Als die Meinung noch einer Anordnung gleichkam
Altes Rothenberger Dorfbuch gehört zum Archivbestand des PfarramtsROTHENBERG. - Wenn der Herr – in diesem Fall Hanns IX. vom Hirschhorn zum Hirschhorn – damals „meine Meinung“ sagte, dann war das nichts anderes als eine Anordnung.
Solcherart „Meinung“ der Herren von Hirschhorn findet sich häufig im Rothenberger Dorfbuch, welches im Archiv des evangelischen Pfarrhauses neben anderen Chroniken und Kirchenbüchern aufbewahrt wird.
Wie aber dieses besondere Stück dahin gelangt, wo es als weltliches Buch eigentlich gar nicht hingehört, erklärt Thomas Wilke, der sich des Buches nun angenommen hat, so: „Vermutlich hielt man es für sicherer, solch ein Dokument im Pfarrhaus aufzubewahren statt in den Privathaushalten wechselnder Bürgermeister.“
So etwas wie ein Rathaus gab es nämlich über Jahrhunderte nicht. Wilke ist pensionierter Schulleiter und vielfältig in seiner Heimatgemeinde engagiert sowie lokalgeschichtlich und heimatkundlich interessiert – Historiker hingegen ist er von Haus aus nicht, sondern hat einst Physik und Sozialkunde studiert.
„In die alte Schrift musste ich mich tatsächlich erst einlesen“, erzählt er. Aber in der Regel ist die alte Handschrift hier sauber und klar.
Auf der ersten von weit über 500 Seiten wird der Zweck des Buches erklärt: „Dorfs Buch zu Rottenberg – zukünftiger Gedechtniß und Sachen einzuschreiben“; die eigenwillige Schreibweise des Ortsnamens wird auch im folgenden beibehalten, wie überhaupt die Rechtschreibung und Handschrift nebenbei ebenfalls die alte Zeit dokumentieren.
Unter den „Sachen“ und „Meinungen“, die da notiert sind, finden sich „Gebotte“ ebenso wie „Verbotte“ und allerlei weitere „Weistümer“, also Anweisungen, wie man heute sagen würde. Konkret zum Beispiel: eine Mark-Beschreibung (Grenzordnung) oder die Protokolle von Huldigungseiden, bei denen die Bevölkerung auf den jeweiligen Landesherrn eingeschworen wurde.
Auch eine Waldordnung ist niedergeschrieben – mit dem expliziten Hinweis, erstens den Herrn über jeglichen Holzverkauf in Kenntnis zu setzen und ihm Anteile abzuführen und zweitens den Erlös nicht zu vertrinken.
Ein Wildgarnwagen, also die Jagdausrüstung nebst Hundehaus, war laut Dorfbuch von den Rothenbergern ebenso zu unterhalten wie auch der Waffenbesitz klar geregelt wird; dazu gehört im Rahmen der „Gemeynordttnung“ die Ermahnung, Waffen und Harnische sauber zu halten. Und: „Es wird festgelegt, wer mit Waffen in die Wirtschaft gehen darf“, erzählt Thomas Wilke.
Sinn und Zweck dieses Buches, dessen Führung die Herren von Hirschhorn 1584 verordneten, war die schriftliche Fixierung, „damit man im Zweifelsfall drauf verweisen kann“, so Wilke, der es einem Bürgerlichen Gesetzbuch der damaligen Zeit für Rothenberg vergleicht.
Zur „Herrschaft Rottenberg“ gehörten übrigens neben dem heutigen Ort auch Finkenbach, Ober-Hainbrunn und erstaunlicherweise Moosbrunn nahe Hirschhorn, aber auf der anderen Neckarseite.
Wichtig ist übrigens zu wissen, dass es sich bei dem vorliegenden Exemplar um eine Abschrift von einer Abschrift handelt, wie der frühere Rothenberger Lehrer und Ortskundler Hansulrich Schüppel schon vor längerer Zeit herausgefunden hat.
Vermutlich stammt das Buch aus der Mitte des 18. Jahrhunderts – es beginnt allerdings im ausgehenden 16. Jahrhundert und reicht bis Anfang des 19. Jahrhunderts – was die Vermutung nahelegt, dass die Abschrift dann eben fortgeschrieben wurde.
Mittendrin finden sich auch immer wieder weiße Seiten, die wohl für Ergänzungen freigehalten worden sind. Später änderte sich mehrfach die Obrigkeit, das Buch hingegen wurde kontinuierlich weitergeführt.
Thomas Wilke, der derzeit bereits an einer Computer-Abschrift arbeitet, hat das komplette Buch zunächst einmal – mit der gebotenen Vorsicht etwa wegen der Bindung – eingescannt und möchte es gerne als Reprint im A4-Format veröffentlichen.
Er würde sich freuen, wenn sich noch mehr Menschen dafür interessieren oder gar so begeistern wie er selbst. Derzeit ist mit etwa 80 Euro pro Buch zu rechnen, das könne aber durchaus noch etwas günstiger werden – wenn sich mehr Abnehmer finden.
Wer Interesse an dem Rothenberger Dorfbuch hat, kann mit Pfarrer Reinhold Hoffmann Kontakt aufnehmen: kirchengemeinde.rothenberg(at)ekhn.de, Telefon 06275 284.