier werden sich neu und alt zu einem harmonischen und nachhaltigen Ganzen verbinden, welches in der städtebaulichen Struktur des Quartiers sowie in der gesamten Stadt eine neue Mitte bildet und weit darüber hinaus in die Region strahlt.“