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Wie ein MittelstÀndler aus Oberzent sich international behauptet

Firmenrundgang: Landrat Frank Matiaske (rechts) interessiert sich fĂŒr die vielfĂ€ltige Produktion bei Bechtold & Sohn in Oberzent-Beerfelden. Hier hĂ€lt er eine Wunddrainageflasche in den HĂ€nden. GeschĂ€ftsfĂŒhrer AndrĂ© Bechtold (links) erlĂ€utert ihm und BĂŒrgermeister Christian Kehrer die Herstellung dieses Fabrikats. Foto: Stefan Toepfer/Kreisverwaltung

Landrat Matiaske und BĂŒrgermeister Kehrer besuchen Bechtold & Sohn + + + FachkrĂ€ftegewinnung wichtiges Thema

BEERFELDEN. - Wer auf der iberischen Halbinsel oder irgendwo in China fĂŒr eine Operation ins Krankenhaus muss, dem hilft mit ziemlicher Sicherheit auch ein OdenwĂ€lder Produkt: eine Wunddrainageflasche aus dem Unternehmen Bechtold & Sohn.

Die Flaschen bilden – je nach Kundenwunsch in verschiedenen Formen und GrĂ¶ĂŸen – das Hauptprodukt der Firma in Oberzent-Beerfelden, die aber zum Beispiel auch in großem Stil Seifenspender fĂŒr AutobahnraststĂ€tten und Dosen fĂŒr verschiedene Materialien von Chemie-Unternehmen herstellt.

Ein Montagnachmittag im Juli. Landrat Frank Matiaske und BĂŒrgermeister Christian Kehrer nehmen sich gut zwei Stunden Zeit, um die Firma im GesprĂ€ch mit Inhaber Wolfgang Bechtold und seinem Sohn, GeschĂ€ftsfĂŒhrer AndrĂ© Bechtold, noch besser kennenzulernen und ĂŒber aktuelle Herausforderungen zu sprechen:

Gibt es genug FachkrÀfte? Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg? Wie wuppt das Unternehmen höhere Energiepreise? Wie ist die Nachfrage nach den Produkten?

Am Ende des GesprĂ€chs und eines Rundgangs durch die Produktionshalle ist Matiaske in seiner Überzeugung bestĂ€rkt, „dass der Odenwaldkreis mit Bechtold & Sohn ein starkes, gesundes Unternehmen hat“, das sich im Wettbewerb sehr gut behaupte.

„Wir können stolz darauf sein, Firmen wie diese bei uns zu haben. Sie stĂ€rken den Wirtschaftsstandort und prĂ€gen ihn, gerade in unserer starken Kunststoff- und Kautschukbranche.“

Ganz Ă€hnlich sagt es auch BĂŒrgermeister Kehrer, mit dem der Landrat vor dem gemeinsamen Firmenbesuch ĂŒber die allgemeine Situation in Oberzent gesprochen hatte. Matiaske fĂŒhrt diese GesprĂ€che derzeit in allen Kommunen, immer verbunden mit einem Unternehmensbesuch.

„Ich habe ein großes Interesse am Austausch mit der BĂŒrgermeisterin und den BĂŒrgermeistern ĂŒber spezielle Herausforderungen vor Ort sowie mit unseren Unternehmerinnen und Unternehmern, denn vitale Firmen sind fĂŒr einen vitalen Odenwaldkreis unerlĂ€sslich, so wie Bechtold & Sohn.“

FĂŒr BĂŒrgermeister Kehrer ist das 1885 in Beerfelden gegrĂŒndete Unternehmen seit jeher „eine wichtige SĂ€ule unserer Stadt, denn es bietet verlĂ€sslich ArbeitsplĂ€tze.“ Besonders dankt Kehrer Wolfgang und AndrĂ© Bechtold fĂŒr ihren engen Kontakt zur Oberzent-Schule in Beerfelden.

„FĂŒr uns ist das GesprĂ€ch mit jungen Leuten dort oder am Beruflichen Schulzentrum Odenwaldkreis in Michelstadt enorm wichtig, um auch kĂŒnftig FachkrĂ€fte zu gewinnen“, schildert Wolfgang Bechtold.

„Wir tun jedenfalls etwas dafĂŒr, anstatt zu jammern – auch wenn es immer mehr junge Menschen zu einem Studium statt zu einer Ausbildung zieht“, wie AndrĂ© Bechtold betont. „Eltern sollten ihren Kindern verstĂ€rkt den Wert einer guten Ausbildung vermitteln.“

Die FachkrĂ€ftegewinnung nimmt einen breiten Raum bei dem Unternehmensbesuch ein – aber auch schon zuvor in dem Vier-Augen-GesprĂ€ch von Landrat und BĂŒrgermeister. Es ist eines der zentralen Themen fĂŒr eine gute Zukunft aller OdenwĂ€lder Firmen und damit des gesamten Kreises.

Auch die öffentliche Verwaltung muss sich mehr als bisher um FachkrĂ€ftesicherung kĂŒmmern. Dazu wollen die zwölf StĂ€dte und Gemeinden und der Kreis kĂŒnftig enger zusammenarbeiten; auch darĂŒber haben Matiaske und Kehrer gesprochen.

Doch zurĂŒck zu Bechtold & Sohn. Mit der Entwicklung von Umsatz und Gewinn sind Wolfgang und AndrĂ© Bechtold zufrieden – trotz enormer Herausforderungen wie etwa gestiegenen Energiepreisen. „Insgesamt aber sind die Folgen des Ukraine-Kriegs fĂŒr uns nicht allzu drastisch“, so Wolfgang Bechtold.

Deutliche Kritik ĂŒbt er daran, „dass Banken gerade kleineren und mittleren Unternehmen der Kunststoff-Branche vermehrt den Kredithahn zudrehen.“ Eine neue Maschine könne schnell bis zu 500.000 Euro kosten.

Bei Bechtold & Sohn wird rund um die Uhr produziert. Allein mehr als 23 Millionen Wunddrainagen-Flaschen hat das Werk in Oberzent-Beerfelden zusammen mit der Niederlassung im tschechischen Kralovice im Jahr 2022 hergestellt und an seine Kunden geliefert, zum Beispiel an das bekannte Medizintechnik-Unternehmen B. Braun in Melsungen.

„Wir liefern diese Flaschen an viele Unternehmen in Deutschland, die auch nach China exportieren, oder direkt an den MarktfĂŒhrer fĂŒr Spanien, Portugal und Nordafrika sowie an Kunden in Osteuropa“, schildert GeschĂ€ftsfĂŒhrer AndrĂ© Bechtold. „Der Auslandsmarkt fĂŒr diese Produkte wĂ€chst, und man legt dort Wert auf ,made in Germany‘.“

Rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in dem Unternehmen tÀtig, 85 in Beerfeden, 65 in Kralovice. Begonnen hatte die Firma als holzverarbeitender Betrieb, was Mitte des 20. Jahrhunderts eingestellt wurde.

Seither liegt der Fokus auf der Verarbeitung von Kunststoffen. Mit AndrĂ© Bechtold wird das Unternehmen schon in fĂŒnfter Generation gefĂŒhrt.

„Wenn ein Familienunternehmen auf eine solch lange Geschichte zurĂŒckblicken und sich aktuell im internationalen Wettbewerb erfolgreich positionieren kann, dann haben die Firmenlenker bis heute vieles, wenn nicht gar alles richtiggemacht“, urteilt Landrat Matiaske nach dem Betriebsrundgang.

Wolfgang Bechtold bedankt sich fĂŒr dieses Lob: „Das freut uns sehr. Aber wir können uns darauf nicht ausruhen. Wir mĂŒssen dranbleiben, bei allen unseren Kunden, auf allen unseren MĂ€rkten. Denn nichts kommt von selbst.“