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Gräfin Louise Charlotte Polyxene zu Erbach-Erbach zurück im Schloss

Bildnis Gräfin Charlotte um 1820.

Bildnis wahrsch. Carl StrauĂź.

Bildnis wahrsch. Marianne StrauĂź, Ehefrau des Kammerherrn, zugeschrieben Wendelin Moosbrugger.

Bildnis wahrsch. Tochter StrauĂź, zugeschrieben Wendelin Moosbrugger.

Album der Charlotte Strauß. Fotos: © SG, Anja Kalinowski

Förderverein der Gräflichen Sammlungen Schloss Erbach übergibt Kunstankauf an Hessische Schlösserverwaltung

ERBACH. - Die Freunde und Förderer der Gräflichen Sammlungen e. V. haben den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen (SG) ein Konvolut, bestehend aus vier Porträts, einem Album und einigen Briefen, übergeben, das sie im vergangenen und in diesem Jahr aus Privatbesitz angekauft haben.

SG-Direktorin, Kirsten Worms, nahm die Schenkung am Donnerstag, 27. Juni, von dem Vorsitzenden des Vereins, Karl-Heinz Bless, entgegen.

Erbacher Gräfin kehrt ins Schloss zurück

Eines der vier Bilder zeigt Gräfin Louise Charlotte Polyxene zu Erbach-Erbach (1755–1844), geborene zu Wartenberg und verwitwete Gräfin zu Erbach-Fürstenau, zweite Frau von Graf Franz I. zu Erbach-Erbach (1754–1823).

Es ist in seinem Erscheinungsbild angelehnt an ein Gemälde der Gräfin in ganzer Gestalt, welches sich im Schlafzimmer der Beletage von Schloss Erbach befindet.

Obwohl es unsigniert ist, lassen diese Ähnlichkeit, Stil und Qualität der Malerei den Schluss zu, dass es sich um ein Werk des königlich württembergischen Porträt-Hofmalers Malers Wendelin Moosbruggers (1760–1849) handelt, dem im Schloss Erbach insgesamt fünf weitere Bilder zugewiesen werden können - darunter ein Porträt von Graf Franz I., das als Pendant zu seiner Gattin konzipiert ist.

Die drei weiteren Porträts zeigen einen Herren, eine Frau und ein Mädchen.

Der Familienüberlieferung des Verkäufers zufolge, der ungenannt bleiben möchte, sollen hier ein Kammerherr des Grafen zu Erbach und seine Familie dargestellt sein.

SchriftstĂĽcke geben Hinweise auf Abgebildete

In diesem FrĂĽhjahr tauchten aus derselben privaten Quelle ein Album und einige Briefe einer Charlotte StrauĂź auf.

Das, hauptsächlich aus Abschriften literarischer Werke bestehende Album, gibt den Verweis auf eine Verbindung zum Grafenhaus:

Die Kopie eines Geburtstagsbriefes an Gräfin Charlotte, der ursprünglich von Carl Strauß, vermutlich dem Ehemann der Albumbesitzerin, verfasst wurde.

Mit diesen Informationen kann davon ausgegangen werden, dass das Porträt des Mannes den Kammerherrn des Grafen, Carl Strauß, zeigt und das weibliche Porträt seine Frau, Charlotte Strauß.

Die junge Dame kann ihre gemeinsame, bisher namenlose, Tochter sein. Bereicherung fĂĽr sozialgeschichtliche Forschung

Vor diesem Hintergrund bieten die angekauften Stücke die Aussicht, den Fokus der Erbacher Forschung auf ein bisher wenig beachtetes Thema zu richten: den einstigen Hofstaat, die Höflinge und Bediensteten sowie die damit verbundenen sozialen Aspekte des Lebens im Schloss

„Im Namen der Hessischen Schlösserverwaltung danke ich den Freunden und Förderern der Gräflichen Sammlungen e. V. Sehr herzlich für die Schenkung ihres Ankaufs“, sagte Kirsten Worms, Direktorin der SG, bei der Übergabe des Konvoluts.

„Die Bilder und Schriftstücke erweitern nicht nur unsere Sammlungen, sondern tragen auch wesentlich zum Verständnis der Geschichte des Erbacher Grafenhauses und seines Hofstaates sowie der Struktur des Schlossbetriebs bei. Wir dürfen gespannt sein, welche Erkenntnisse sich bei genauerer Betrachtung und Erforschung ergeben.“

Erbacher Antiktag war Auslöser des Ankaufs

Der ehemalige Besitzer brachte im Herbst 2022 eines der vier Porträts zum Antiktag ins Schloss Erbach, um es von den Experten des Auktionshauses Dr. Fischer aus Heilbronn schätzen zu lassen.

Da er die Vermutung äußerte, dass das Bild mit dem Erbacher Grafenhaus in Verbindung stehen könnten, begutachtete Dr. Anja Kalinowski, Wissenschaftliche Leiterin der Gräflichen Sammlungen, die Gemälde und erkannte die Ähnlichkeit mit dem im Schloss befindlichen Porträt der Gräfin Charlotte zu Erbach-Erbach.

Die Freunde und Förderer der Gräflichen Sammlungen Schloss Erbach e. V. erwarben infolge vier Gemälde mitsamt den später hinzugekommenen Archivalien für einen Betrag von 2.000 Euro.

„Die Schenkung heute können wir als wirkliches Happy-End dieser spannenden Geschichte betrachten“, sagt Vereinsvorsitzender Karl-Heinz Bless.

„Wir freuen uns, dass unser Ankauf bei der Hessischen Schlösserverwaltung und besonders Frau Dr. Kalinowski in den besten Händen ist und laden Besucher herzlich ein, den Porträtierten im Schloss einen Besuch abzustatten.“ „Momente, wie die Entdeckung des Zusammenhangs zwischen dem angebotenem Bild mit den Werken Wendelin

Moosbruggers im Schloss, sind schon sehr besonders“, so Dr. Anja Kalinowski. „Vermutlich gelangten die Gemälde als Zeichen der Wertschätzung in den Besitz der dargestellten Familienmitglieder.

Jetzt haben sie wieder zurück ins Schloss gefunden. Wir werden die Porträts im Schlafzimmer der Gräfin zeigen, wo wir sie sehr gut in unsere Führungen durch die Gräflichen Sammlungen integrieren können.“

Wendelin Moosbrugger erhielt seine künstlerische Ausbildung an der Akademie des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz (1724–1799) in Mannheim. 1810 ernannte ihn der Württembergische König Friedrich I. (1755–1844) zum Hofmaler.

Hier dürfte auch die Verbindung zwischen dem Erbacher Hof und dem Maler zu suchen sein: Friedrich I. von Württemberg war ein Jugendfreund von Graf Franz I. Begegnungen der beiden sind bis ins hohe Alter belegt, darunter Jagden in württembergischen Gebieten. Auf diesem Wege könnte die Vermittlung des Malers nach Erbach erfolgt sein.