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„Brauchen urbane Zentren und Hochschulstandorte im lĂ€ndlichen Raum“

Setzt sich fĂŒr die Zukunft lĂ€ndlicher RĂ€ume ein: Landrat Frank Matiaske. Foto: Kreisverwaltung Odenwaldkreis

Landrat wirbt bei IHK-Immobiliendialog fĂŒr StĂ€rkung lĂ€ndlich geprĂ€gter Regionen

DARMSTADT / ODENWALDKREIS. - Landrat Frank Matiaske hat die Bundes- und Landespolitik aufgefordert, der „in jĂŒngerer Zeit wieder gestiegenen Aufmerksamkeit fĂŒr den lĂ€ndlichen Raum“ mehr Taten folgen zu lassen.

„Dass lĂ€ndlich geprĂ€gte Gebiete wieder mehr in den Fokus der Politik gerĂŒckt sind, ist zu begrĂŒĂŸen, allerdings muss noch viel getan werden, um sie auch tatsĂ€chlich weiterzuentwickeln“, sagte Matiaske am Donnerstagabend, 11. April, beim Immobiliendialog der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt.

Matiaske sprach sich vor rund 80 Zuhörern in der IHK-Zentrale unter anderem fĂŒr eine gezielte Förderung von KleinstĂ€dten aus, um sie zu „attraktiven, urbanen Zentren“ im lĂ€ndlichen Raum machen zu können.

Er sei froh ĂŒber die Diskussion, die es mittlerweile in Hessen ĂŒber die Rolle „Zentraler Orte“ gebe. Aufgabe mĂŒsse sein, die wichtige Funktion jener StĂ€dte fĂŒr die sie umgebende Kleinregion zu stĂ€rken.

Das helfe, einem teils massiv drohenden Leerstand zu begegnen. Außerdem setzte sich Matiaske fĂŒr die AusgrĂŒndung von Hochschulstandorten in lĂ€ndliche Gebiete ein. Beispielhaft sei das Vorgehen des Landes Baden-WĂŒrttemberg, das Mosbach im Neckar-Odenwald-Kreis zu einem Standort der Dualen Hochschule Baden-WĂŒrttemberg gemacht habe.

„Dort studieren 3.600 junge Leute“, hob er hervor. Mit AusgrĂŒndungen wie diesen könne auch Hessen lĂ€ndliche Regionen stĂ€rken und die Wohnungsnot von Studenten in GroßstĂ€dten lindern.

Überdies mĂŒsse viel mehr als bisher fĂŒr eine sehr gute Breitband- und Mobilfunkabdeckung lĂ€ndlicher RĂ€ume getan werden, fĂŒgte Matiaske hinzu. Die Digitalisierung sei in fast allen Lebensbereichen von großer Bedeutung, etwa im Gesundheitswesen, das fĂŒr Bewohner lĂ€ndlicher RĂ€ume genauso gut sein mĂŒsse wie dasjenige in den Ballungszentren.

Dabei spiele auch die Tele-Medizin eine wichtige Rolle. Zwar sei die Breitbandversorgung im Odenwaldkreis dank des frĂŒhzeitigen Engagements der Kreispolitik schon sehr gut. „Aber in der Mobilfunkabdeckung hinken wir den Ballungszentren gnadenlos hinterher.“

Dabei seien Investitionen in den Mobilfunk gerade auf dem Land entscheidend: „Noch ehe die ersten autonom fahrenden Autos in StĂ€dten wie Darmstadt unterwegs sind, werden die Felder bei uns mit entsprechenden Traktoren bestellt werden.

Diese mĂ€hen, pflĂŒgen oder sĂ€en nicht nur, sondern analysieren ĂŒber digitale Prozesse auch die Boden- und PflanzenqualitĂ€t und fĂŒhren die passenden Maßnahmen durch.“

„Der lĂ€ndliche Raum ist aber mehr als Landwirtschaft oder Tourismus“, fĂŒgte der Landrat hinzu und verwies auf zahlreiche namhafte Firmen, die ihren Sitz im Odenwaldkreis haben, zum Beispiel Pirelli, Koziol, Rexroth-Bosch, Rowenta, Freudenberg und Röchling.

„Der Kreis ist ein wichtiger und wertvoller Industriestandort“, so Matiaske. FĂŒr die weitere Vermarktung von Gewerbe- und IndustrieflĂ€chen habe die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main bereits ein geeignetes Instrumentarium, die Frankfurt Rhein-Main GmbH.

Allerdings sei die Region hier noch „viel zu kleinteilig aufgestellt“, kritisierte Matiaske. „Wir mĂŒssen mehr als bisher ĂŒber LĂ€ndergrenzen hinweg denken. Uns fehlen dort – wie an vielen anderen Stellen – Visionen.“

Auf die Förderung lĂ€ndlicher RĂ€ume durch die EuropĂ€ische Union angesprochen, forderte Matiaske eine Neuordnung. „Es gibt derzeit viele Programme mit jeweils relativ geringem Volumen. Besser wĂ€ren weniger Programme mit mehr Volumen.“

Wie der Landrat schilderte, arbeitet der Odenwaldkreis derzeit an einem Konzept, wie die StÀdte und Gemeinden mittels einer beim Kreis angesiedelten Fördermittelberatung die Programme besser ausschöpfen können.

Matiaske warb generell fĂŒr einen neue Perspektive fĂŒr die regionalpolitischen Debatten. „Wir sollten weg von der Metropol-Diskussion hin zur ‚Regiopole‘.“

Das Nachdenken und Reden ĂŒber die Metropolregion verharre zu sehr in der DualitĂ€t von Metropole und Umland, monierte der Landrat. „Wir mĂŒssen aber viel mehr als bisher auf Augenhöhe miteinander sprechen, uns also als ,Regiopole‘ aufstellen. Wer Stadt sagt, muss Dorf denken.“