Wenn alles zu viel wird

Christel Heck vom Dekanatsdiakonieausschuss brachte die Gedanken und Sorgen einer Pflegekraft zur Sprache. Rechts Pfarrer Reinhold Hoffmann. Foto: Bernhard Bergmann
MICHELSTADT. - „Prüft alles und behaltet das Gute!“, fordert die aktuelle Jahreslosung auf. „Was aber, wenn alles zu viel wird?“, so lautete die daran anschließende Frage, die nun beim Dekanatsdiakoniegottesdienst in der Michelstäter Stadtkirche im Mittelpunkt stand.
Mitglieder des Diakonieausschusses schlüpften in Rollen, etwa als Pflegekraft, Erzieherin, Sozialarbeiterin und Bürofachkraft.
Sie brachten das Gefühl der Überforderung, des Zuviel zur Sprache: die Ansprüche anderer, die eigene Zeit, Emotionen, manchmal aber auch fehlende Motivation, die Unzufriedenheit der Mitmenschen – irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr weitergeht; die Kraft ist aus. Schluss.
Dekanatsdiakoniepfarrer Reinhold Hoffmann, der den Gottesdienst zusammen mit den Ausschussmitgliedern vorbereitet hatte, erinnerte in seiner Predigt an die biblischen Schwestern Maria und Martha.
Während Martha rührt und schafft, nimmt ihre Schwester sich Zeit, um Jesus zuzuhören. „Eines tut not“, sagt Jesus hierzu. In diesem Fall ist es das Hören auf Gottes Wort. Es könne aber, so Hoffmann, auch bedeuten, sich zu konzentrieren beziehungsweise Tätigkeiten zu reduzieren.
Und darauf zu vertrauen, dass das, was außerdem noch getan werden muss, andere tun. Es müsse nicht jeder alles machen, sondern Aufgaben sollte man sinnvoll aufteilen, sodass jede und jeder mit dem zugemessenen Maß zurechtkommt.
Hoffmann: „Wir sind viele, jeder tut das seine. Übernehmt Euch nicht. Sagt Jesus.“ – Musikalisch gestaltete die Dekanatsband den Gottesdienst.
Daran an schloss sich der gemeinsame Jahresempfang des Evangelischen Dekanats Odenwald und des Regionalen Diakonischen Werks. Hier gab es Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich über kirchlich-diakonische Angebote zu informieren.
Dazu halfen sogenannte Thementische mit Informationen etwa zu Beratungsangeboten, zur Notfallseelsorge, zu evangelischen Kitas oder auch zum neuen Bürgerbus in Reichelsheim.
Bärbel Simon, die Leiterin des Regionalen Diakonischen Werks, begrüßte die Gäste, unter anderem aus Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Politik – sowie diejenigen, die kommen, um Hilfe und Rat zu erbitten.
Dekan Carsten Stein äußerte sich in einer Stellungnahme zu der derzeit in Odenwälder Kommunen geführten Diskussion um das Bündnis „Odenwald gegen Rechts“. Einige der Kommunen betonen, sich neutral verhalten zu müssen und daher dem Bündnis künftig nicht mehr angehören zu können oder zu wollen.
Auch das Dekanat Odenwald ist Partner des Bündnisses. „Wenn es um das Eintreten für essentielle Werte unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens geht – dann, so behaupte ich, ist es gar nicht möglich, ‚neutral‘ zu sein“, so Stein.
Demokratie, Menschenfreundlichkeit, Respekt und Gerechtigkeit benannte der Dekan als „Errungenschaften unserer Gesellschaft“, zu denen es keine neutrale Haltung geben dürfe. Deswegen brauche es Menschen, die für solche Werte eintreten.
Evangelisches Dekanat und Regionale Diakonie im Odenwald seien nicht parteipolitisch positioniert, betonte Stein. „Aber wir ergreifen Position für Respekt, Menschenfreundlichkeit, Nächstenliebe, Barmherzigkeit.“ Dies werde man auch weiterhin deutlich machen: „in Worten und in Taten“.