Im Millionenbereich defizitärer Erbacher Haushalt 2024 mehrheitlich beschlossen
Stadtparlament behält absolute Hoheit über Besetzung neuer und bisher festgelegter, aber noch nicht besetzte Stellen in der StadtverwaltungERBACH. - Der Haushalt 2024 der Odenwälder Kreisstadt Erbach ist beschlossen. Für das von Bürgermeister Dr. Peter Traub Anfang März vorgelegte erneut im Millionenbereich defizitäre Zahlenwerk stimmten am Donnerstag, 18. April, mit den Fraktion von SPD und GRÜNEN (zwei Enthaltungen) auch zwei CDU-Vertreter (zusammen 14 Befürworter), während ÜWG (eine Pro-Stimme), FDP, die Fraktion für Stadtentwicklung und zwei CDU-Vertreter den Haushalt ablehnten (7 Ablehnungen, 2 Enthaltungen).
Im Ergebnishaushalt liegt der Etat somit bei Einnahmen von 41,193 Millionen Euro und Ausgaben von 42,528 Mio. Euro. Im Saldo ergibt das einen Fehlbedarf von 1,335 Mio. Euro.
Zahlungsmittelbedarf von 2,217 Mio. Euro durch Rücklagen ausgeglichen
Im Finanzhaushalt ergibt sich ein Zahlungsmittelbedarf von 2,217 Mio. Euro. Der Finanzhaushalt ist dennoch ausgeglichen weil zum 31.12.2023 die Stadt Erbach über eine freie, nutzbare Liquidität von rund 4,2 Mio. Euro verfügte (siehe dazu FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttns).
Zuvor hatten die Befürworter des Haushaltsplans auf SPD-Antrag für diverse Änderungen im Planentwurf des Magistrats, mit 15 gegen 12 Stimmen votiert.
Nur Kitas betreffende Stellen sind ausgenommen von der Sperre
Diese beinhalteten Sperrvermerke für die Besetzung neuer, im Stellenplan des Haushalts ausgewiesener, sowie in vorherigen Etats beschlossene, aber bisher nicht besetzte Stellen in der Verwaltung. Ausgenommen von dieser Sperre sind lediglich die Kitas betreffende Positionen.
Auch die Umbesetzung einer für das Ordnungsamt im Stellenplan verankerten Position zur Finanzabteilung ist Teil dieses Änderungsbeschlusses.
Auch 80.000 € für Bolzplatz und 40.000 € für Abgasanlagen mit Sperren versehen
Darüber hinaus wurde einem Antrag des Sozialausschusses einmütig stattgegeben, eine im Haushalt vorgesehene und mit 80.000 Euto veranschlagte Maßnahme für einen Bolzplatz am Kinderspielplatz in der Heinrich-Heine-Straße ebenfalls mit einem Sperrvermerk zu versehen, weil deren Gesamtkosten (diese sind auf einen Betrag im mittleren sechsstelligen Bereich geschätzt) noch nicht endgültig ermittelt sind.
Auch wollte die SPD-Fraktion die im Haushalt für die beiden Feuerwehrhäuser in Günterfürst und Haisterbach jeweils eingestellten 20.000 Euro Investitionskosten für zwei Abgasabsauganlagen aus dem investiven Haushaltsbereich herausnehmen und mit einer Übergangslösung dem Problem der Abgasentsorgung aus der Fahrzeughalle entgegentreten.
Hier verständigte man sich schlussendlich darauf, den Haushaltsansatz bei je 20.000 Euro zu belassen, versah diesen Ansatz allerdings ebenfalls mehrheitlich bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen (Fraktion für Stadtentwicklung) mit einem Sperrvermerk.
Bedarf für Feuerwehrhaus in Erbach-West soll angemeldet werden
Ebenfalls mehrheitlich bei zwei Gegenstimmen votierte das Stadtparlament für einen weiteren SPD-Antrag, der die Bedarfsanmeldung für ein weiteres Feuerwehrhaus in Erbach-West (Günterfürst – Haisterbach) auf der Prioritätenliste des Kreises betraf.
Diesem Vorhaben trat Peter Traub entschieden entgegen. Er empfehle nicht, zwei Feuerwehrhäuser gleichzeitig anzugehen. Das würde den Haushalt mittelfristig überlasten, sagte der Rathauschef. Auch habe man im Stadtbauamt keinerlei personelle Resourcen, um zwei solche Projekte parallel zu stemmen. „Das ist schlichtweg nicht leistbar“, sagte Traub.
„Zumindest eine Absichtserklärung für das Vorhaben muss man abgeben“
Dazu sagte Bernd Pfau (SPD), neben dem Bedarf für das neue Gemeinschafts-Domizil der Wehren aus Ebersberg und Schönnen müsse unbedingt auch der Bedarf für den Neubau in Erbach-West angemeldet werden, denn nur so habe man eine Chance im Idealfall zeitnah Zuschüsse zu erhalten.
Auch Parlamentsvorsteher Duarte pflichtete dieser Auffassung bei: „Es stört uns, dass bis einschließlich 2027 für ein neues Feuerwehrhaus in Erbach-West keine Haushaltsmittel vorgesehen sind. Zumindest eine Absichtserklärung für dieses Vorhaben muss man abgeben.“
Planungen für beide Häuser sollen identisch gestaltet werden
Der Bürgermeister relativierte daraufhin seine Contraposition und befand es als „selbstverständlich, dass zwei Häuser erforderlich sind“, einzig die zeitgleiche Abwicklung beider Projekte „würde uns in die Bredouille bringen“, deshalb sei es besser das Ganze zeitversetzt anzuschieben.
Hier gelangten die Parlamentarier dann zu einem nahezu einvernehmlichen (bei zwei Gegenstimmen) Konsens, den Bedarf beim Kreis anzumelden, um zeitnah Fördermittel von Land und Bund zu generieren, und will gegebenenfalls die Planungen für beide Häuser identisch gestalten, um Kosten und Zeit zu sparen.
„Mit Sperrvermerken entzieht man dem Verwaltungschef sein Organisationsrecht“
Gegen die Sperrvermerke im Stellenplan opponierten sowohl Bürgermeister Traub als auch der ÜWG-Fraktionschef Michael Gänssle heftig und warben für „eine freie Entscheidungsfreiheit“ des Verwaltungschefs samt Magistrat.
Der Rathauschef bedauerte, „dass damit dem Magistrat das Entscheidungsrecht zur Stellenbesetzung entzogen werden solle“ und man „dem Verwaltungschef sein Organisationsrecht entzieht“.
„Wir wollen Verantwortung übernehmen“
Diesem Vortrag hielten die Befürworter der Stellensperre entgegen, die in den zurückliegenden Jahren von 6 auf 10 Millionen gestiegenen jährlichen Personalkosten dürften künftig nicht weiter in dieser Größenordnung steigen. „Wir wollen dafür Verantwortung übernehmen“, sagte CDU-Vertreter Dominik Weyrauch.
Für die SPD erklärte deren Fraktionschef Gernot Schwinn, der Antrag bleibe bestehen und begründete dies kurz und knapp mit dem Budgetrecht des Parlaments.
„Explodierende Personalkosten eindämmen“
Parlamentsvorsteher Antonio Duarte gab den Vorsitz ab und plädierte ebenso dafür „explodierende Personalkosten einzudämmen“. Das habe man bereits von 2007 bis 2018 so erfolgreich praktiziert. „Wo ist das Problem?“, fragte er, denn das habe bestens funktioniert.
Michael Gänssle stimmte zu - „ja, das haben wir so gemacht“ -, vertrat jedoch die Auffassung damit zu sehr in die Belange des Magistrats eingegriffen zu haben. „Stellenbesetzungen sind sinnvollerweise Aufgabe des Magistrats“, befand er.
Für die ÜWG-Fraktion signalisierte Gänssle, die Ablehnung des 2024-er Haushalts durch seine Fraktion richte sich nicht gegen den Haushalt insgesamt, lediglich die beschlossenen Sperrvermerke im Stellenplan wolle man nicht mittragen.